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Motörhead (live in Hamburg, 2014) © Philipp Karadensky

Bei ihrem Auftritt in Hamburg geben Motörhead Vollgas. Trotz allen Engagements ist Lemmys angegriffene Gesundheit offensichtlich. Die Fans feiern dennoch, als gäbe es kein Morgen - vielleicht ahnen sie, dass eine Ära langsam zu Ende geht.

Lange war man sich nicht sicher, ob Lemmy Killmister es wieder nach Deutschland schafft. Bei Wacken im Sommer nach seiner Herz-OP noch merklich schwach auf der Brust scheint sich der legendäre Altrocker im Alter von 68 Jahren erholt zu haben.

Bevor Motörhead die Bühne betreten, fegen The Damned mit einer punkigen Support-Show über die Bühne. Hier ist von abgefahrenen Outfits über Stilmixe alles im großen Chaos, das die Band dann doch irgendwie bändigt. Die beachtliche Fanschar macht sich bemerkbar und feiert enthusiastisch mit den Alt-Punkern aus UK.

Gaspedal, durchgetreten

Dann läutet Lemmy mit folgenden Worten den Auftritt des Hauptacts ein. "You're alright? We are Motörhead – and we play some fuckin Rock’n’Roll!“ Mit dem ersten Beat von "Shoot You In The Back" tritt das Trio das Gaspedal durch und belässt es für den Rest des Abends in dieser Stellung. Bei Songs wie "Damage Case", "Stay Clean" und "Metropolis" brennt die Halle.

Die Fans feiern mit "Lemmy" und "Motörhead"-Chören ihr Idol, das sich hin und wieder in kurzen Erfrischungspausen erholt und spürbar Kraft tankt. Am Mikrofonständer steht eine Flasche Wasser, kein Jacky-Cola. Phil Campbell an der Gitarre und Mikkey Dee an den Drums schließen die entstehenden Pausen mit starken Soli. Dieses Trio ist ein eingespieltes Team, seit 1995 touren Motörhead in dieser Besetzung.

Infernalisches Trio

Trotz Kultgottheit Lemmy erhält jeder seinen Moment zum Glänzen. Besonders die starken Soli von Phil prägen den Motörhead-Sound mächtig. Mr. Kilmisters wunderschöner Rickenbacker-Bass knarzt abartig, während man Mikkeys Gesicht aufgrund seiner wehenden Mähne und fliegenden Sticks kaum sieht.

Nur die Technik kann nicht so ganz mit der Stimmung in der ausverkauften Alsterdorfer Sporthalle mithalten. Immer wieder pfeift es lautstark durch den Saal, so dass der Tonmann ein von Lemmy hingenuscheltes "Why the fuck is that happening?" abbekommt.

Niemand denkt ans Aufhören

Es folgen Songs quer aus der mittlerweile 22 Platten umfassenden Banddiskografie: "Over The Top", "The Chase Is Better Than The Catch", "Rock It" und "Suicide". Trotz ohrenbetäubender, beinharter Rockmusik mit viel röhrender Beißstimme wirft Lemmys Anblick die Frage auf, wie es wirklich um seine Gesundheit bestellt ist.

Im patchbestickten Jeansjackenpublikum mit Altersdurchschnitt um die 40 aber fliegen die Haare, weiter vorn toben sich die wilden Kerle im Moshpit aus. Heute Abend denkt niemand ans Aufhören oder Altwerden.

Rock'n'Roll ohne Spektakel

Es ist sicherlich der schwindenden Kraft des Rockhelden geschuldet, dass Motörhead bereits nach sechzig Minuten ihren größten Hit "Ace Of Spades" spielen. Jetzt sind dann auch ganz hinten die Arme oben, die Meute grölt, die Bierbecher fliegen und die Security zieht in der ersten Reihe Fans in Scharen aus der Masse.

Das obligatorische "Overkill" als Zugabe lässt sich die Band aber nicht nehmen. Mit vorgetäuschten Finals und wilden Soliwechseln zwischen Gitarre und Drums zelebrieren sie ihren Rock’n‘Roll. Motörhead benötigen keine Show mit viel Spektakel, es reichen drei Charaktere auf die Bühne, die Weichspülmusik gnadenlos niederknüppeln – auch nach fast vierzig Jahren Bandgeschichte.

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