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The Roots (live in Köln, 2018) © Stefan Wiede

The Roots stehen für handgemachten HipHop direkt aus Philly, USA. Als Nachschlag auf die vier Deutschland-Konzerte zum Albumrelease von "Game Theory" im letzten Jahr, gibt es jetzt nochmal einige Tourdates. Supported von den Gym Class Heroes aus Geneva bringen die Illadelpher eine echte Power-Leistung auf die Bühnen. Hier lest ihr unser ausführliches Review und seht zwei Fotogalerien der Acts.

Wenn Tourplakate einer Band wie The Roots die Schaufenster der Innenstadt schmücken, dann trifft der unrasierte Alternative-Backpacker von 17 Jahren durchaus auch schon mal auf einen 45-jährigen Vertriebssachbearbeiter aus dem kaufmännischen Bereich, der sich zum Feierabendbier ab und zu auch mal eine Rick James LP aus seiner eingestaubten Plattensammlung auflegt. Und Menschen, die Rapmusik hören, sieht man noch dazu. "Game Theory" heißt das noch relativ neue Album der legendären Roots Crew und ist der Grund dafür, dass sich Questlove und Black Thought zusammen mit ihren Musikern mal wieder auf ausgedehnte Tour begeben.

Zum Auftakt des Konzerts in der Alten Feuerwache in Mannheim durfte man den Klängen der Gym Class Heroes aus Geneva in New York lauschen. Durch ihren Charthit "Cupid's Chokehold" genießen die Indie-Hopper in den Staaten bereits Überflieger-Status. Durchgesamplet von Supertramp über die Beach Boys ("Good Vibrations") bis hin zu Jermaine Stewart ("We Dont Have To Take Our Clothes Off"), lässt sich ihr Sound am besten als „College Alternative“ spezifizieren, der sich optimal dazu eignet, um vor dem eigentlichen Roots Auftritt an der kleinen Bar für alkoholhaltige Erfrischungsgetränke anzustehen. Schade nur, dass in der Pause zwischen den Acts dazu noch mehr als ausreichend Zeit bleibt – die Umbauphase dauert etwas zu lang.

Fotogalerie: Gym Class Heroes

Einige Kaltgetränke später erscheint Black Thought dann doch noch auf der Bühne, um seine Band gebührend zu "introducen". Mit eingeschränktem Sichtfeld für die meisten der Besucher (aufgrund der breiten Säulen und der etwas schmalen Bühne), geht’s dann mit dem Titel "Star" vom Album "The Tipping Point" richtig los. Die konsequent unrasierte Roots Crew ist in Toppform. Zwar treten sie ohne Rahzel, Martin Luther und Scratch an, dafür haben sie diesmal Tuba Gooding jr. am überdimensionalen Sousaphon mit im Gepäck.

Wenn die Jungs der Vorband Gym Class Heroes schon unter Beweis gestellt haben, dass sie fleißig an ihren selbst gespielten Instrumenten üben, wird das Ganze hier noch mal getoppt. Die revolutionäre Idee von Stetsasonic, die Instrumente bei Rap-Konzerten live zu spielen, wird hier in Perfektion praktiziert. Jazz, Rock und Funk verschmelzen und harmonieren zu einem geballten Instrumentalbaustein, den Black Thought mit intelligenten Reimen lässig versetzt. Organischer Hip-Hop vom allerfeinsten. "Proceed" und "Mellow My Man" sind die nächsten Tracks. Ein gemischter Soundsalat von allen Alben wird durchgeschleudert und frisch serviert.

Fotogalerie: The Roots

Für gewöhnlich bekommt bei einem Roots Konzert jedes Bandmitglied die Gelegenheit, sich ausgiebig durch Soli hervorzuheben. So auch diesmal: Bassmann Hub darf zuerst. Die Tonleitern beherrscht er - um nach seiner ausführlichen Demonstration zu urteilen - genauso gut wie das balancierte Zerkauen seines wood-sticks im letzten Eck seines Mundwinkels. Danach thematisiert BT den Albumtitel "HipHop Is Dead" von Nas und ist dabei alles andere als d’accord. Im Gegenteil: mit der instrumentalen Coverversion von Nas’ "The Message" und der mit "In A Gadda Da Vida"-Sample bestückten Singleauskopplung "HipHop Is Dead" leiten die Roots ihr übliches HipHop-101-Tribute-Medley ein; und das mit äußerst vitaler Wirkung. Talib Kweli, Biz Markie, Sugar Hill Gang, ODB und Snoop sind diesmal die auserwählten Originale. Als letztes geht Afrika Bambaataa’s "Planet Rock" in Salt-N-Pepa’s "Push It" über, bevor Quest mit seiner kritischen Ansprache über die amerikanischen Militärinterventionen einen Bruch ins Set bringt.

Was folgt ist grandios, hat aber mit HipHop-Musik nicht mehr viel zu tun: ein Bob Dylan-Tribute in Form eines viertelstündigen Covers des Meisterwerkes "Masters of War", das den Vietnam-Krieg kritisch thematisierte. Kirk Douglas besticht dabei mit Gitarren-Riffs ähnlich Jimmy Page und singt sich wie Ian Gillan bei "Child In Time" in zunehmende Ekstase. Ein Kompliment geht dabei auch an die eigenen Licht- und Soundmänner der Roots, die exzellent auf die Show abgestimmt sind.

Vorstellen braucht sich der Mann mit dem Afro nicht mehr: Questlove ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten des HipHop und stellt dennoch seine Skills an der Schießbude zur Schau. Beeindruckend. Rapmusik wird schließlich auch noch gespielt: der Welthit "You Got Me" ist nämlich der nächste Track. Dabei kehrt Captain Kirk seine sanftere Soulseite nach außen. Mit "In The Music" setzt sich die Show fort, um mit "Jungle Boogie" in das nächste Cover zu münden. Zur Belohnung bekommen die Quadratestädter mit "The Seed" und "Next Movement" noch ein rundes Ende beschert. In einer größeren Location - oder zumindest mit etwas weniger Besuchern - wäre das "Phänomen Roots" sicher noch weitaus besser zur Geltung gekommen. Dennoch: Hut ab (oder Kamm aus dem Afro?) für diese Power-Leistung der Illadelpher.

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