Perfume Genius

Perfume Genius © Angel Ceballos

Hinter Perfume Genius steckt eigentlich Mike Hadreas. Vor kurzem veröffentlichte der junge Songwriter sein Debütalbum "Learning", das mit ruhiger und zerbrechlicher Pianomusik begeistert. Er wurde auch schon mit Musikern wie Nick Drake, Eliott Smith oder Bob Dylan verglichen. Unser Redakteur Daniel Voigt traf Mike Hadreas in Berlin und sprach mit ihm über sein Debütalbum, Seattle, "Gay Angels" und den Beruf des Musikers.

{image}regioactive.de: Dein Debütalbum heißt Learning. Was bedeutet der Begriff für dich?
Mike: Es ist der erste Song, den ich je geschrieben habe. Von da ab lernt man, wie man Songs aufnimmt und stellt fest, welche Musik und auf welche Weise man sie erschafft. Man lernt auch, ob und wie man dem Song und den Texten in der Zukunft Strukturen geben muss.
Was waren die wichtigsten Dinge, die du bisher in deinem Leben gelernt hast?
Mike: Dass man Dinge, die einen nicht glücklich machen, nicht tun sollte. Das sollte man auch dann nicht tun, wenn man diese eigentlich machen sollte und einem vorgegaukelt wird, dass man keine Wahl hat. Denn es sollte immer deine eigene, freie Entscheidung sein in dem was du tust und machst. Wenn du dich dabei gut fühlst, sollte dich der Rest nicht kümmern. Wichtig ist, dass man sich in seiner eigenen Haut wohl fühlt.

{image}Deine Musik klingt ruhig und zerbrechlich. Wie würdest du sie in eigenen Worten beschreiben?

Mike: Ich wollte die Musik mit sehr viel Gefühlen bereichern. Man soll sie richtig spüren. Das ist mir das Wichtigste an meiner Musik.

Manche sagen, du wärst der neue Bob Dylan. Was denkst du darüber?

Mike: Ich denke, jeder will ein bisschen wie Bob Dylan sein, aber wenn man sich das genauer überlegt, dann klingt das verrückt.

Du kommst aus Seattle. Einer Stadt, die mit Nirvana oder Jimi Hendrix sehr berühmt wurde. Wie beeinflusst dich die Stadt?

Mike: Es ist die Stadt, in der ich die meiste Zeit meines Lebens verbracht habe und in der überall sehr viele Erinnerungen stecken. Aber die Vororte, wo ich mit meiner Mutter lebte, waren sehr engstirnig und ich fühlte mich da nicht richtig wohl. Die Isolation, die ich dort teilweise verspürte, half mir aber neue Dinge zu schaffen. Zum Beispiel meine Musik.

Ein Song von dir heißt Mr. Petersen. Wer war dieser Mr. Petersen?

Mike: Alle Texte handeln von meinen Erfahrungen, die ich bisher in meinem Leben gesammelt habe. Manche sind mit den Erinnerungen meiner Mutter verknüpft oder sie beziehen sich auf die Erlebnisse mit meinen Freunden. Mr. Petersen war zum Beispiel ein Lehrer von mir. Ich denke sowieso, dass meine Texte sehr persönlich sind. Ich hoffe, dass die Leute verstehen, was ich sagen will und dass sie sich vielleicht ähnlich fühlen, ähnliche Geheimnisse haben oder ähnliche Dinge spüren wie ich. Ich finde es sehr schön, wenn sich manche Menschen mit diesen Texten verbunden fühlen, weil sie manches an verschiedene eigene Dinge erinnert und mir das dann manchmal sogar schreiben.

{image}Im Song Mr. Petersen heißt es an einer Stelle "He made me a tape of Joy Division". Wie sehr haben dich Joy Division beeinflusst?

Mike: Einen wirklich großen Einfluss hatte die Band nicht. Es war damals einfach das erste Mal, dass ich diese Band hörte.

Und was für andere Bands haben dich beeinflusst?

Mike: Definitiv haben mich eine eine Reihe von Folkmusikern beeinflusst. Zum Beispiel Bob Dylan. Und ich höre auch gerne langsame, tragische Musik oder auch mal Filmmusik. Also ist das sozusagen eine Kombination aus einfacher Folkmusik und komplexer Filmmusik, die mich sehr stark beeinflusst hat.

Ein anderer Song heißt Gay Angel. Wer oder was ist der "Gay Angel" für dich?

Mike: Ich wollte damit ausdrücken, dass Homosexualität etwas ganz Natürliches und Normales ist. Wenn du aufwächst, dann weißt du selbst sehr früh, dass du anders bist. Aber du fühlst dich dennoch lange Zeit allein, weil du nicht genau weißt, was sich so anders anfühlt. Doch es gibt so viele Leute, die es schon vor dir wussten. Deshalb bist du eigentlich nie allein damit. Ein "Gay Angel" ist für mich jemand, der dir zeigt, dass mit dir alles in Ordnung ist. Und zwar in genau der Form, wie du gerade jetzt als Person bist.

Viele Musiker haben Probleme sich alleine mit ihrer Musik ihr Leben zu finanzieren. Welche Erfahrungen hast du gemacht?

{image}Mike: Ich glaube, das Wichtigste ist, dass man die Dinge, die man mag, einfach macht. Ich kenne Freunde, die wie ich auch eine Band haben und alles in die Band investieren, was sie haben. Und zwar seit 10 Jahren und es kümmert sie nicht, ob sie Erfolg haben oder nicht. Allgemein denke ich, dass jeder einfach einen Job hat. Manchmal ist es hart, als Musiker zu leben und manchmal nervt es einen auch, dass man mit diesem Beruf selten viel Geld zur Verfügung hat, aber ich habe die Entscheidung selbst getroffen, als Musiker zu leben und dann muss man das wegstecken können.

Wenn du jetzt ein Mixtape machen müsstest, welche Bands würdest du dafür auswählen?

Mike: Ich denke, auf jeden Fall wäre PJ Harvey mit dabei. Ich weiß zwar, wie furchterregend sie manchmal ist, aber ich mag ihre Musik und wie sie über die Liebe und andere Dinge singt. Und Bob Dylan würde ich natürlich auch auf das Mixtape packen.

Dann vielen Dank für dieses Interview!