Angel Bat Dawid (2022)

Angel Bat Dawid (2022) © Laurent Orseau

Bei ihrem Enjoy Jazz-Konzert im Heidelberger Karlstorbahnof demonstriert Angel Bat Dawid ihre unleugbaren Talente als Songwriterin und Musikerin – und verwundert gleichzeitig mit unausgegorenen, ziellosen Improvisationen.

Die Chicagoer Komponistin und Multi-Instrumentalistin Angel Bat Dawid sollte bereits 2021 bei Enjoy Jazz auftreten, musste jedoch aufgrund terminlicher Überschneidungen absagen. Umso größer ist die Freude, dass Dawid 2022 nun tatsächlich im Heidelberger Karlstorbahnhof auftritt.

Der erste Eindruck

Es verwundert nicht, dass der bestuhlte Saal des Karlstorbahnhof an diesem Abend gut gefüllt ist: Obwohl die Musikerin erst ein (umjubeltes) Studioalbum veröffentlicht hat, hat sie sich durch zahllose Live-Videos und namhaften Kollaborationen – live und im Studio – bereits einen Namen erspielt. 

Bei ihrem Solo-Konzert im Karlstorbahnhof wird Angel Bat Dawid diesen Vorschusslorbeeren jedoch (leider) nur zum Teil gerecht. Ihre Konzerteröffnung – Dawid durchschreitet langsam, aus voller Kehle singend, den Konzertsaal, bevor sie die Bühne betritt – und der erste Song, bei dem sie sich auf dem Klavier begleitet, sind äußerst wirkungsvoll; sie zeigen Dawids Stimmgewalt und mühelose instrumentale Virtuosität.

Die Tücken der Technik

Diese Eröffnung macht sofort Lust auf mehr, doch ab diesem Moment zerfasert der Auftritt leider merklich, was nicht zuletzt an Dawids improvisatorischem Ansatz an diesem Abend liegt: Über überlange, eintönige Ableton-Loops spielt die Musikerin Klavier und Keytar sowie (Alt-)Klarinette – doch wirken diese Jams nicht nur aufgrund der monotonen Computer-Begleitung leblos. 

Auch die Aneinanderreihung von Solo-Parts der verschiedenen Instrumente wirkt eher zufällig, zumindest ohne einen erkennbaren Spannungsbogen. Die langen Keytar-Exzesse mit MIDI-Sounds und zahlreichen, leicht schrägen Pitchbends tragen nicht gerade dazu bei, den Jams eine Richtung zu geben, sondern wirken ermüdend und klanglich einförmig.

Zu allem Überfluss klingt der Autotune-Effekt, den Dawid in diesen Parts verwendet, stellenweise nicht nur (ungewollt) verzerrt, sondern auch nicht in tune mit der Begleitung. Gleichsam ist auch der prominente Loop, den die Musikerin in ihrem zweiten Jam verwendet, nicht nur in sich schräg, sondern passt auch nur bedingt zum rhythmischen und harmonischen Fundament des Backing-Tracks.

Durchwachsen

Es ist schwer zu sagen, ob diese schrägen Elemente Absicht sind, oder es sich hier tatsächlich um technische Schwierigkeiten handelt. Gleichzeitig wirkt Dawid in diesen Momenten eher, als probiere sie Ideen in ihrem Heimstudio aus, denn als spiele sie ein Konzert. 

In Anbetracht der hohen Qualität der Songs, die Angel Bat Dawid zwischen ihren Jams spielt (insbesondere "Beethoven was Black"), sind diese langwierigen Passagen in jedem Fall nur schwer nachzuvollziehen – auch, da gerade ihr Klarinettenspiel selbst in diesen Momenten über alle Zweifel erhaben ist.

Alles in allem bleibt Angela Bat Dawid bei ihrem Auftritt im Karlstorbahhof deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück, und bietet trotz gelungener Momente – und trotz ihrer eindrucksvollen, bestimmenden Bühnenpräsenz – eine durchwachsene Performance.  

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