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DeJohnette - Coltrane - Garrison (Live in Ludwigshafen 2016) © Rudi Brand

DeJohnette - Coltrane - Garrison. Hinter diesem Dreiklang verbergen sich nicht nur zentrale Namen des Jazz, sondern auch ein lebendiges, experimentierfreudiges Trio, das die Zuschauer im ausverkauften Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen bei Enjoy Jazz 2016 mitreißt.

Coltrane und Garrison – diese Namen erwecken bei jedem Jazzfan Assoziationen an das klassische Quartett von John Coltrane, in dem Bassist Jimmy Garrison eine wichtige Rolle spielte. Coltrane und Garrison sind vor vielen Jahren verstorben, aber ihre Familiennamen werden im Jazz weitergetragen von ihren Söhnen Ravi und Matthew.

Gemeinsam treten sie im Trio mit Schlagzeug-Legende Jack DeJohnette bei Enjoy Jazz auf. Dieser ist auch im Alter von 74 Jahren aufgeschlossen und immer noch auf der Suche nach neuen musikalischen Erfahrungen.

Keine Nostalgie

Ihr gemeinsames Konzert im ausverkauften Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen beginnt mit einer langen kollektiven Improvisation mit dem Titel "Atmosphere". Es ist ein ungewöhnlicher, fordernder Beginn, denn das Stück ist sparsam, sehr abstrakt, enthält viele Freiräume und auch ein wenig Leerlauf.

Allerdings machen DeJohnette, Coltrane und Garrison dadurch sogleich klar, dass es in ihrer Musik nicht darum geht, einen nostalgischen Blick auf die Vergangenheit zu werfen, sondern modernen Jazz mit all seinen Möglichkeiten zu spielen. Darauf deuten beispielsweise die E-Drums hin, die DeJohnettes Drumkit ergänzen. Bei Keith Jarrett sollte er sich damit vielleicht nicht blicken lassen.

Ähnlich und eigenständig

Jack DeJohnette beginnt das Konzert am Klavier und wechselt erst später zum Schlagzeug – ein Zeichen, keine Ausdrucksmöglichkeit ungenutzt zu lassen. Bassist Jimmy Garrison imitiert nicht seinen Vater, sondern hat mit Hilfe von Effektgeräten einen ganz eigenen wabernden Klang entwickelt, der an eine Weiterentwicklung des Fusion-Jazz der 1970er denken lässt.

Im Gegensatz zu Garrison spielt Ravi Coltrane in der ersten Hälfte des Konzerts vornehmlich Tenor-Saxophon – und erinnert klanglich sehr an seinen berühmten Vater. Wenn er hingegen Sopran-Saxophon spielt, ist sein Klang völlig anders und ganz eigenständig. Das geschieht unabhängig davon, ob die Band gerade Kompositionen von John Coltrane spielt, die zweimal im Set vertreten sind. 

Steigerung an Intensität

Das Publikum benötigt aufgrund des sperrigen Beginns ein wenig Zeit, um sich in die Musik einzufinden. Dazu kommt, dass die ersten drei Stücke "Atmosphere", "In Movement" und die John Coltrane-Komposition "The Wise One" nur im Rückblick als unterschiedliche Stücke erkenntlich sind.

Nachdem zum ersten Mal Applaus aufbrandet, nimmt das Konzert an Fahrt und vor allem Intensität auf. Dazu trägt eine weitere Komposition von John Coltrane (war es "Cousin Mary"?) ebenso bei wie ein sehr schönes Duo zwischen Coltrane und DeJohnette am Klavier.

Tradition und Moderne

Nach einem verhaltenen Beginn wirbelt Jack DeJohnette im zweiten Teil des Konzerts mit herrlich zu beobachtender Leidenschaft über das Schlagzeug und reißt das Publikum zu großer Begeisterung mit. Aber auch der Gesamtklang des Trios mit seiner Kombination aus Tradition und Moderne ist überaus hörenswert.

Mehr noch: der anspruchsvolle Beginn gewinnt im Rückblick an Stimmigkeit. Als der Auftritt nach eineinhalb Stunden mit einer wilden Interpretation von Charlie Parkers "Segment" zu Ende geht, ist allen Zuschauern klar, dass sie Zeuge eines besonderen Konzerts geworden sind.

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