Impressionen (live bei Rock am Ring 2012-Sonntag)

Impressionen (live bei Rock am Ring 2012-Sonntag) © Tom Teubner

Kurz vor dem Start des diesjährigen Festivals kam der Schock für alle Fans: Rock am Ring findet zum letzten Jahr am Nürburgring statt, der neue Betreiber der Rennstrecke hat den Vertrag mit der Marek Lieberberg Konzertagentur gekündigt. Doch für Ersatz ist schon gesorgt: das neue Festival "Grüne Hölle" soll am traditionellen Ring-Wochenende Anfang Juni stattfinden. Mit der Konfrontationsstrategie gehen beide Seiten hohes Risiko.

Es gleicht schon einer Seifenoper, was sich gerade in der Eifel abspielt. Bereits letzte Woche wurde bekannt, dass Rock am Ring, Deutschlands traditionsreichstes und größtes Festival, sein dreißigjähriges Jubiläum im nächsten Jahr nicht mehr am Nürburgring feiern wird: Der Autozulieferer Capricorn, neuer Betreiber der Rennstrecke, hat den Vertrag mit dem Veranstalter Marek Lieberberg gekündigt. 

Grund, so gab Lieberberg in einer Pressemitteilung bekannt, sollen finanzielle Unstimmigkeiten gewesen sein: Capricorn forderte angeblich eine wesentlich höhere Beteiligung an den Gewinnen aus Rock am Ring, denen die Konzertagentur nicht nachkommen wollte. Daraufhin sei der Vertrag von Capricorn gekündigt worden. Von Seiten des Rennstreckenbetreibers gab es dazu allerdings keine Stellungnahme.

Auffällig schnell: Ersatz ist schon gefunden

Doch bereits letzte Woche sickerte durch: Das Aus für Rock am Ring an der traditionsreichen Rennstrecke ist zwar besiegelt, allerdings soll es auch in Zukunft ein Festival am Nürburgring geben. Capricorn hat in erstaunlich kurzer Zeit einen neuen Musikpartner aus dem Hut gezaubert, nämlich die Deutsche Entertainment AG (DEAG) aus Berlin. Ihren Unmut darüber machten die Rock am Ring-Betreiber auf der offiziellen Facebookseite des Festivals Luft:

"Die DEAG und ihr gerade akquirierter englischer Veranstalter Stuart Galbraith sind mit Wahrscheinlichkeit die frischgekürten Helfershelfer im Nürburgring-Dschungelcamp. Ziel könnte es sein, das bereits am Hockenheimring vor Jahren von mäßiger Zuschauerresonanz begleitete und dort nicht mehr fortgesetzte Sonisphere Festival zu reanimieren. Dem Hardrock-Open Air war bisher an kaum einem der wechselnden Austragungsorte ein wirklich nachhaltiger Erfolg beschert. In Wacken soll es wegen dieser potenziellen Kamikaze-Aktion bisher zu keiner Panik gekommen sein."

Dieser motzige Post kam selbst bei den eingefleischten Rock am Ring-Fans gar nicht gut an: "Die Nummer hier riecht stark nach beleidigter Leberwurst!" oder "Das klingt so verbittert!" waren die häufigsten Kommentare auf die Stellungnahme. Fest steht mittlerweile auch: Mit der Annahme, das Sonisphere könnte die Nachfolge von Rock am Ring antreten, lag man ebenfalls falsch.

Wie geht es am Nürburgring weiter?

Jetzt gibt es weitere Einzelheiten über das neue Festival am Nürburgring, und damit auch neuen Zündstoff für den Konflikt zwischen MLK und dem neuen Veranstalter Deag:

Wie kürzlich bekanntgegeben wurde, soll das neue Festival "Grüne Hölle" nun zum Konzertereignis am Nürburgring werden. Das Pikante an der Sache: Der Termin für das nächste Jahr steht bereits fest, nämlich das erste Wochenende im Juni – seit Jahrzehnten der traditionelle Termin für Rock am Ring. Die "Grüne Hölle" hat sogar schon eine Website, hier findet sich bisher allerdings nicht mehr als das Datum und ein Anmeldeformular für den Newsletter.

Für den kommenden Dienstag, also ein Tag, nachdem die letzten Ringrocker von dannen gezogen sind, ist eine Pressekonferenz am Nürburgring angesetzt, bei der nähere Einzelheiten bekanntgegeben werden sollen. Klar ist schon jetzt: Gemeinsam mit Peter Schwenkow, dem Geschäftsführer der Deag, wird Ossy Hoppe das Festival "Grüne Hölle" ausrichten.

Insider-Wissen und die ganz großen Bands

Hoppe ist ehemaliger Geschäftspartner von Marek Lieberberg und hat damit nicht nur die nötige Erfahrung, sondern auch die nötigen Connections. Im Interview mit Spiegel Online sagte Schwenkow: "Ossy bringt eine Menge Expertise mit, denn er ist der wahre "Monsters of Rock"-Mann. Die Metallica-Konzerte, Iron Maiden, Black Sabbath, Aerosmith – alles Ossy-Hoppe-Künstler"

Damit wäre es also amtlich: Die "Grüne Hölle" wird mit Rock am Ring nicht nur um die Zuschauer, sondern auch um die Künstler konkurrieren. Außerdem tritt die Deag spätestens mit Ossy Hoppe als Trumpf im Ärmel dem Großmeister Marek Lieberberg höchstpersönlich auf die Füße.

Das Programm

Auch ansonsten haben die neuen Veranstalter der "Grünen Hölle" in der Vergangenheit ein wachsames Auge auf das Treiben rund um Rock am Ring geworfen: Laut Schwenkow soll das bisherige Erfolgskonzept des Mega-Festivals übernommen werden, mit geringen Änderungen in der Preispolitik und musikalischen Ausrichtung.

Zum einen sollen die Preise mindestens stabil bleiben oder sogar etwas günstiger werden, zum anderen will man sich wieder stärker auf Rockmusik festlegen. Damit greift er die beiden größten Kritikpunkte an Rock am Ring aus den letzten Jahren auf: die Jahr für Jahr steigenden Preise und das immer breiter gefächerte Line-Up, das vielen alteingesessenen Besuchern in den letzten Jahren zu wenig Rock bot.

Und was wird aus Rock am Ring?

Das heimatlose Rock am Ring muss sich derweil nach einer neuen Bleibe umsehen. Drei verschiedene Locations waren seit letzter Woche besonders im Gespräch: Der Hockenheimring, der Lausitzring und das JHQ-Gelände, ein ehemaliges Militärareal in Mönchengladbach.

Anscheinend hat sich Konzertbetreiber Marek Lieberberg bereits entschieden: Das JHQ-Gelände in Mönchengladbach soll wohl neuer Standort für Rock am Ring werden. Zwar hätte man dort dann keinen wirklichen "Ring" mehr, die Veranstaltung stünde aber auch nicht in Konkurrenz zu anderen Lieberberg-Events wie dem "Rock'n'Heim"-Festival am Hockenheimring. Bis es aber zu einem offiziellen Statement kommt, müssen noch jede Menge Auflagen erfüllt und Anträge gestellt werden.

Schlammschlacht mit fadem Beigeschmack

Was erwartet uns also im kommenden Jahr? Zwei Festivals zum selben Zeitpunkt, die sich wohl mit allen Mitteln der Kunst um die Zuschauer und um die Künstler zanken werden. Viele Musiker, Manager und Agenturen werden durch diese Entscheidung in eine schwierige Situation gebracht. Der bevorstehende "Krieg der Festivals" wird Freundschaften und Geschäftsbeziehungen vor eine harte Bewährungsprobe stellen. Die Zuschauer müssen ebenfalls entscheiden, welcher Veranstaltung sie ihr Vertrauen schenken. 

Wer in dieser Schlammschlacht letztendlich die Nase vorne haben wird, ist jetzt noch nicht abzusehen. Mit ihrer Konfrontationsstrategie gehen beide Seiten jedenfalls ein gehöriges Risiko ein: dass beide Festivals auf Dauer friedlich nebeneinander bestehen können, glaubt wohl niemand.

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