The Dillinger Escape Plan sorgten in Berlin für Chaos in Sondergröße

The Dillinger Escape Plan sorgten in Berlin für Chaos in Sondergröße © Marcel Benoit

Krachende Chaoscore-Riffs, urbanes Gebrülle und Strobo-Power ohne Ende: Im ausverkauften Berliner Lido lassen The Dillinger Escape Plan so richtig die Fetzen fliegen. Nach fünfundsiebzig Minuten voller fliegender Flaschen, schwebender Körper und blauer Flecken wollten die Zuschauer nur noch eines: raus.

Als die Mädels von Deathcrush bereits ihre Sachen packen und die Bühne räumen, zieht sich vor der Eingangstür des Berliner Lido-Clubs noch eine zwanzig Meter lange Menschenschlange bis zur angrenzenden Hauptstraße. Verpasst haben die Nachzügler allerdings nur wenig; denn die Alternative-Newcomer aus Norwegen wirken an diesem Abend etwas fehl am Platz.

Die Masse blickt geradeaus

Zehn Minuten später ändert sich die Stimmung jedoch schlagartig. Die englischen Post-Rocker von Maybeshewill entern die Bühne und sorgen – vor mittlerweile vollem Haus – für erste kollektive Tanzeinlagen vor der Bühne.

Der voluminöse Instrumental-Sound der Briten legt sich wie ein atmosphärischer Post-Rock-Schleier über die staunenden Anwesenden. Der Barbereich ist leergefegt und auch in der Smoking-Area sucht man vergebens nach süchtigen Zweibeinern. Die Masse blickt geradeaus und zeigt sich entzückt vom melodisch verschrobenen Treiben des Quintetts aus Leicester.

Wie ein fleischgewordener Hardcore-Flummi

Nach einer Dreiviertelstunde verabschieden sich die Insulaner unter tosendem Applaus. Zeit für den Hauptgang. Der lässt sich allerdings noch etwas Zeit, ehe um kurz vor zehn ein pumpendes Intro den Einmarsch der Hauptdarsteller des Abends einläutet.

Mit dem fulminanten Prancer legen The Dillinger Escape Plan dann auch gleich richtig los. Von Beginn an hüpfen und springen die Verantwortlichen auf der Bühne wie Derwische hin und her. Auch unter den Fans gibt es bereits nach wenigen Sekunden kein Halten mehr. Alles dreht sich. Alles bewegt sich.

Vor allem Gitarrist Ben Weinman kriegt seine körperlichen Zuckungen nur schwerlich unter Kontrolle. Immer wieder springt der Mariachi wie ein fleischgewordener Hardcore-Flummi auf und ab und lässt dabei sein Arbeitsgerät wie Hula-Hoop-Reifen um die verschwitzte Taille kreisen.

Akustische Bulldozer

Die Fans bedanken sich mit ohrenbetäubendem Lobgebrüll und senden gleich zu Beginn diverse Stagediver aus. Während sich vertrackte Chaoscore-Strukturen wie akustische Bulldozer durch die Boxen zwängen, setzen zwei kleine Projektionsleinwände neben dem Schlagzeug zusätzliche Reize.

Augen und Ohren werden gleichermaßen auf eine harte Bewährungsprobe gestellt. Doch die schwitzenden Leiber im ausverkauften Haus wollen genau das serviert bekommen.

Nichts wie raus hier

Und so lassen sich an diesem Abend alle Beteiligten bis zum Äußersten gehen. 75 Minuten – vollgepackt mit fliegenden Flaschen, schwebenden Körpern und etlichen blauen Flecken.

Erst als sich das letzte berstende Mathcore-Riff im flackernden Strobo-Gewitter aus dem Saal verabschiedet, stehen die zahllosen halbvollen Bierbecher auf der Theke wieder still. Jetzt nichts wie raus hier – frische Luft schnappen und Wunden lecken.