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Beth Hart (Live in Frankfurt, 2016) © Alex Schäfer

Zum kleinen fünfjährigen Jubiläum des Women of the World Festival haben die Veranstalter ein ganz besonderes Event inszeniert. Mit Erfolg. Sowohl die stimmlich vielseitige Beth Hart als auch die Powerrocker von Garbage begeistern die Fans in der Alten Oper in Frankfurt.

Um das Women of the World Festival, das sich seit diesem Jahr nur noch W-Festival nennt, noch emotionaler und für mehr Zuschauer zugänglich zu machen, wurden für die beiden Hauptshows von Beth Hart und Garbage die Stühle im Innenraum entfernt. Somit hatte die Alte Oper für beide Konzerte jeweils eine Kapazität von rund 2.000 Karten und Beth Hart war tatsächlich offiziell ausverkauft.

Beth Hart eröffnet den Abend und schafft es nach noch spärlichem Zuspruch im ersten Song und einem kurzen: "Do you feel alright" die Alte Oper ab dem zweiten Song "Delicious Surprise" komplett für sich einzunehmen. Mit ihrer energetischen Show reißt sie alle mit. Ihre Stimme ist zuerst durchdringend und wird dann sinnlich rauchig bei "If I Tell You I Love You", einem Coversong von Melody Gardot. Kaum jemand haucht so sexy "Je t'aime" wie Beth Hart.

Bluesclub-Songs

Zu "Chocolate Jesus" setzt sich Beth Hart an das Keyboard vorne an der Bühne. Der leichte, heitere Song, der zum Fingerschnippen des Rhtyhmus einlädt, ist das krasse Gegenteil zum nächsten Song "I'll Take Care Of You". Denn dieser Song wird jetzt untermalt von schweren, fast schleppenden Gitarrenriffs. Das erzeugt eine düstere Stimmung wie in einem Road Movie. Die dadurch aufgeladene Spannung entlädt sich erst am Ende des Songs mit den Highspeedriffs von Gitarrist PJ Barth. Das Publikum rastet begeistert aus.

Die nächste Facette von Beth Hart zeigt sich in "Hold Me Through The Night". Jetzt singt sie mit fast popartig heller Stimme das ganz große Balladendrama. Es ist beeindruckend, wie sie von Song zu Song immer anders klingt und permanent andere Stimmungen erzeugt. Im nächsten Teil wird das Publikum komplett mit eingebunden. Zuerst werden sie von Beth Hart zum Mitsingen animiert und antworten auf das "Yeah, Yeah, Yeah" in "Lifts You Up". Dann schwenken sie im Innenraum die Arme zu "Might As Well Smile". Die Stimmung steigert sich immer weiter.

Die großen Highlights

Jetzt folgt der Akustikteil. Auf kleinen Hockern sitzt sie vorne mit ihren Gitarristen und auf ihren Akustikgitarren spielt sie "The Ugliest House On The Block", eine Anspielung auf das Haus ihres Ex-Manns. Der Song im Countrystil erfährt einen Megaapplaus. Aber es geht noch genialer. Ein absolutes Highlight, das aus dem großartigen Rest noch herausragt, ist der Song "Boogeyman". Auf das Pfeif-Intro folgt die zarte, ganz ruhige Untermalung der Gitarre. Dazu singt Beth Hart eine Art Südstaatenblues mit ganz feinen Akzentuierungen, der nur kurz durch ein aufheulendes Gitarrensolo unterbrochen wird. Die durchdringende Wirkung ihrer Stimme lässt viele Zuschauer regelrecht erschaudern. Am Ende tobt der Saal.

Mit gleicher Intensität wird es jetzt wieder rockiger. Zu "Money Back" singt und klatscht das Publikum frenetisch mit und verabschiedet die Beth Hart Band unter Standing Ovations aus der Halle zum Ende des Hauptblocks. Die Zugabe macht Beth Hart ganz allein. Sie sitzt wieder am Keyboard und spielt "Mama This One's For You". Vorher erzählt sie, das sie so dankbar dafür ist, dass ihre Mutter noch lebt und für sie da ist. Diese Emotion ist während dem Song permanent spürbar. Der letzte Song "Leave The Light On" wird begleitet von Standing Ovations aller Zuschauer in der Alten Oper und das bleibt auch so bis zur Verabschiedung der ganzen Band, die sich am Ende alle nochmal zeigen.

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Das Konzert von Garbage findet im Vorfeld wohl nicht so viel Anklang wie Beth Hart. Denn im Vorverkauf wurden nur knapp 1.200 Tickets gekauft und auch die Abendkasse konnte das Ergebnis nicht komplett retten. So zeigt sich der Innenraum für Stehplätze voll, aber im Oberrang gibt es deutliche Lücken. 

Das tut der Stimmung in der Alten Oper jedoch wenig. Als Garbage auf die Bühne kommt, eröffnen sie ihr Konzert mit einem pulsierenden, energetischen Introteil, der sehr keyboardlastig ist. Es ist das Intro für den Eröffnungssong "Sometimes". Direkt wird klar, dass das zweite Konzert von Garbage wesentlich lauter und härter wird als die akzentuiertere erste Show von Beth Hart. Garbage setzt diese Lautstärke sehr gezielt ein, um die entsprechende Wirkung zu erzeugen. Mit Knall-Rock und Power Geballer zu "About" läuft Sängerin zu den harten Gitarrenriffs ihrer Band immer im Kreis herum, anfangs um einen Lichtkegel am Boden. In ihrem Kleid führt sie eine Art Pippi Langstrumpf Attitüde auf, hüpft und springt über die Bühne zu "Blood For Poppies". 

Aus tiefstem Herzen

Der Auftritt beim Women of the World Festival bedeutet Shirley Manson offenbar viel. Das merkt man zuerst, als sie sich bei den Frauen im Publikum bedankt und anschließend bei allen Männern im Saal, die Frauen auf der Bühne unterstützen - Danke dafür. Mit eigener Gitarre umgeschnallt reiht sich Shirley Manson ein und nun spielen sie vier Gitarren. Es kracht gewaltig. Die Fans lassen sich mitreißen und geben Vollgas.

Wieder ohne Gitarre zeigt Shirley ihre Haltung zum Thema Geschlechter. Sie singt "Sex Is Not The Enemy" und greift sich dabei am Kleid sehr gezielt in den Schritt. Es ist aber mehr ein Statement als eine Provokation, denn Shirley Manson, die selbst wegen Depressionen behandelt wurde, weiß, was es heißt, wegen ihrem Aussehen gehänselt zu werden, vor allem in der Pubertät.

Bis zur Erschöpfung

Der nächste Song "A Stroke Of Luck" wird etwas ruhiger. Shirley steht vorne am Mikrofon und singt mit gedämpfter, hypnotischer Stimme. Am Songende powern die Gitarren wieder los. Bei "Control" sitzt Shirley hinten beim Schlagzeuger und liefert sich anschließend mit einem der Gitarristen eine Art Face-To Face Duell. Das steigert sich hoch zum Highlight "#1 Crush". Der stampfende Sound untermalt den intensiven Gesang, den Shirley Manson zelebriert. Sie steigert sich immer weiter rein mit Songzeilen wie "I Would Die For You", bis sie schließlich über den Boden kriecht, auf den Knien sich mit ausgebreiteten Armen hochbeugt und mit dem letzten Schlag des Songs in dieser Körperhaltung mit dem Gesicht nach unten vorwärts zu Boden fällt. Das Publikum flippt aus.

Zwischendurch hüpft sie auf und ab zu "I Think I'm Paranoid" und der Innenraum springt mit. So wird es kurz etwas weniger laut. Aber schon bei "Why Do You Love Me" schreit sich Shirley wieder fast wund, um dann erneut vor scheinbarer Erschöpfung auf dem Boden zu liegen, diesmal aber auf dem Rücken. So powert sich Shirley weiter von Song zu Song, bis sich mit "Push It!" das Publikum endgültig mitreißen lässt und schließlich sogar bei "Only Happy When It Rains" viele Zuschauer im Oberrang von den Sitzplätzen erheben und enthusiastisch mittanzen. So bleiben auch viele stehen, als die Band vor der Zugabe kurz die Bühne verlässt.

Echte Powerfrau

Zur Zugabe bringt der Gitarrist ein Glas mit dunkler Flüssigkeit auf die Bühne mit. Shirleys Kommentar zum Inhalt: "This is whisky, i can smell it from here." Damit betankt geben sie gleich wieder Vollgas mit "Automatic Systematic Habit". Vor dem nächsten Song bedankt sich Shirley für 21 Jahre, in denen sie mit Garbage auf der Bühne stehen darf. Der neue Song "Even Though Our Love Is Doomed" beginnt mit dem Keyboarder im Spotlight, bevor Shirley übernimmt. Sie singt hypnotisch faszinierend in einer fesselnden Dramatik. Zum Abschluss spielt Garbage noch "Cherry Lips (Go Baby Go!)", bevor der Abend unter großem Applaus zu Ende geht.

Ziel erreicht

Die Veranstalter des W-Festivals wollen starke Frauen auf die Bühne bringen. Bei diesem Double Rock Ladies Event ist ihnen das auf jeden Fall gelungen. Sowohl Beth Hart mit ihrer vielseitigen und eindringlichen Stimme als auch die flippige Powerfrau Shirley Manson sind großartige Künstlerinnen, welche den Abend in der Alten Oper zu einem Erlebnis gemacht haben. 

Mit diesen Erfolgen im Rücken wird das W-Festival auch 2017 stattfinden. Als Termin steht der 24. bis 28. Mai 2017 bereits fest.

Setlist Garbage:

Sometimes/ Empty / Stupid Girl / Special / Blood For Poppies / Bleed Like Me / My Lover's Box / Sex Is Not The Enemy / A Stroke Of Luck / Control / #1 Crush / I Think I'm Paranoid / Battle In Me / The Trick Is To Keep Breathing / Why Do You Love Me / Blackout / Push It / Vow / Only Happy When It Rains // Automatic Systematic Habit / Even Though Our Love Is Doomed / Cherry Lips (Go Baby Go!)

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