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Roxette (live in Mannheim 2015) © Akis Konstantinidis

Es gibt Momente, in denen die Musik in den Hintergrund tritt. Beim Auftritt von Roxette in Mannheim ist der bleibende Eindruck nicht das Konzert, sondern eine von Krankheit gezeichnete Marie Fredriksson, die tapfer kämpft und alles gibt.

Noch bevor das Konzert von Roxette in der SAP Arena Mannheim startet, stockt vielen Zuschauern der Atem. Denn als die Band die Bühne betritt, wird Sängerin Marie Fredriksson mit zitternden Schritten zu ihrem Stuhl in der Bühnenmitte geführt.

Sie wirkt, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Dennoch legt die Band sofort mit ihrem rockigen Popsound los und die Halle geht schon beim ersten Song richtig mit.

Richtungsweisend

Der Auftakt mit "Sleeping In My Car" und "The Big L" gibt die Richtung des Abends vor. Sänger Per Gessle liefert das Entertainment für das Publikum. Als Partner fungiert häufig Leadgitarrist Christopher Lundqvist. Er übernimmt den Part von Marie in der Bühnenaction.

Gemeinsam feuern sie Rücken an Rücken ihre Gitarrensolos in die Halle und lenken so von Marie ab, die sich trotz ihrer offensichtlichen Probleme alle Mühe gibt, wenigstens stimmlich ihren Beitrag zu dieser Jubiläumstour anlässlich von 30 Jahren Roxette zu leisten.

Der große Kampf

Hinten fahren die Jalousien runter, die Bühne wird zum Wohzimmer der Zuschauer. Im intimen Rahmen der halbvollen SAP Arena performt Roxette ihren Song "Stars", bevor Per Gessle dann mit "Guten Abend Mannheim" das Publikum begrüßt. Bei "Spending My Time" tritt Marie Fredriksson mit nun deutlich lauterem Gesangsmikro endlich auch in den Vordergrund. Sie muss aber gar nicht viel machen. Denn schon beim Ansingen übernimmt das Publikum den Gesang. Die Atmosphäre in der Halle erzeugt ein Schaudern auf dem ganzen Körper.

Der Kampf von Marie setzt sich fort bei "Crash! Boom! Bang!". Sie powert immer wieder los, hat aber für alle offensichtlich nicht die Kraft, komplett durchzusingen. Die Stimme sackt immer wieder ab – mehr ist einfach nicht möglich.

Purer Roxettesound

Als Ablenkung darf nun Bassgitarrist Magnus, laut Per Gessle eine "modern version of a viking", sein Können zeigen. Er lässt den Bass sprechen und wieder wird der rockige Sound mit den krachenden Gitarren in den Mittelpunkt gerückt. Das Publikum klatscht den Rhythmus von "She's Got Nothing On (But The Radio)" und die ersten Fans auf den Sitzplätzen stehen auf. Der Sound von Roxette lebt.

Der kleine Balladenblock rückt Marie komplett in den Fokus. Zuerst performen alle "The Heart Shaped Sea", dann sitzt Backgroundsängerin Dea Norberg am Keyboard alleine mit Marie vorne im Licht. Gemeinsam singen sie "Watercolours In The Rain/Paint und am Ende klatschen sie sich ab, während das Publikum heftig applaudiert.

Überhaupt das Publikum: einerseits möchte es eine ausgelassene Party mit der Musik von Roxette feiern, andererseits sind alle sich des Gesundheitszustands von Marie bewusst. Entscheidet man sich dafür die schöne Illusion aufrechtzuerhalten oder blickt man dem Unglück ins Auge?

Radiohits zum Mitsingen

Die Antwort fällt eindeutig aus: Mit "Fading Like A Flower (Every Time You Leave)" beginnen die Fans, jeden Song eigenständig mitzusingen. Es reiht sich Radiohit an Radiohit. Die Band muss die Songs eigentlich nur noch anstimmen, das Publikum erledigt den Rest. Während bei "How Do You Do" der Innenraum tobt, gerät "It Must Have Been Love" zur entspannten Schunkeleinlage mit Gelegenheit zum Schmusen. 

Natürlich wird auch das "Oh-Oh-Ooh" in "Dressed For Success" ausgiebig zelebriert und zu "Dangerous" getanzt, bevor Leadgitarrist Christopher Lundqvist sein furioses Gitarrensolo zu "Joyride" abfeuert und die komplette Halle zum Aufstehen und Mittanzen animiert. Es ist das Ende des Hauptblocks.

Unnötige Inszenierung

Jeder Konzertbesucher kennt das Ritual der Zugabe. Die Band verlässt die Bühne und kommt unter dem Geschrei der Fans nach einer Zugabe zurück. In dieser besonderen Situation ist es aber fraglich, ob es nötig war, die geschwächte Marie Fredriksson unter größter Kraftanstrengung von der Bühne zu führen, nur um ihr gleich darauf diesen Weg noch einmal zuzumuten. Man hätte auch einfach die Bühne verdunkeln können – die Fans hätten das verstanden.

Nichtsdestotrotz spielt die Band eine grandiose Zugabe. Wieder rockt Leadgitarrist Christopher den Saal zu "Listen To Your Heart". Zuerst kniet er hinten mit dem Rücken zum Publikum, dann steht er auf und jagt mit Megaspeed über die Saiten seiner Gitarre. Das steigert die Band nochmals mit ihrem Gitarrensound zu "The Look". Alle drei Gitarristen geben Vollgas und die Halle feiert Roxette ab wie in besten Zeiten.

Gute Besserung

Am Ende stehen Marie Fredriksson und Per Gessle allein im Bühnenlicht, umjubelt von den Fans. Das Bild der zitternden Marie Fredriksson, die trotz größter gesundheitlicher Probleme tapfer kämpft, hinterlässt einen Kloß im Hals. Man kann nur hoffen, dass es ihr bald wieder besser geht. 

Setlist

Sleeping In My Car / The Big L / Stars / Spending My Time / Crash! Boom! Bang! / Crush On You / She's Got Nothing On ( But The Radio) / The Heart Shaped Sea / Watercolours In The Rain/Paint / Fading Like A Flower (Every Time You Leave) / How Do You Do! / It Must Have Been Love / Dressed For Success / Dangerous / Joyride // Listen To Your Heart / The Look

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