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Bal (live auf dem Mannheimer Brückenaward, 2017) © Leonard Kötters

Der Mannheimer Brückenaward ist inzwischen weit mehr als nur ein Geheimtipp für Musikliebhaber. Auch 2017 bietet das kostenlose Event tolle Bands, leckeres Essen und eine einmalige Atmosphäre unter der Eisenbahnbrücke im Jungbusch.

Wo die Eröffnungsbands vieler Festivals oft darunter leiden, vor kaum Publikum zu spielen, könnte es für die Jungs von Urban Colors kaum besser anfangen: Obwohl sie den Freitag beim 8. Mannheimer Brückenaward früher als geplant eröffnen, da Messed. ihren für Samstag angekündigten Auftritt einen Tag vorverlegen müssen, werden sie bereits von einer ganz ansehnlichen Zahl Besucher begrüßt.

Dem Unwetter trotzen

Urban Colors nutzen die Chance, die sich ihnen bietet: Ihr beschwingter Folk-Rock reißt die Zuschauer aus ihrer frühwochenendlichen Lethargie und treibt sie vor die Bühne, um mit der Band zu tanzen, zu wippen und zu feiern. Die junge Band ist vom Zuspruch beflügelt und lässt sich auch von einer jähen Wetterpause nicht aus der Ruhe bringen.

Die Ausläufer eines heftigen Unwetters streifen nämlich das Brückenaward-Gelände und sorgen für eine halbstündige Unterbrechung. Starke Winde fegen über den Platz, beherzte Helfer halten Zelte und Planen fest und sichern das, was wegzufliegen droht. Als der Spuk vorbei ist, machen Urban Colors weiter, als sei nichts gewesen und ernten dafür großen Applaus.

Kollektivspaß

Idiophon sorgen dann für eine gute Ladung Post-Punk, der sich aber beim Publikum aus nicht leicht zu benennenden Gründen wenig verfängt. Besser ergeht es den Frühstartern Messed., deren Noise-Rock/Post-Punk-Hybrid über jede Menge roher Energie verfügt und das ein oder andere Bein zum aggressiven Tanzen anregt.

Inzwischen ist der Platz unter der Eisenbahnbrücke dicht gefüllt und dem Musiker-Kollektiv Kosmonovski gelingt es beinahe, das Publikum mit ihrem ebenso eingängigen wie prägnanten Indie-Rock mitzureißen.

Sänger und Gitarrist Holger Denninger, der eigentlich Schlagzeuger ist (das schreibt man auch nicht alle Tage) verfügt über jede Menge Bühnenpräsenz und eine ausdrucksstarke Stimme. Immer mehr Besucher strömen zur Bühne und der Grund ist klar: Kosmonovski geben einfach ein überzeugendes Gesamtbild ab: wütend, aber nie abstoßend, melodiös, aber nie belanglos, charismatisch, aber nie anbiedernd.

Lecker Schokolade

Der erste Festivaltag beim Brückenaward 2017 endet mit einem Auftritt der Lokalmatadoren The Schogettes. Die mehrheitlich weibliche Band versprüht jede Menge Monnemer Soul und unternimmt es damit, die Zuschauer zum Tanzen zu bringen.

Darüber hinaus punktet die Band mit starken Stimmen, die eine gar nicht so unlogische Brücke in das Detroit der 1960er schlagen. Motown-Soul ist das Stichwort und da die Besucher Lust bekommen haben, zum Abschluss noch einmal richtig mitzugehen, erweist sich der Auftritt als Volltreffer.

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Verglichen mit der spontanen Programmänderung und den kleinen Wetter-Unruhen des Vortages nimmt sich der zweite Tag des Brückenawards um einiges ereignisärmer – im bestmöglichen Sinne – aus. Das Publikum findet sich bei bestem Wetter langsam unter der Brücke ein. Da Messed. ja bereits am ersten Tag gespielt haben, ist das Billing heute ein wenig entzerrt, man lässt sich Zeit und trinkt lieber noch ein Bier oder zwei, bevor es denn los geht.

FRANKA zeigen allerdings schon mit ihrem All-Caps-Namen, dass sie eher wenig gemächlich sind. Ohne große Pausen, nur unterbrochen durch gelegentliche, eigenwillige Ansagen, rocken sie sich durch ein tightes, energiegeladenes Set – so tight, dass man ihnen fast nicht glauben kann, dass dies erst ihr erster Auftritt ist.

Ruhe und Sturm

Bal lassen es im Kontrast dazu ein bisschen ruhiger angehen. Mit mehrstimmigen Vokal-Harmonien und gerade zu Beginn eher zurückgenommener, teils akustischer Instrumentierung passt die Band perfekt in den leicht schwülen Sommerabend. Mit einem unerwarteten Riders on the Storm-Cover leiten Bal dann in einen etwas schwungvolleren, zweiten Teil des Sets ein und beenden ihn mit krachenden Gitarren.

Krach und Gitarren, das ist auch das Stichwort von Nuage & das Bassorchester. Mit Anfangs kurzen, punkigen, lauten Songs, die immer wieder durch Spuren wunderschönen Feedbacks unterbrochen werden, sorgen sie für einige Bewegung im Publikum, um dann gegen Ende in angenehm dröhnende, kraftvolle Repetition zu verfallen. 

Mayerei

Mit GringoMayer, die sich selbst scherzhaft (oder auch todernst) als Ludwigshafenerana bezeichnen, steht dann auch schon die letzte Band auf der inzwischen wunderschön beleuchteten Bühne. Der Americana-Teil des Namens zeigt sich im melancholischen Touch der Musik, während der Ludwigshafener-Teil mutmaßlich die eigenwilligen deutschen Texte zu verantworten hat. 

In jedem Fall handelt es sich hier um den perfekten Abschluss eines wunderschönen Wochenendes. Der leicht wehmütige Klang ist ein angemessener Soundtrack, um den achten Mannheimer Brückenaward langsam ausklingen zu lassen, die Picknickdecke einzupacken und sich zu fragen, wo man denn nun hin soll – die nächste Ausgabe wird immerhin ein ganzes Jahr auf sich warten lassen.

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