Der gebürtige Amerikaner Cosmo Jarvis begeisterte das Publikum in der Berliner Kantine am Berghain.

Der gebürtige Amerikaner Cosmo Jarvis begeisterte das Publikum in der Berliner Kantine am Berghain.

Cosmo Jarvis kämpft in der Berliner Kantine am Berghain mit herumliegenden Saiteninstrumenten, Kabelfallen und schwerhörigen Sound-Verantwortlichen. Dennoch begeistert der gebürtige Amerikaner mit seinem innovativem Schaffen und schickt die Berliner zufrieden grinsend auf den Heimweg.

Eine gute halbe Stunde lang sorgen Sänger Andi Wisbauer und seine beiden Mitstreiter alias Andi Fins in der spärlich gefüllten Berliner Kantine für melancholische Sofa-Pop-Stimmung. Eher unbemerkt verschwinden die ermüdenden Klänge des Trios in den zahlreichen Ecken des verwinkelten Clubs im Herzen der Hauptstadt. Ein bisschen Anstandsapplaus und zwei seufzende "Jawoll"-Zurufe von der Theke: viel mehr bleibt nicht übrig, als die drei redlich bemühten Musikanten um kurz vor zehn die Sachen packen. Zehn Minuten später entert Cosmo Jarvis die kleine Bühne. Mit seiner dreiköpfigen Backing-Band im Rücken sorgt der Wahl-Brite bereits nach wenigen Sekunden für erste Hüftbewegungen unter den knapp 50 Anwesenden, die mittlerweile, eng zusammengerückt, den Weg zum Bühnenrand gefunden haben.

Erinnerungen an zweitklassige Nachwuchswettbewerbe

Nach knapp anderthalb Stunden nimmt das Publikum vor allem zwei Dinge mit nach Hause: Cosmos leicht verzerrten Dackelblick und die Worte: "I’m so sorry". Gefühlte hundertmal entschuldigt sich der Filmemacher, Sänger, Produzent und Multiinstrumentalist für Geschehnisse, die man sonst nur bei zweitklassigen Nachwuchswettbewerben verfolgen kann. Zum einen erfolgt vor, nach und teilweise auch während nahezu jeden Songs ein offen ausgetragener Disput mit dem zuständigen Monitor-Mixer, der es scheinbar den ganzen Abend über nicht schafft, der Band einen vernünftigen Sound auf die Bühne zu zaubern. Und zum anderen erweist sich das schmale Podest, auf dem die Verantwortlichen ihrer Arbeit nachgehen, mit zunehmender Dauer des Abends als Stolperfalle. Überall liegen Kabel, E-Gitarren, Madolinen und Halbakustische zwischen Mikrofon und Schlagzeug auf dem Boden, sodass der gute Cosmo permanent aufpassen muss, dass seine Füße nicht irgendein kostbares Instrument in seine Einzelteile zertreten. Zudem muss sich der stämmige Sänger nach jedem Song um eine neue Saiten-Grundstimmung kümmern. Irgendwann befindet sich auch der Kapodaster nicht mehr an seinem angestammten Platz, was das ganze Unterfangen nicht gerade leichter macht.

Bleibende Eindrücke

Die Fans nehmen es mit Humor, und auch Cosmo winkt irgendwann ermüdet ab und setzt ein süffiges Grinsen auf. Das ungewollte Pausen-Comedy-Spiel macht der etwas wortkarge Entertainer letztlich mit einer musikalischen Performance wett, die bleibende Eindrücke hinterlässt. Blues, Country, Folk, Rock: Cosmo Jarvis packt mit Songs wie My Day, Train Downtown, Sunshine oder dem fulminanten Gay Pirates jedes Genre bei den Lenden. Dabei grunzt, singt, säuselt, schreit und bellt der Sänger, als gäbe es kein Morgen. Cosmo Jarvis ist ein Alpha-Tier, ein junger Mann mit Aura, der weiß, wie er sein Publikum in Verzückung versetzt. Dafür braucht er nicht viel. Eine kleine Mandoline vor der gestählten Brust, ein Zucken der Oberlippe oder ein wirrer Blick gen Location-Decke. Dazu ein innovatives Songpaket und solistische Fähigkeiten, die jeden Sechssaiter-Freund mit der Zunge schnalzen lassen. Man stelle sich nur vor, der Mixer hätte die Kurve gekriegt und es hätte sich noch jemand finden lassen, der zwischen den Songs die Gitarren stimmt. Nicht auszudenken, was möglich wäre.

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