Van Morrison (Pressefoto, 2014)

Van Morrison (Pressefoto, 2014) © Opus

Zwei Jahre nach seinem Auftritt bei den Jazzopen Stuttgart kehrt Van Morrison an einem kalten Sommerabend zurück auf den Schlossplatz, wo er feststellt, dass er schnell wieder ins Warme will. Aber vorher muss er noch einen Job erledigen.

Wenn Van Morrison einen Bürojob hätte, dann wäre er der genialische, aber übelgelaunte Chef, dessen Büro man immer mit Vorsicht betritt, um herauszufinden, welche Laune er denn gerade hat. Und meistens würde die Antwort lauten, dass er schlecht gelaunt ist.

Van Morrison geht keinem Streit aus dem Weg. Seine Anwälte zwingen Fans, ihm gewidmete Seiten offline zu stellen, sein Backkatalog war jahrelang nur rudimentär auf Tonträgern erhältlich und auch Konzerte beendet er gerne mal nach einer Stunde, wenn ihm danach ist.

Take it or leave it

Die spannende Frage beim Konzert im Rahmen der Jazzopen in Stuttgart war also, wie der "alte Grantler" (Rolling Stone) gelaunt sein würde. Seit vielen Jahren gleichen seine Konzerte einander: meistens um die 90 Minuten Musik, keine Zugabe, keine Kommunikation mit dem Publikum – klassische Take it or leave it-Herangehensweise. Wer mit dem Künstler auf Tuchfühlung gehen will, ist hier falsch.

Anders gesagt: Van Morrison zieht sein Ding ohne überflüssige Schnörkel durch. Das wirkt manchmal etwas gehetzt, wenn die Band von einem Song in den anderen hechtet oder Van Morrison es versäumt, einen musikalischen Augenblick auch mal auszukosten, wozu sich seine Musik ja ausgezeichnet eignet.

Exzellente Band, klasse Stimme

Ansonsten präsentiert sich Van Morrisson aber in ausgezeichneter Verfassung. Insbesondere wirkt seine Stimme weitaus flüssiger und flexibler als in den letzten Jahren. Beim Opener "Moondance" hakt es noch etwas, aber schon "The Way Young Lovers Do" erklingt in einer wirklich grandiosen Version, die den Zuschauer staunend zurücklässt.

Natürlich liegt das auch an der exzellenten Band, die ebenfalls auf die aufgeblähten Ensembles früherer Dekaden verzichtet und sich auf Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboards und eine (!) Background-Sängerin, die exzellente Dana Masters, beschränkt. Dazu spielt Van ein wenig Saxophon oder Mundharmonika und Keyboarder Paul Moran greift auch mal zum Flügelhorn und anderen Blasinstrumenten.

Gut ausgewählt

Zur hervorragend eingespielten Band und der exzellenten stimmlichen Verfassung von Van Morrison gesellt sich eine ausgezeichnete Setlist. Von den frühen Blues/R&B-Songs seiner Band Them ("Baby Please Don't Go", "Here Comes The Night") bis zu neuerem Material ist alles in der Setlist vertreten.

Zu den Highlights zählen natürlich die Klassiker wie "Wild Night" oder "Jackie Wilson Said", die auch mehr als vierzig Jahre nach ihrer Entstehung nichts von ihrem Glanz verloren haben. Aber auch weniger bekannte Songs wie "Enlightenment", "Real Real Gone" und "In The Garden" vermögen vollauf zu überzeugen. Tiefpunkte gibt es hingegen keine, einzig "I Can't Stop Loving You" ist verzichtbar.

Stuttgart liebt Van Morrison

Fast noch wichtiger: Die Songs aus fünf Dekaden fügen sich zu einem stimmigen Ganzen. Der hohe Anteil an schnelleren Songs sorgt für eine beschwingte Stimmung, die das Publikum mitreißt und sogar manche Pärchen am Rande zum Tanzen animiert.

Aber wer daraus schließt, das Publikum sei nur spärlich erschienen, täuscht sich. Die große Tribüne ist fast ausverkauft und auch der Innenraum vermutlich bis nahe zur Kapazitätsgrenze gefüllt. Stuttgart liebt Van Morrison und...naja...zumindest kann Van Morrison Stuttgart tolerieren.

Setlist

Moondance / The Way Young Lovers Do / Magic Time / By His Grace / Carrying A Torch / Precious Time / Wild Night / Someone Like You / Baby Please Dont Go->Don't Start Crying Now->Here Comes The Night / Think Twice Before You Go / I Believe It To My Soul / Whenever God Shines His Light / Have I Told You Lately / Real Real Gone / Jackie Wilson Said (I'm In Heaven When You Smile) / Enlightenment / Playhouse / I Can't Stop Loving You / Brown Eyed Girl / In The Garden / Gloria

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