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Toto (live in Offenbach, 2015) © Torsten Reitz

Bei der Erwähnung mancher Bandnamen bekommen viele Musiker gleich leuchtende Augen. Aus gutem Grund ist Toto schon seit fast vier Dekaden einer davon. Vor vollem Haus zeigen die Kalifornier in der Offenbacher Stadthalle erneut, warum.

Im März erschien mit “XIV“ nach beinahe einem Jahrzehnt endlich wieder ein neues Toto-Studioalbum. Überraschenderweise hat die lange Auszeit der Popularität der Band in Deutschland keinerlei Abbruch getan.

Die Platte erreichte die Top 5 der hiesigen Album-Charts und ist für Toto Grund genug, einmal mehr auf eine ausgedehnte Tournee zu gehen und auch in der Offenbacher Stadthalle einen Boxenstopp einzulegen.

Dezente Startprobleme

Vor der Halle tummeln sich zunächst die Massen und warten ungeduldig auf den Einlass, doch nichts passiert. Leichter Unmut macht sich in der Menge breit, während die Fans vor der verschlossenen Offenbacher Stadthalle ausharren.

Zwischen Tür und Angel heißt es später, Toto hätten wohl längere Zeit auf den deutschen Autobahnen verbracht und deshalb länger für den Soundcheck gebraucht. Das kann passieren und fällt eindeutig unter die Rubrik "Höhere Gewalt". Die Informationspolitik der Veranstalter ist dennoch verbesserungswürdig.

Kristallklarer Sound

Nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten senkt sich schließlich der in bläuliches Licht gehüllte Vorhang, und Toto beginnen zur Freude des Publikums mit einem krachenden Doppelschlag aus dem neuen Rocker “Running Out Of Time“ und dem Evergreen “I’ll Supply The Love“.

Die Zeit, die die Gruppe die Fans zwecks Soundchecks hat warten lassen, war gut investiert. Kristallklarer Sound einer perfekt eingespielten Band umschmeichelt die Gehörgänge der Zuschauer. Binnen Sekunden haben Toto die prall gefüllte Halle bereits in ihren Bann gezogen. Die schlechte Stimmung vor dem Konzert ist im Nu wie weggeblasen.

Kurzweilige Routine

Musikalisch merkt man den alten Recken an den Instrumenten ihre jahrelange Erfahrung als gefragte Session-Musiker rund um Los Angeles an. Trotz des sich ständigen drehenden Besetzungskarussels sitzt und passt hier jede einzelne Note. Zu keinem Zeitpunkt kommt das Gefühl auf, dass sich die Besetzung um die Gründungsmitglieder Steve Lukather, David Paich, Steve Porcaro und David Hungate erst kürzlich (wieder) zusammengefunden hat. Dank jahrzehntelanger Erfahrung im Gepäck kochen Toto nicht bloß mit Wasser, sondern präsentieren ihr bekanntes Gourmetrezept aus niveauvollem Mainstream gewürzt mit Prog- und Jazz-Einlagen und jeder Menge Bombast.

Besonders Saitenhexer und Bandleader Lukather beweist vom ersten Moment an, warum er für viele als einer der besten Gitarristen des Planeten gilt. Er drückt der geradezu magischen Coverversion von Jimi Hendrix‘ “Little Wing“ seinen Stempel auf, lässt aber bei den anderen Stücken speziell den beiden Keyboardern Paich und Porcaro genug Freiraum, um sich auszuzeichnen. Dieses Wechselspiel zwischen Gesang, Gitarre und den Tasteninstrumenten unterlegt von innovativen Rhythmen zeichnete Toto von Anfang an aus. Daran hat sich auch nach beinahe vier Dekaden bei der von einem Sextett auf mittlerweile neun Leute angewachsenen Gruppe nicht viel verändert.

Alte und neue Gesichter

Der routinierte Joseph Williams am Mikrofon stellt eine echte Bereicherung für Toto dar, obwohl sich sein Arbeitspensum in Grenzen hält, weil Lukather häufiger den Leadgesang übernimmt und auch Paich und Porcaro einige Passagen beitragen. Wenn Williams jedoch gefordert ist, meistert er jede noch so schwierige Stelle in Liedern wie “Pamela“, “Rosanna“ und “Africa“ mit Bravour. Er bekommt dabei tatkräftige Unterstützung durch die gut aufgelegten Backgroundsänger Jenny McRae-Douglas und Mabvuto Carpenter. Stimmlich gehörten Toto sowieso schon immer zu den Besten im Rock- und Pop-Bereich. Das ist auch beim neuen Lineup weiterhin der Fall.

Der Drummer für diese Tour, Shannon Forrest, hat sicherlich den schwersten Stand, muss er doch in die großen Fußstapfen des viel zu früh verstorbenen Jeff Porcaro sowie des kürzlich ausgestiegenen Altmeisters Simon Phillips treten. Eigentlich ist Sting-Veteran Keith Carlock als neuer Toto-Schlagzeuger vorgesehen, wegen anderweitiger Verpflichtungen allerdings noch nicht mit von der Partie. Der studioerprobte Forrest macht seine Sache gut. Er spielt weitgehend unauffällig, aber sehr solide und songdienlich. Zusammen mit Rückkehrer David Hungate am Bass und dem Perkussionisten Lenny Castro bildet er eine Rhythmusgruppe mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks.

Frischzellenkur

Zwar haben Toto dieses Mal leider einige Übersongs wie “Home Of The Brave“, “Falling In Between“ oder “Jake To The Bone“ in der Schublade gelassen. Dafür präsentieren sie aber immerhin fünf Songs von ihrem gelungenen neuen Album “XIV“. Zu den Höhepunkten des Abends zählen die aktuelle Single “Orphan“, das seinerzeit schon auf Joseph Williams‘ Stimme zugeschnittene und live stark verlängerte “Pamela“ sowie die fulminante zweite Zugabe “White Sister“, während inspirierte Versionen der Klassiker “Hold The Line“, “Rosanna“ (inklusive ausgedehntem Jam) und “Africa“ für Gänsehaut sorgen und naturgemäß die größte Resonanz erzielen.

“Africa“ beendet dann auch ein – von den Startschwierigkeiten abgesehen – rundum gelungenes Konzert. Rein äußerlich mag das Gros der Bandmitglieder den Zenit bereits deutlich überschritten haben. Musikalisch präsentieren sich die gesetzten Herren nebst jüngeren Mitstreitern aber frisch wie eh und je. Sie scheinen weiterhin großen Spaß an der ganzen Sache zu haben. Die Runderneuerung hat der Gruppe spürbar gut getan. Ohne stagniert zu haben, besitzt sie nun wieder die Identität, die Lukather einst verloren glaubte, als er Toto vorübergehend auflöste. In dieser Form darf sich die Band letztlich mit ihrem endgültigen Ende auch gerne noch viel Zeit lassen.

Setlist

Running Out Of Time / I’ll Supply The Love / Burn / Stranger In Town / I Won’t Hold You Back / Holy War / Hold The Line / Takin’ It Back / Never Enough / Pamela / Without Your Love / Little Wing / Great Expectations / The Road Goes On / Orphan / Rosanna // The Muse / White Sister // Africa

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