Roger Waters (live in Mannheim 2018)

Roger Waters (live in Mannheim 2018) © Rudi Brand

Der Streit zwischen Roger Waters und seinen Ex-Bandkollegen David Gilmour und Richard Wright hat seine Ursache wohl auch in völlig konträren Einschätzungen zum Pink Floyd-Klassiker "Dark Side Of The Moon". Nicht zuletzt lösten sie die heftigen Angriffe von Gilmour-Ehefrau Polly Samson aus.

Es darf mit Fug und Recht als Frontalangriff gewertet werden, den Polly Samson – die Ehefrau des Pink Floyd Gitarristen David Gilmour, in der vergangenen Woche gegen Roger Waters gestartet hat. So langsam kristallisiert sich auch die Ursache klarer heraus.

In deutschsprachigen Medien wurde ein Interview von Waters mit der Berliner Zeitung als Ursache angesehen (das Waters auch in englischer Übersetzung auf seiner Homepage veröffentlichte), in Wirklichkeit ist wohl ein Gespräch mit dem britischen Daily Telegraph, das Samson zur Explosion brachte.

Persönlich betroffen

Für viele Beobachter ist es reine Überraschung, dass Polly Samson sich derart offensiv in der Öffentlichkeit äußert. Die noch größere Überraschung ist die offene Unterstützung von David Gilmour, der die Giftspritzen von Waters so gut wie nie kommentiert hat. Beide sind übrigens persönlich vom Ukraine-Krieg betroffen: Ihre Schwiegertochter ist Ukrainerin und floh nach dem russischen Angriff.

Die Unterstützung Roger Waters für den russischen Despoten Putin ist hier nur einer der Gründe für den Ausbruch. Das Fass zum Überlaufen gebracht haben wohl die Aussagen zur künstlerischen Arbeit ihres Gatten.

Unterschiedliche Herangehensweisen

Wie kam es zu dem brisanten Interview?  Die Veröffentlichung von "Dark Side of the Moon" jährt sich im März 2023 zum fünfzigsten Mal, deshalb rühren sowohl die beiden verbliebenen Mitglieder von Pink Floyd als auch Roger Waters mächtig die Werbetrommel.

Während Gilmour und Mason eine neue Sonderedition des erfolgreichsten Rockalbums aller Zeiten auf den Markt bringen, hat sich Waters dazu entschlossen, das Album komplett neu aufzunehmen. Im Zuge dessen entstand offenbar das Interview mit dem Telegraph.

Angriff auf die Bandmitglieder

Darin betont der Bassist, dass er das Album allein geschrieben hätte und den anderen Mitgliedern die Credits geschenkt hätte. "Ich habe 'The Dark Side of the Moon' geschrieben. Lasst uns diesen ganzen 'Wir'-Mist loswerden! Natürlich waren wir eine Band, wir waren zu viert, wir haben alle beigetragen – aber es ist mein Projekt und ich habe es geschrieben. Also… bla!".

Über die Songwriterqualitäten seiner ex-Kollegen sagt er: "Sie können nicht schreiben. Nun, Nick hat nie so getan. Aber Gilmour und Rick? Sie können keine Songs schreiben, sie haben nichts zu sagen. Sie sind keine Künstler. Sie haben keine Ideen, nicht eine einzige. Das hatten sie noch nie, und das macht sie verrückt."

Stetige Verschlechterung

Dass das Verhältnis von Gilmour und Waters sich nach dem gemeinsamen Auftritt beim Londoner "The Wall"-Konzert 2011 wieder extrem abgekühlt hat, ist offenkundig. Ob es um die Präsenz auf der Internetseite von Pink Floyd oder die Problematik um die Neuveröffentlichung von "Animals" ging, Waters hat immer schärfer Richtung David Gilmour geschossen. Besonders verwunderlich ist jedoch die Schmälerung des Anteils von Rick Wright.

In seinem Nachruf auf den 2008 verstorbenen Keyboarder klang das noch ganz anders:

"Was den Mann und seine Arbeit betrifft, so kann man die Bedeutung seiner musikalischen Stimme im Pink Floyd der 60er und 70er Jahre kaum genug betonen. Die faszinierenden, vom Jazz beeinflussten Modulationen und Voicings, die in 'Us and Them' und 'Great Gig in the Sky' so vertraut sind und diesen Kompositionen sowohl ihre außergewöhnliche Menschlichkeit als auch ihre Majestät verliehen, sind in all der gemeinsamen Arbeit von uns vier allgegenwärtig in jenen Zeiten. Ricks Ohr für harmonische Progression war unser Fundament."

Warum wurde "Dark Side of the Moon" nun neu aufgenommen? Die Menschen hätten 50 Jahre lang das Album nicht verstanden. Darum hat er mit seiner aktuellen Band die Platte neu eingespielt und fast vollständig auf rockende Gitarren verzichtet. "Es ist ein bisschen, als würde man Queen Mum neu erschaffen wollen", sagte er dem Rolling Stone.

Wenden sich die Fans ab?

Die wirren Aussagen zum Ukraine Krieg, seine Unterstützung des BDS und die Diskussion um die Absage von Konzerten, sorgen auch in Fankreisen für Aufruf. Werner Haider, einer der Mitbegründer des Progrock Magazins "Eclipsed" und heute Betreiber der Webseite "Pulse & Spirit" ist Pink Floyd Experte.

Er lässt kein gutes Haar an Waters und krititisiert die Entscheidung "Dark Side of the Moon" neu aufzunehmen: "Wir kennen seine Motivation: Es geht ihm darum den anderen Credits wegzunehmen? Den anderen auszurichten, dass sie keine Künstler sind und nie welche waren. Dazu gibt es echt nichts mehr zu sagen. Er hat sich vollkommen ins Aus manövriert."

"Mit seinen Aussagen hat er viele Menschen vor den Kopf gestoßen und ich glaube es gibt Fans die sich abwenden und auch seine Konzerte nicht besuchen werden", erklärt der Österreicher gegenüber regioactive.

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