Jello Biafra (2015)

Jello Biafra (2015) © Destiny Tourbooking

Bevor Jello Biafra seine Europatour beendet, macht er mit seiner Band The Guantanamo School Of Medicine noch einmal Halt im Wiesbadener Schlachthof, um auch im Südwesten Deutschlands die Bedürfnisse seiner Fans zu befriedigen.

Zwar bestand schon immer ein großes Interesse an dem ausgeschiedenen legendären Frontmann der ikonenhaft verehrten Dead Kennedys, doch seit mit „The Audacity Of Hype“ im Jahr 2009 das erste Album dieser Gruppe erschien, hat sich die Aufmerksamkeit entsprechend gewandelt.

Denn diese Band ist seit Jahren von Bestand und keines der vielen Jello-Biafra-Projekte. Sowohl Fans als auch Musikjournalisten behaupten gleichermaßen, so würden die Dead Kennedys aktuell klingen, hätte sich die Originalbesetzung nicht 1986 aufgelöst.

Vorbands mit aussagekräftigen Namen

Doch bevor der Hauptact auf die Bühne kommt, stimmen die Supportbands Party Force und Scheisse Minnelli musikalisch ein. Erstere ist eine unbekannte 80er-Jahre-Hardcore-Truppe aus den Staaten, die den Abend aber nicht eröffnen muss, sondern das übernehmen ihre Kumpels von Scheisse Minnelli.

Ein feiner Zug der quasi Lokalmatadoren aus dem benachbarten Frankfurt, um für Party Force schon einmal Leute vor die Bühne zu ziehen. Doch trotzdem, nach dem letzten Song der Frankfurter leert sich vorerst das Kesselhaus – der kleinere Club, in den das Konzert am gleichen Tag verlegt wurde, ist mit 300 Fans ausverkauft.

Die Erwartungen erfüllt

Der Start in das Set des Headliners aus San Francisco ist furios und schmerzt in den Augen zugleich. Während die Band bereits auf der Bühne steht und die ersten Töne anschlägt, stürmt Biafra ans Mikro, ergreift es und wirbelt wie wild herum. Dabei ist er in ein Jackett in schrillen psychedelischen Farben gekleidet unter dem er ein schwarz-weißes Hemd mit tennisballgroßen Polka Dots trägt!

Verwunderlich ist, dass erst nach sechs Liedern die erste längere Ansage folgt. Das kennt man anders, aber was er sagt, kommt an. Typisch weltpolitisch schimpft er gegen alle westlich orientierten Regierungen und Weltkonzerne, deren Zauberformel auf die globale Wirtschaftskrise Austerität sei – der Staat spart, erhöht dabei die Steuern bei der Bevölkerung und der lachende Dritte sind Großfirmen. Der folgende und dazu passende Song "New Feudalism" wird dementsprechend von den Fans aufgenommen und frenetisch gefeiert.

Hochstimmung bei Dead Kennedy-Songs

Das Durchschnittsalter des Publikums bewegt sich deutlich Ü30. Jüngere Menschen sieht man an dem Abend nur vereinzelt. Taufrisch und noch nicht veröffentlicht hingegen ist der für die Band recht eingängige Song "Let's Go Look At Bloody Dead People", in dem Biafra Gaffer eines schlimmen Unfalls pantomimisch persifliert und damit anprangert. So wirklich hoch kocht die Stimmung allerdings erst bei den jeweiligen Dead-Kennedys-Klassikern. Wie vielleicht zu vermuten, kommen diese nicht erst bei der Zugabe in einem Block, sondern tauchen hier und da im Set auf, womit eine gewisse Grundspannung gehalten wird.

Herauszuheben sind dabei "California Über Alles", das Biafra nutzt, um sich ausgiebig über die etablierten Parteien und den USA auszulassen. Sowie etwas später "Holiday In Cambodia", bei dem der mittlerweile auf Hochtouren laufende Frontmann von der Bühne aus auf die heftig pogende Meute springt und diese ihn crowdsurfend durch den Raum über ihre Hände gleiten lässt.

Zufriedene Gesichter

Als die Show nach über 90 schweißtreibenden Minuten und der dritten Zugabe vorüber ist,  kommentiert Biafra-Fan Markus aus Mannheim seine Eindrücke so: "Das ist das fünfte Konzert der Band, das ich sehe und es war gut wie immer". Eine Aussage, die den Abend treffend zusammenfasst. Jello Biafra ist live aufgrund seiner ausgiebigen Bühnenperformance auch trotz seines Alters von 57 Jahren eine feste Bank, wo mann immer wieder gerne hingeht.

Dennoch muss er und die Band sich die Frage stellen lassen, ob sie nicht vom Status des Sängers leben. Denn musikalisch qualitativ vergleichbar hochwertige Bands, die deutlich weniger Fans haben, gibt es heutzutage viele. Bloß haben die eben keine Kult-LP wie "Fresh Fruit For Rotting Vegetables" vorzuweisen wie sie Jello Biafra 1980 mit den Dead Kennedys veröffentlichte. Wenn man das besagte Durchschnittsalter des Publikum berücksichtigt, ist das sicher keine gewagte These.

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