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Duff McKagan & Shooter Jennings (live in Mannheim, 2019) © Christian Düringer

Bei seiner Solo-Show in der Alten Feuerwache zeigt sich Guns N' Roses-Bassist Duff McKagan von seiner zerbrechlichen Seite. Bei den mit viel Gefühl dargebotenen Songs wird schnell klar, dass sich der charismatische Rockstar auch in countrylastigen Gefilden ganz zu Hause fühlt.

Guns N' Roses-Bassist Duff McKagan war im Laufe seiner Karriere in zahlreichen weiteren Bands und Projekten aktiv – ob etwa in seiner Band Loaded oder den Supergroups Neurotic Outsiders und Velvet Revolver – und kann auf zahlreiche Veröffentlichung zurückblicken. "Tenderness" ist offiziell sein zweites Soloalbum; ein weiteres, 1998 aufgenommenes, sollte nie offiziell das Licht der Welt erblicken. Gewohnt ist man von McKagans Veröffentlichungen vor allem kernigen Hardrock, gerne mit deutlichem Punk-Einschlag.

Sein aktueller Output jedoch könnte kaum einen größeren Kontrast dazu darstellen: Auf dem ruhigen, gefühlvollen "Tenderness" dominiert Country über Rock-Elemente. Für viele Besucher seiner Show in der Mannheimer Feuerwache dürfte sich daher im Vorfeld die Frage stellen, wie diese stilistische Entscheidung live funktionieren und mit anderen Songs harmonieren würde.

Zwischen Country, Southern Rock und Psychedelic

Eröffnet wird der Abend von Shooter Jennings, der sich auch für die Produktion von McKagan's aktuellem Album verantwortlich zeigt. Jennings und seine Band liefern Country-Rock, der zwischendurch auch mal eine etwas härtere Gangart annimmt, Led-Zeppelin-Reminiszenzen aufweist oder über Instrumentalpassagen verfügt, die zu psychedelischen Ritten mutieren.

Der einzige Sohn des Country-Sänger-Paares Waylon Jennings und Jessi Colter trägt durchgehend lässig seine Sonnenbrille, zeigt sich stimmlich bestens aufgelegt und wechselt zwischen Keyboard und E-Gitarre. Neben dem Maestro selbst kann dabei vor allem Aubrey Richmond immer wieder auf sich aufmerksam machen, die nicht nur gekonnt ihre Fiddle einsetzt, sondern auch durch ausgezeichneten Background-Gesang besticht.

Insbesondere die getragenen, dramatischen Songs wecken immer wieder Assoziationen von einsamen Helden auf staubigen Straßen in Road-Movies. Für den ein oder anderen Guns N' Roses-Fan mag es trotz der handwerklich einwandfreien Darbietung heute Abend jedoch zuweilen eine Schippe zu viel Schmalz und Pathos sein.

Ein kleiner, aber feiner Unterschied

Nach der Pause betritt dieselbe Band erneut die Bühne, mit einem Unterschied: Ans Mikro schlendert nun Duff McKagan, mit einem Lächeln im Gesicht und einer Gibson Hummingbird-Akustikgitarre bewaffnet. Jennings wird den Rest des Abends vor allem wie ein Wilder in die Tasten hauen und dabei ununterbrochen und beinahe etwas manisch anmutend seinen Kopf im Takt wippen.

McKagan scheint das Publikum mit seinem Charisma problemlos auf Anhieb einzunehmen. Die jubelnden Fans begrüßt er mit einem beinahe akzentfreiem "Guten Abend, Mannheim!", bevor er mit der Frage "You feel like singing along?" direkt in den von Izzy Stradlin geschriebenen Guns N' Roses-Song "You Ain't the First" einsteigt.

McKagan ist Mannheim-Fan

Obwohl der in Seattle geborene Rocker heute in deutlich kleinerem Rahmen auftritt als im vergangenen Jahr, als Guns N' Roses vor etwa 50.000 Besuchern auf dem Maimarktgelände gastierten, zeigt er sich begeistert, wieder in Mannheim zu sein. "Die Stadt ist mir ans Herz gewachsen", erzählt er zwischendurch.

Bei der Guns N' Roses-Show 1991 in Mannheim sei es beinahe zu Ausschreitungen gekommen, führt er weiter fort. "Aber letztes Jahr haben wir uns rehabilitiert. Wir waren sogar 15 Minuten zu früh" scherzt der Bassist der Band, die früher dafür berühmt war, oft viel zu spät aufzutreten – oder gar nicht.

Ein Rockstar zum Anfassen

Immer wieder betont McKagan, wie sehr er sich über jeden einzelnen Zuschauer freue. Daneben plaudert er darauf los, macht Witze, um sich am Ende dann zuweilen selbst darin zu verheddern, und lässt aufgrund der Hitze Wasser im Publikum verteilen.

Die Intimität bei der Show wird daher nicht nur durch die kleinere Location hergestellt, sondern auch durch McKagans lebhafte, wertschätzende Interaktion mit dem Publikum, das den Musiker hier von einer ganz anderen Seite erleben darf. Beinahe wirkt es, als wolle er mit der Show die Zeile "Take a long walk and meet your fellow man" aus seinem Song "It's Not Too Late" direkt in die Tat umsetzen.

Die zwei Seiten des Duff McKagan

Intim wird es bei der Show auch gesanglich. Obwohl McKagan diesbezüglich eindeutig über die Jahre zugelegt hat, ist er in technischer Hinsicht kein übermäßig beeindruckender Sänger. Dennoch konnten seine Vocals schon früher viele Fans überzeugen – besonders dank eines stets etwas angepisst klingenden, punkigen Charmes. Ähnliches gelingt ihm heute vor allem durch viel Gefühl. Die Texte seines neuen Solo-Materials, die häufig gesellschaftliche Missstände thematisieren, kommen offenbar von Herzen, und genau das transportiert McKagan auch mit seiner Stimme.

So kommt das Publikum etwa in den Genuss eindringlicher und ausdrucksstarker Darbietungen des Titeltracks "Tenderness", dem seiner Ehefrau gewidmeten, neu arrangierten Loaded-Song "Wasted Heart" und "Feel", das er heute einem kürzlich verstorbenen Freund der Band widmet. Zwischen den Songs des ruhigen neuen Albums, die allesamt in der Setlist platzfinden, verpassen McKagan und Co. dem Publikum Energiespritzen etwa in Form eines sumpfig-groovenden "Dust N' Bones" von GNR oder des The Clash-Covers "Clampdown".

Grandioses Finale 

Während den Gesangspausen zieht sich McKagan immer wieder ein Stück zurück und erlaubt es den exzellenten Bandmitgliedern, sich in Szene zu setzen. Gitarrist John Schreffler liefert dabei formidable Lead- und Soloparts – ob mit oder ohne Slide, ob an der E- oder der Pedal-Steel-Gitarre.

Gegen Ende der Show folgen zwei Highlights aufeinander: Bei dem Guns N' Roses-Song Dead Horse übernimmt Violinistin Aubrey Richmond Axl Rose' Leadgesang auch in den höchsten Lagen dermaßen überzeugend, dass regelrecht Gänsehautstimmung aufkommt. Als ähnlich stark und packend erweist sich das folgende, wehmütig-hoffnungsvolle "Don't Look Behind You", das sich womöglich besonders gut für einen lauen Sommerabend auf einem großen Open Air eignen würde.

Home is where the heart is

Nur selten will bei der Show etwas nicht ganz zünden: Etwas uninspieriert wirkt so das tiefergestimmte Mad Seasons-Cover "River of Deceit" – bei einer Show dieser Qualität jedoch mehr als verschmerzbar. Nachdem McKagan beim letzten Song, Mark Lanegans "Deepest Shade", allen Besuchern in den ersten Reihen die Hand gegeben hat, hinterlässt er beseelte Fans.

Die starke und entspannte Show des charismatischen Blondschopfes, der nichts mehr beweisen muss, macht deutlich: McKagan fühlt sich in gefühlvollem, melancholischem Country-Rock offenbar genauso zu Hause wie im Hard- und Punkrock.

Setlist

You Ain't the First / Breaking Rocks / Tenderness / Chip Away / Feel / Wasted Heart / River of Deceit / Dust N' Bones / Last September / It's Not Too Late / Falling Down / Cold Outside / Parkland / Clampdown / Dead Horse / Don't Look Behind You / Deepest Shade

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