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Santiano (live in Mannheim 2018) © Rudi Brand

Santiano sind mit ihrer Seemänner-Musik wohl die am wenigsten kontroverse Band des Landes - könnte man glauben. Aber seit längerem distanziert sich die Band von rassistischem und rechtem Gedankengut. Das hat ihr jetzt einen Shitstorm eingebracht.

Deutsche Männer, die von Seefahrt und Heimat singen – der perfekte Soundtrack für AfD-Wähler und andere rechte Gesinnungsgenossen? Weit gefehlt! Santiano haben dazu eine ganz andere Auffassung, namentlich Sänger Björn Both.

Both distanziert sich regelmäßig mit unmissverständlichen Worten von allen Versuchen rechter Gesinnungsträger, die Musik von Santiano für ihre Zwecke zu vereinnahmen. Er betont mit Blick auf die deutsche Geschichte und aktuelle Entwicklungen auf der Welt, dass Freiheit nicht plötzlich verschwinde, sondern oft freiwilig abgewählt werde. Das sei in Europa schon geschehen und drohe auch in Deutschland.

Rechtes Theater

Als freiheitsgefährdend betrachtet Both in Deutschland die AfD, die er als "Arschlöcher" tituliert. Auf Facebook empören sich Fans oder auch einfach nur Leute, die auf seine Äußerungen in einem rechten Blog aufmerksam geworden sind, über seine Haltung.

Sie behaupten, Konzertkarten verbrannt zu haben (ob vor oder nach dem Konzertbesuch ist nicht klar) oder CDs in die Mülltonne geworfen zu haben (dabei sind die doch getrennt zu entsorgen). Das ganze Theater ist von rassistischen Äußerungen durchzogen, die deutlich machen, dass Both mit seiner Distanzierung ins Schwarze getroffen hat.

Der Kapitän spricht

In seinen eigenen Worten liest sich das so: "Wenn wir den ein oder anderen Unentschlossenen davon abhalten können, mit einzustimmen, in den unerträglichen Chor der immer lauter werdenden Polemiker, rassistischen Demagogen und Populisten, die wie Pilze aus dem Boden schießen und von denen mir niemand erzählen kann, es wären ausschließlich um dieses Land besorgte Menschen – nee – da sind Leute am Start, die glauben, dass jetzt ihre Zeit gekommen ist um endlich das zu tun, was sie schon immer tun wollten. Und dazu machen wir NICHT den Soundtrack. Wir haben keinen Bock uns von denjenigen missbrauchen zu lassen, die uns nur mit halbem Ohr zuhören oder uns auch ganz bewusst nicht verstehen (wollen)."

Eine schwierige Balance

Ganz so einfach ist die Sache aber offensichtlich nicht, denn Both steht ja nicht alleine auf der Bühne. Nachdem der Shitstorm bei Facebook losbrach, haben Santiano angekündigt, künftig auf politische Botschaften zu verzichten.

Dagegen erhoben sich Stimmen des Bedauerns, die an Santiano gerade ihre Weltoffenheit und ihren Einsatz gegen Rechtsextremismus schätzen.

Bei ihrem Konzert in der SAP Arena in Mannheim hielten sich Santiano daran. In seinem Logbuch macht Both deutlich, dass dieser Beschluss das Ergebnis einer demokratischen Mehrheitsentscheidung der Band sei, den er mitträgt. Es wird aber auch deutlich, dass er eine andere Meinung vertritt. Dennoch hat er sein Ziel erreicht, klarzustellen, dass Santiano ungeeignete Beschallung für den nächsten AfD-Parteitag sind.

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