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Joy Denalane (live in Heidelberg, 2017) © Manuela Hall

Bei Joy Denalanes Konzert im Heidelberger Karlstorbahnhof zeigt sich, dass die lange Wartezeit auf ihr neues Album "Gleisdreieck" nicht vergebens war. Die Sängerin überzeugt mit mitreißendem Soul-Groove und Balladen, die den Nerv der Zeit treffen.

Als Joy Denalane die Bühne des ausverkauften Karlstorbahnhofs betritt, gerät das Publikum sofort in Bewegung. Joy Denalane singt mit ihrer kraftvollen und ausdrucksstarken Stimme den puren Soul von "Himmel berühren" und geht den Groove voll mit. Schon für den ersten Song erhält sie Riesenapplaus. 

Das Warten hat sich gelohnt

Etwas ruhiger, aber ebenso intensiv bewegt "Hologramm". Der Song über eine Beziehung, die langsam zerbricht, wird genauso enthusiastisch vom Publikum begleitet wie die schnelleren Rhythmussongs zuvor. 

Joy Denalane erklärt dem Publikum dann, warum sie sechs Jahre auf ein neues Album warten mussten. Der erste Versuch hat nicht funktioniert. Joy war nach zwei Jahren mit den produzierten Liedern nicht zufrieden. Also fing sie nochmal komplett neu an: neue Songs, neue Produzenten und ein anderer emotionaler Zugang. Mit den neuen Liedern ist sie hochzufrieden, das spürt man bei jedem Titel.

Groovender Soul

Das ganze Potential der Stimme von Joy Denalane zeigt sich am Ende von "Zwischen den Zeilen", als sie mit der Stimme extrem hochgeht und den Powersoul maximal zur Geltung kommen lässt. Im Duett mit ihrer Backgroundsängerin lässt sie das Publikum den souligen Groove bei "Wieder da" spüren. Von diesem elektrisierenden Rhythmus angetrieben klatschen und schreien ihre Fans. Das steigert sich nochmal bei "Alles leuchtet". Die Halle wird zur tanzenden Partyzone, das Publikum singt das "Hey, Yeah, Yeah" im Refrain mit. Joy strahlt vor Glück –  und ihre Freude ist bis in die hinterste Ecke des Saals spürbar.

Die Auseinandersetzung mit den eigenen Dämonen hört man in "B.I.N.D.A.W.", die Abkürzung für Blut ist nicht dicker als Wasser. Das Keyboardsolo am Ende verleiht dem Song eine besondere Intensität. Gut zusammen passen die zwei Folgetitel. Das "Kinderlied" aus dem Album "Mamani" ist der erste Song, der nicht von "Gleisdreieck" stammt. Spannend zu beobachten ist die innige Mimik der Sängerin, die völlig in dem Lied zu versinken scheint. Der neue Song "Vorsichtig sein" klingt wie die inhaltliche Fortsetzung von "Kinderlied" an einen jetzt jugendlichen Teenager.

Pure Energie

Bei "Was immer Du willst" teilt Joy das Publikum und lässt beide Gruppen unterschiedlice Parts singen. Die Zuschauer klatschen den Rhythmus mit, singen aus vollem Hals und rasten letztlich aus vor Begeisterung. Diese Energie trägt sich weiter bei "Im Ghetto von Soweto", ein Song von Joy über ihren Vater. Zur Abwechslung folgt die ruhige Ballade "Venus & Mars", in der Joy mit ihrer Backgroundsängerin wunderschön emotional im Harmoniegesang agiert. Für Soulmusik eher untypisch ist der sphärische Sound von "Schlaflos", der aber zu diesem Song sehr gut passt.

Bei "Deshalb" versucht sich Joy mal wieder in ihrer Hip-Hop Leidenschaft als MC, aber sie gibt selbst zu, dass ihr Soulgesang stärker ist und genauso ist es. Die Powerballade "RotSchwarz" ist eine musikalische Hommage an Prince, die auch deutlich erkennbar ist. Das Highlight ist das Gitarrensolo am Ende mit seinen kreischenden Riffs, die vom Publikum begeistert beklatscht werden.

Das emotionale Highlight

Vor der Zugabe spielt Joy Denalane noch "Zuhause" und liefert damit das emotionale Highlight des Abends. Nur unterstützt von der leisen Untermalung der Gitarre erzählt Joy Denalane von ihren Gefühlen und allem, was mit Heimat zu tun hat. Durch die Flüchtlingskrise wird ihr wieder einmal bewusst, dass sie irgendwie nicht dazugehört. Obwohl in Berlin geboren ist sie ein lebenslanger Außenseiter, weil sie nicht der optischen deutschen Durchschnittsnorm entspricht. All das verarbeitet sie zutiefst anrührend und aufwühlend in dem nachdenklichen Song.

Davon gepackt fordern die Zuschauer stürmisch eine Zugabe. Joy kommt zurück und heizt mit "Juni", die Party wieder voll an. Der groovende Sound animiert das Publikum zum Tanzen und steigert sich weiter mit "Sag's mir". Die Energie pulsiert im Raum. Joy setzt an zum nächsten Highlight, dem einzigen englischsprachigen Song "Heaven Or Hell", bei dem sie wieder ihre ganze Stimmpower entfaltet.

Das Duett

Gemeinsam mit ihrer Backgroundsängerin singt sie "Geh jetzt" und lässt diese dabei richtig glänzen. Joy sitzt auf einem Hocker und fühlt die Power, die ihre Sängerin an sie und ins Publikum abgibt. Als Krönung des zweistündigen Konzerts singt Joy Denalane noch "Elli Lou", das Lied über ihre fünfjährige Nichte. Das fröhliche Lebensgefühl ist bei jedem Ton spürbar und so positiv geflasht erhalten Joy Denalane und ihre Band minutenlangen Applaus. 

Joy Denalane zeigt wieder einmal, dass sie die beste deutsche Soulsängerin ist. Ihre Balladen treffen das Publikum mit hoher Emotionalität. Man spürt die Verbundenheit mit den neuen Songs. Sie hat bei der Produktion von "Gleisdreieck" alles richtig gemacht.

Setlist

Gleisdreieck (Intro) / Himmel berühren / So sieht man sich wieder / Hologramm / Zwischen den Zeilen / Wieder gut / Alles leuchtet / B.I.N.D.A.W. / Kinderlied / Vorsichtig sein / Was immer Du willst / Im Ghetto von Soweto / Venus & Mars / Schlaflos / Deshalb / RotSchwarz / Zuhause // Juni (Kinn nach oben) / Sag's mir / Heaven Or Hell / Geh jetzt / Elli Lou

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