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Joe Bonamassa (live in Mannheim, 2014) © Achim Casper

Wenn der Hauptact sich selbst zur Vorgruppe macht und ein Konzert in zwei Hälften teilt, können fantastische Dinge entstehen. Joe Bonamassa spielt zwei energiegeladene Shows, die gleichzeitig unterschiedlich und doch ähnlich sind. Ähnlich genial.

Die ganz wesentliche Frage, was ein Konzert von Joe Bonamassa ausmacht, ist schnell beantwortet: Wie kaum ein anderer Künstler verfügt der Blues-Rocker Joe Bonamassa über eine begnadete Laut-Leise-Dramatik, um seinen Songs Leben einzuhauchen. Das gilt sowohl für den Akustikblock wie für den anschließenden elektrischen Teil. So spielt Joe Bonamassa satte 2 Stunden, 45 Minuten mit 15 Minuten Pause zwischen den zwei Blöcken.

Am Ende ist jeder Song für sich ein eigenes Kunstwerk, was die Stimmung zum Brodeln bringt. Passend zum Rahmen wurden die Oberränge der SAP Arena abgehängt, wodurch die Arena künstlich verkleinert wurde. Dies schafft eine sehr intime Atmosphäre für ein echtes Männerkonzert, denn ausnahmsweise sind die Frauen hier absolut in der Minderheit.    

Der Akustikteil

Zum Auftakt ertönt eine Stimme aus dem Dunkeln und nur mit der Gitarre spielt Joe Bonamassa "Highway To Hell". Als nach dem Song das Spotlight angeht und Joe Bonamassa vorne allein am Bühnenrand sitzt, ertönen zahlreiche Pfiffe der Begeisterung. Als dann seine vier Backgroundmusiker für den Akustikblock dazustoßen, entwickelt sich direkt ein purer Road Movie-Sound.

Bei "Black Lung Heartache" wird die besondere Dramaturgie des Lautstärkewechsels erstmals richtig deutlich. Joe Bonamassa spielt die Gitarre so leise, dass die Einzeltöne kaum hörbar sind, um unvermittelt stimmlich und instrumental wieder voll aufzudrehen. Die dramatische Stimme, das perfekte Timing und der glasklare Sound wirbeln die Emotionen der Zuhörer auf und lassen sie bei jedem Song begeistert mitgehen.

Mit Standing Ovations in die Pause

Nach jedem Song und dem tosenden Applaus folgt ein kurzes "Thank You" von Joe Bonamassa. Während die Band bei einigen Songs die Grundmelodie hält und Joe Bonamassa mit Speedster-Fingern die Gitarrensaiten bearbeitet, treten später auch die Bandmitglieder ins Rampenlicht. So glänzt unter anderem Lenny Castro an den Percussions bei "Dislocated Boy" und erhält noch im Song einen frenetischen Extra-Applaus.

Gegen Ende es Akustikteils begrüßt Bonamassa dann direkt die Zuschauer: "Good Evening Mannheim" und erzählt, dass er und die Band jetzt zwei Tage in Mannheim waren. Nebenbei waren sie alle auch in Heidelberg unterwegs und dort sollen vor allem wegen dem Iren Gerry O'Connor, einem ehemaligen Mitglied der Dubliners, diverse alkoholische Getränke ausgegangen sein. Zum Abschluss spielen die fünf Musiker noch "Athens To Athens" und werden mit ersten Standing Ovations in die Pause verabschiedet.

Das elektrische Set

Um das Publikum direkt anzugehen, startet Joe Bonamassa mit "Dust Bowl" voll durch. Laut, krachend, emotional und elektrisierend präsentiert er richtig harten Blues Rock At His Best. Im gleißenden Licht der Scheinwerfer bewegt sich Joe Bonamassa über die Bühne und zelebriert mit offenem Mund "Oh Beautiful!", während jede Faser seines Körpers sich voll in den Song reinzulegen scheint.

Die diabolische Stimme aus der Dunkelheit bei "Who's Been Talking" leitet eine kleine Serie von Coversongs ein. Neben diesem Howlin' Wolf-Cover spielt er noch "Blues Deluxe" von Jeff Beck. Bei "Love Ain't A Love Song" spielt Joe Bonamassa zuerst ein minutenlanges Gitarrensolo ohne Gesang, bevor er kurz verschwindet und das Feld der schlagenden Abteilung überlässt. Es kommt zum Duell Drums vs. Percussions, bei dem die Zuschauer zum Mitklatschen angetrieben werden und für beide Musiker stehen am Ende diverse Zuschauer für Standing Ovations auf.

Beim letzten Song dieses Blocks "The Ballad Of John Henry" brilliert Keyboarder Derek Sherinian und zeigt den tobenden Fans zum Abschluss seines Solos die Pommesgabel. Joe Bonamassa setzt zum letzten Ritt der langgezogenen Gitarrentöne an, die teilweise an den Gitarrensound Mexikos angelehnt sind, bevor er mit voller Wucht den Bluesrock zur Explosion bringt. Das ganze Publikum springt auf und klatscht frenetisch.

Zugabe ohne Sitzordnung 

Mit Beginn der Zugabe scheint die Sitzplatzordnung aufgehoben. Zahlreiche Zuschauer strömen in die Zwischengänge der Sitzblöcke und bilden mit den stehenden Zuschauern am Platz eine homogene Masse. So entsteht jetzt echte Stehplatzatmosphäre, während auf der Bühne zu den vier Backgroundmusikern des elektrischen Sets auch die übrigen zwei Musiker dazu stoßen, die nur im Akustikblock gespielt haben. Mit dem Instrumentalstück "Django" läutet Joe Bonamassa die Zugabe ein und alles endet mit Mega-Applaus und der totalen Ekstase der Zuschauer mit "Mountain Time".

Am Ende steht fest, dass Joe Bonamassa mit seinem Konzept, ein zweiteiliges Konzert mit einem Akustikblock und anschließend einem Elektroblock zu spielen, ein absoluter Volltreffer gelungen ist. Joe Bonamassa moduliert seine Stimme in beiden Sets gekonnt mit laut und leise, während er seine Gitarre entweder kreisschend aufjaulen lässt oder so leise anstimmt, dass die Fans mucksmäuschenstill werden, um ja keinen Ton zu verpassen. Die permanente Dramaturgie der Musik und die oft unerwarteten Wechsel fesseln die Zuschauer während der ganzen Show.

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