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Beginner (live in Wiesbaden 2018) © Torsten Reitz

Bei siedend heißen Temperaturen auf dem Gelände des Kulturparks Wiesbaden sorgen die Beginner mit Samy Deluxe und den Stieber Twins für eine Hip-Hop-Party unter freiem Himmel, die sich trotz fehlenden Regens gewaschen hat.

Die (Absoluten) Beginner sind Kult. Anders kann man es wohl schlicht und ergreifend nicht ausdrücken. Mit ihrem Album "Bambule", sowie der Hitsingle "Liebes Lied" stiegen die drei Hamburger vor nunmehr zwei Dekaden zu den Sternen am deutschen Hip-Hop-Firmament auf und legten mit "Blast Action Heroes" nur wenige Jahre später die Messlatte für hiesigen Sprechgesang noch einmal höher.

Dann wurde es ruhig um das Trio aus der Hansestadt. Die drei Mitglieder gingen getrennte Wege und versuchten sich an eigenen Projekten in teils deutlich anderen Genres. Der größte Erfolg war dabei Jan Delay (aka Eizi Eiz) beschieden, der mit Platten wie "Wir Kinder vom Bahnhof Soul" und "Hammer & Michel" beinahe noch größere Erfolge feierte als mit seiner ursprünglichen Crew.

"Hammerhart – da ist einiges am Start"

Vor zwei Jahren dann die Überraschung: Die Beginner kündigten ihre Rückkehr mit einem Album an, das den Namen der Vorreiter des deutschen Hip-Hops, "Advanced Chemistry", tragen sollte und gingen nach langer Pause wieder auf Tour. Bei jedem Auftritt werden sie dabei von Freunden unterstützt – so auch in Wiesbaden, wo ihnen Samy Deluxe und die Stieber Twins tatkräftig unter die Arme greifen.

Trotz der aktuellen Hitzewelle ist das Open-Air-Gelände des Kulturparks am Wiesbadener Schlachthof dann auch komplett ausverkauft, als die Beginner & Friends dort aufschlagen. Zugute halten muss man den Betreibern ob der Temperaturen, dass sie kostenlos Wasser zum "Abduschen" zur Verfügung stellten und die Mineralwasserpreise reduziert haben.

Heidelberger Hip-Hop-Legenden

Den Anfang am späten Nachmittag machen die Heidelberger Stieber Twins, ihres Zeichens ähnliche HipHop-Vorreiter wie seinerzeit ihre lokalen Kollegen von Advanced Chemistry. Eine gute halbe Stunde lang heizen die beiden Zwillingsbrüder, deren Auftritte in den letzten Jahren rar gesät waren, dem Wiesbadener Publikum gehörig ein – nicht, dass dies bei den Temperaturen nötig gewesen wäre.

Am Ende ihres Sets sorgen die Stieber Twins für einen unglaublich sympathischen Moment. Sie übergeben das Zepter in wahrsten Sinne des Wortes an die nächste Generation, indem sie ihre Kinder auf die Bühne holen, die bei dem Kultsong "Fenster zum Hof" hinter den beiden inzwischen Mittvierzigern eine kleine Tanzeinlage zum Besten geben dürfen.

Ein Deluxe-Auftritt mit Dynamit(e) im Arsch

Mindestens genauso heiß geht es beim zweiten Stargast des Tages Samy Deluxe zu, der für seinen etwa einstündigen Auftritt seine sechsköpfige DLX Band mitgebracht hat. Unter Hochdruck arbeiten sich der Hamburger Rapper und seine Mitstreiter durch eine ganze Armada von Songs, angefangen mit "Das Boot" über "Poesie Album" und "Pures Gift" bis hin zum ASD-Track "Sneak Preview".

Auch beim Set von Samy Deluxe darf ein Gastauftritt natürlich nicht fehlen – wir sind schließlich beim Hip-Hop. Der gebürtige Ecuadorianer Horst Wegener, der bereits mit "Deutschen Land" in einer Show seines Mentors vertreten war, darf sich mit einem exquisiten Rap selbst vorstellen. Ganz so kritisch, wie die Beginner die Zukunft ihres Genres neulich betrachteten, sieht die Sache dann doch nicht aus.

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Als dann die Beginner am Abend endlich zu den Klängen von "Ahnma" die Bühne betreten, kennt der Jubel keine Grenzen mehr – Hitze hin oder her. Das ändert sich auch nach dem Opener kein Stück, denn Jan Delay und Co. schieben mit "Hammerhart" von "Bambule" und "Wer bistn Du?" gleich zwei Klassiker von ihren ersten beiden Alben nach, die für Partystimmung bei den vielen Zuschauern sorgen.

Wie zwei Duracell-Häschen rasen die beiden Beginner-MCs Eizi Eiz (alias Jan Delay) und Denyo über die Bretter, die die Welt bedeuten, während zwei Tänzerinnen hinter ihnen das Publikum mit gekonnten Moves auch optisch beglücken. Wen stören schon die zurzeit vorherrschenden tropischen Temperaturen, wenn einem fette Beats von DJ Mad um die Ohren geblasen werden?

Fremde und Freunde

Im Laufe des etwa zweistündigen, energiegeladenen Beginner-Sets kommen selbstverständlich auch die Freunde des Trios zum Zuge. Zur Freude der Fans mischt sich Samy Deluxe etwa, wie einst auf "Bambule", für "Füchse"  und "Nie nett" sowie den aktuellen Track "Meine Posse" von "Advanced Chemistry" unter die drei nicht mehr ganz so blutjungen Anfänger aus dem deutschen Norden.

Auch die Stieber Twins dürfen bei der großen Beginner-Party mitmachen. Wenn man schon ein aktuelles Album hat, das nach einer legendären Heidelberger Band bekannt ist, und ein ebenso kultverdächtiges Duo aus der gleichen Stadt am Start hat – was läge da wohl näher, als gemeinsam den großen Advanced Chemistry-Hit "Fremd im eigenen Land" auf die Wiesbadener Bühne zu bringen?

Bambule mit dem Mikro in der Hand

Dabei streuen die Beginner aber auch Songs aus ihren jeweiligen Solokarrieren ein. So bekommt das Publikum in der hessischen Landeshauptstadt beispielsweise die seinerzeit recht erfolgreiche Jan Delay-Version von Nenas "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" zu hören. Die größte Resonanz erzeugen jedoch die Stücke von "Bambule", dem wohl bekanntesten und besten Album der Hamburger.

Ob nun der große Hit "Liebes Lied" im Zugabenblock oder "Mikro in der Hand" mit den Stieber Twins – wann immer die Beginner die Tracks aus ihrem Erfolgsalbum aus dem Hut zaubern, herrscht pure Euphorie auf dem Open-Air-Gelände. Das soll allerdings nicht heißen, dass die vielen "Advanced Chemistry"-Stücke wie "Kater" deshalb deutlich weniger gut bei den Massen ankamen.

Hitz(e) am laufenden Band

Als sich die Beginner schließlich aus Hessen verabschieden und gen ihrer letzten Shows vor der geplanten erneuten Pause aufbrechen, haben die vielen Fans einen großartigen Sommertag mit bestens aufgelegten Acts erlebt. Keiner der Anwesenden – Musiker, Helfer und Zuschauer – hat sich von der Hitze keineswegs abschrecken lassen und bis zum Ende alles gegeben.

Ein großes Lob muss man hierbei auch den Sicherheitskräften des Schlachthofs aussprechen, die dem direkt am Zaun stehenden Publikum immer wieder mit Wasserflaschen unter die Arme griffen und so dafür sorgten, dass keiner der Hardcore-Fans "an vorderster Front" unter Flüssigkeitsmangel zu leiden hatte. Hip-Hop kann eben durchaus ein die Menschen verbindendes Erlebnis sein.

 

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