© Griot GmbH

Nicht nur die Wiedervereinigung Deutschlands feiert dieses Jahr ihr 25-jähriges Jubiläum, sondern auch die Befreiung Nelson Mandelas aus der politischen Gefangenschaft. Auch in der Musik des Südafrikaners Hugh Masekela spielt der friedliche Widerstand gegen die Apartheid eine extrem wichtige Rolle. Das Eröffnungskonzert des Enjoy Jazz Festivals 2015 in der Heidelberger Stadthalle steht daher im Zeichen einer wichtigen Botschaft: der grenzenlosen Freiheit.

"Ursprünglich bin ich ein Heidelberger." scherzt Hugh Masekla in einer seiner Ansagen. Als kleiner Junge soll der charismatische Trompeter beim Spielen an der Neckarwiese während eines Sturms in den Neckar gerissen worden sein.

Über das Mittelmeer und den Atlantischen Ozean wurde er schließlich an der südafrikanischen Küste angeschwemmt. Klingt wie ein Märchen? Ist es auch.

Von Louis Armstrong bis Paul Simon

Seine wahre Biografie steht dem aber in nichts nach: Aufgewachsen in einem Township in Witbank, machte Hugh Masekela sein musikalisches Können zur Profession und mauserte sich zum angesehenen Künstler.

Louis Armstrong schenkte dem jungen Mann vor mehr als sechzig Jahren seine Trompete, was sicherlich die Initialzündung für eine Karriere war, die ihn unter anderem auf eine Bühne zusammen mit Paul Simon auf dessen "Graceland"-Tour brachte. Und das nicht ohne Grund.

Gelenkiger Tänzer

Die Zuhörer des Eröffnungskonzerts von Enjoy Jazz 2015 in der Stadthalle Heidelberg sehen einen energetischen 76-Jährigen, der körperlich wie ein Mittvierziger wirkt. Während seiner Songs geht er tanzend langsam in die Hocke, wobei er mit seinen Armen kreisende Bewegungen vollführt. In Anbetracht seines Alters ist das Hochleistungssport. Die wenigen älteren Personen im Publikum bittet er dagegen, sich tänzerisch nicht zu überanzustrengen. "Wir haben leider keinen Arzt hier im Haus."

Politik als Herzensangelegenheit

Er scheint ebenso nichts von seinen instrumentalen und gesanglichen Fertigkeiten eingebüßt zu haben. Das Konzert bietet einen ständigen Wechsel von ausgedehnten Trompeten-Soli und längeren Gesangspassagen, die Masekela aus voller Brust singt. Oder besser gesagt: aus ganzem Herzen.

Denn die Stücke, die die traditionelle Zulu-Musik Afrikas mit Jazz-Harmonien verbinden, beinhalten auch stets eine politische Botschaft. Dem Charismatiker ist die Leidenschaft, mit der er die Geschichten vom Streben nach Freiheit vorträgt, in jeder Silbe anzumerken. Dementsprechend begeistert ist das Publikum.

Ansporn zum Umdenken

Natürlich sind auch seine Ansagen zwischen den Stücken von Politik durchdrungen. So spricht er, während er sich den Schweiß aus den Augen zwinkert, sehr langsam aber bestimmt: "Zu Beginn der Menschheit gab es keine Grenzen. Dann beanspruchten wir durch Grenzziehung bestimmte Territorien für uns."

Davon hält der 76-Jährige zu Recht herzlich wenig: "Ihr, die ihr denkt, dass ihr Deutsche seid, muss ich enttäuschen. Ursprünglich kommt ihr alle nicht aus Deutschland." Gerade in der aktuellen Zeit, in der wir aufgrund der zunehmenden Flüchtlingsströme vor großen Herausforderungen stehen, geht eine solche Denkweise zu Herzen und regt zum Umdenken an.

Die Mission geht weiter

Jede Bewegung, jede gespielte oder gesungene Note Masekelas wirkt nahezu hypnotisch und absolut euphorisierend. Daher merkt man erst nach einiger Zeit, dass man vom ständigen Lächeln einen Muskelkrampf in den Mundwinkeln bekommt. Besonders dann, wenn Sänger und Gitarrist synchron mit einem breiten Grinsen eine Tanzperformance darlegen oder wenn Masekela die fabelhaften Bandmusiker scheinbar dirigiert, wobei er sehr beherzt Kuhglocke spielt.

"Wir werden eure lachenden Gesichter überall mitnehmen, wo auch immer wir hingehen," säuselt der junggebliebene Musiker, bevor der Konzertabend mit "Bring Him Back Home" ein Ende findet. Das 1987 geschriebene Stück avancierte nach der Freilassung Mandelas zur Hymne. Die Botschaft von Freiheit und Gleichheit findet beim Publikum vollen Anklang: Selbst als die Lichter angehen, klatschen viele weiter. Und Masekela setzt seine Konzertreise fort. Auf dass sein Traum vielleicht irgendwann in Erfüllung geht.

Alles zum Thema:

enjoy jazz