Lloyd Cole
Foto: Joe Shutter

Lloyd Cole Foto: Joe Shutter

Seine größten Erfolge feierte er in den 80er Jahren mit seiner Band The Commotions. Solo und akustisch ist der britische Songwriter jetzt auf Tour, um nebenbei eine Raritätenbox und zwei neue Livealben anzupreisen. Primär tourt er jedoch "for The Sake Of The Song" und trägt seine Lieder und seine großartige Stimme in die Welt hinaus. Nach dem Konzert im Karlsruher Tollhaus gab sich Lloyd Cole selbst aber nur halb mit sich zufrieden – eine Analyse, die sich nicht mit dem Erleben unseres Rezensenten deckt.

{image}Gewöhnlicherweise haben Künstler ein neues Werk im Gepäck, wenn sie auf Europatournee gehen. Im Falle von Lloyd Cole nimmt sich das etwas anders aus: Zuletzt veröffentlichte er 2006 Anti Depressant, ein Album mit neuem Material. Dann kam jedoch Anfang dieses Jahres mit Cleaning out the ashtrays eine Werkschau von Outtakes und Raritäten als 4er CD-Box auf den Markt – woran sein Herz momentan jedoch am meisten zu hängen scheint, das sind zwei ganz neue Veröffentlichungen, die als Folksinger Vol. 1 und 2 wohl eine Reihe begründen sollen. Ihm ist sichtlich wohl in der Haut des Folksingers, der Smalltalk mit dem Publikum bleibt stets angenehm uneinstudiert. Es gibt Referenzen an The Police (Roxanne), Steve Miller (The Joker) und am Ende von Are you ready to be heartbroken gar eine (gelungene!) Tom Waits-Imitation! Nach seinem Gig in Karlsruhe steht er dann höchstselbst am Verkaufsstand, nicht nur um CDs feilzubieten, sondern auch um zu plaudern und seine Werke zu signieren. Offen erzählt er dabei, dass er das Gefühl hatte in der ersten Hälfte des Konzerts noch nicht zu 100% präsent gewesen zu sein, dass er jedoch mit der zweiten Hälfte des Gigs sehr zufrieden sei – eine Analyse, die sich nicht mit dem Erleben des Rezensenten deckt, der zwischen den beiden Teilen des Konzerts kein Qualitätsgefälle ausmachen konnte. 

{image}Das Tollhaus in Karlsruhe war mitnichten ausverkauft. Nur ca. 250 Besucher waren es, die gekommen waren, um Lloyd Cole zu hören. Ein bedauerlicher Umstand, ist doch die Stimme des 48-jährigen ähnlich wie bei Paul Weller mit den Jahren besser, reifer und ausdrucksvoller geworden. Ein Umstand, der natürlich in einem intimen Solo-Akustik-Konzert besonders zum Tragen kommt. Wunderbar, wie der Titelsong seines erfolgreichsten Albums Rattlesnakes von sämtlichen Ballast befreit auf seine Essenz reduziert wird, und wie Text und Melodie eine Unmittelbarkeit erfahren, die in der Version mit kompletter Band so nie zum Tragen kam. Überhaupt bereitet es ihm offensichtliches Vergnügen seine Songs zu entschlacken: Cut me down befreit er beispielsweise von seiner Bridge, die ihn immer an Bryan Adams erinnert habe ("It wasn’t really what I was going for!"). No more lovesongs indes klingt in dieser Version, nur mit der Begleitung seiner offen gestimmten Gitarre, so perfekt wie nie zuvor. Mitunter sind leichte Haker im Vortrag wahrzunehmen, offensiv-sympathisch kommentiert Cole: "If you ever hear a concert of my music without a mistake you know that it’s a tributeact!"

{image}Alles in allem bot sich damit ein feiner Konzertabend mit einem Solokünstler, der es geschafft hat, alle Fäden in die Hand zu nehmen, aus eigener Kraft ohne Businesspartner seinen Weg zu gehen, und der dabei eine überzeugende Figur abgibt. Trotzdem: So schön die Atmosphäre dieses intimen Gigs auch ist, es ändert nichts daran, dass man ihn eigentlich doch lieber vor einem viermal so großen Publikum sehen würde, mit Band, und vor allem mit mehr Erfolg – sie standen ihm nämlich nicht schlecht, die 80s-UK-Gitarren der Commotions oder die 90s-US-Gitarren auf seinen ersten Solowerken, nebst all den anderen Instrumenten selbstverständlich. Und Soloeinlagen könnten ja auch dann zum Set gehören!

 

Setlist: 1. Woman in a bar / 2. Don’t look back / 3. My other life / 4. Rattlesnakes / 5. What if I was just a song / 6. Music in a foreign language / 7. Chinese translation / 8. Brand new friend / 9. Cut me down / 10. Butterfly / 11. Late night early town  / 12. Morning is broken / 13. Old enough to know better / 14. That boy / 15. Man overboard / 16. No blue skies
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17. Are you ready to be heartbroken / 18. Like lovers do / 19. Pay for it / 20. What’s wrong with picture / 21. Two drink minimum / 22. Trigger happy / 23. No more love songs  / 24. Hey Rusty / 25. Please don’t tell me where the story ends  / 26. Impossible girl / 27. Lost weekend / 28. If I was a carpenter / 29. Perfect skin / 30. The young idealists / 31. Unhappy song
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32. 2cv / 33. Undressed

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