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Silbermond (live in Mannheim, 2020) © Kosta Jiannis

Anlässlich ihrer "Schritte"-Tour machen Silbermond in der SAP Arena in Mannheim halt und zeigen sich dort als sympathische, publikumsnahe Musiker, die ihren Fans in einem zweieinhalbstündigen Konzert ihre ganz persönliche Utopie näher bringen.

Die derzeitige Klimadebatte und die gefühlt immer größer werdenden Gräben innerhalb der Gesellschaft hinterlassen auch bei Silbermond ihre Spuren.

Hurra, eine Utopie

"Schritte", das aktuelle Album der Bautzener Band, ist ein Beleg dafür, denn es ist nicht nur ein sehnsuchtsvoller Ruf nach Frieden und Freiheit, sondern beinhaltet auch erstaunlich deutliche Positionierungen gegen rechten Populismus.

Der Gegenentwurf von Silbermond ist eine idealistische, ja beinahe schon utopische Welt, in der alle gleich sind. Selbst John Lennon hätte sich etwas so schönes nur schwer vorstellen können.

Dschungel auf der Bühne

Vermutlich aus diesem Grund besteht das Bühnenbild an diesem Abend in der SAP Arena in Mannheim – analog zum Plattencover – aus einem leuchtenden, dichten Urwald mit allerlei irrwitzigen Details wie etwa einem großen Krustentier.

Regisseur Tim Burton würde vor Freude in die Hände klatschen. Gerade, wenn man erwartet, aus einer Ecke eine kleine Alice in diesem Bühnen-Wunderland umherhuschen zu sehen, sind auch schon Silbermond on stage – begleitet von einem Zusammenschnitt des neuen Albums.

Eine Vorband gibt es nicht – die hätte in den großen Dschungel wahrscheinlich eh nicht so recht reingepasst. Wie sich später herausstellt, wäre das auch aus zeittechnischer Sicht unpassend gewesen, denn die Bautzener spielen zweieinhalb Stunden – an einem Montagabend.

Montagsblues

Dem Wochentag gemäß ist das Publikum zu Beginn noch etwas reserviert, obwohl die Band um Sängerin Stefanie Kloß bereits zu Beginn mit den rockigeren Nummern von "Schritte" loslegt. Umso energischer treibt die Frontfrau das Publikum mit verschiedenen Gesten an, sodass nach kurzer Zeit eine ausgelassene Stimmung herrscht.

Kloß findet dafür nur lobende Worte: "Das ist der erste Montagabend auf unserer Tour. Wie schön, dass ihr trotzdem gekommen und für kurze Zeit dem Alltag entflohen seid." Die größeren Lücken im Innenraum ignoriert sie dabei gekonnt.

Auf Kuschelkurs

Besonders augenfällig ist, dass die Band ständig auf Tuchfühlung mit den den Fans geht. So spielt das Quartett, begleitet von einem Pianisten auf der Bühne, zuerst halb-akustisch auf einem kleinen Kreisrund am Ende eines Laufstegs, bevor sie später auf einer Mini-Bühne im hinteren Teil des Innenraums stehen.

Dort lassen sie zwischendurch die Verstärkeranlage abschalten und singen unverstärkt, was für Begeisterungsstürme im Publikum sorgt.

Offene Gesinnung

Immer wieder zeigt Stefanie Kloß mit längeren Ansagen, wie reflektiert und bodenständig die Bandmitglieder sind. Vor dem Song "Mein Osten" etwa gibt sie ein klares politisches Statement ab: "Es fühlt sich so an, als würde Hass immer salonfähiger werden. Lasst uns mehr Menschen sein, als diejenigen, die immer laut schreien. Ich hoffe, ihr könnt diesen Abend in eurem Herzen mitnehmen."

An anderer Stelle erläutert sie die Motivation für den Song "Für Amy": Es gehe darin um Body Positivity und die Absage an unrealistische Schönheitsideale, die von Instagram & Co. vor allem den jungen Menschen vermittelt werden. "Wir sollten alle unsere eigene Definition von Schönheit haben.", fordert die Sängerin schließlich unter tosendem Applaus.

Eine große Familie

Gegen Ende des Konzerts legen Silbermond sogar noch eine Schippe drauf: Erst wagt Kloß mit Erfolg ein Stagedive zur Bühne, später quetscht sich die ganze Band als Marschkolonne durch den unteren Zuschauerrang.

Bei der 2,5-stündigen Performance bleibt neben vielen musikalischen Highlights vor allem eines positiv in Erinnerung: Silbermond sind eine grundsympathische Band, der man ihre Aussagen auch wirklich abnimmt.

Die ruhigen Passagen dauern für eine große Arena-Show vielleicht etwas zu lange, auf der anderen Seite schaffen Silbermond jedoch eine intime und familiäre Atmosphäre. Und genau diese Intimität macht diese neue Wunderwelt aus, von der die gereifte Band aus Bautzen träumt.

Setlist

Was Freiheit ist / Silbermond / Lass mal / Zeit zu tanzen / Indigo / Schritte / B96 / Mein Osten / Träum ja nur (Hippies) / Krieger des Lichts / Für Amy / Himmel auf / Irgendwas bleibt / Das Beste / Leichtes Gepäck / Durch die Nacht / Luftschloss // Bestes Leben / In meiner Erinnerung / Ein schöner Schluss

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