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Okta Logue (live auf dem Maifeld Derby in Mannheim, 2016) © Achim Casper

Okta Logue spielen zum Abschluss ihrer erfolgreichen "Diamonds and Despair"-Tour vor einem restlos begeisterten Heimpublikum in ihrem "Wohnzimmer", der Darmstädter Centralstation, und befinden sich doch auf dem Weg zu noch größeren Aufgaben.

Seit Wochen ist die Centralstation in Darmstadt bereits ausverkauft. Alle wollen zum Tourneeabschluss die Rockband Okta Logue aus dem Vorort Griesheim sehen, die von Platte zu Platte an nationaler aber auch internationaler Anerkennung gewinnt.

Ωracles als Vorgruppe

Zunächst haben sich Okta Logue aber die "Indie-Lieblinge der Stunde" als Vorband eingeladen und Ωracles stellen in ihrem halbstündigen Set nochmals eindrucksvoll ihre Sichtweise einer Transformation krautverwurzelter 70s-Ästhetik ins Hier und Jetzt dar.

Die Songs des Debütalbums vom Frühjahr besitzen live eine wesentlich höhere Dynamik und Durchschlagskraft als in ihrer Studiofassung. Das Publikum feiert den Support fast wie einen Hauptact und so bereitet man harmonisch das Feld für Okta Logue.

Der Okta Logue-Sound

Pünktlich um 22:00 Uhr legen die beiden Herz-Brüder, Philipp Meloi und Tastenneuzugang Max Schneider mit "One Way Ticket To Breakdown" los – und sofort ist er da, der infizierende, schwebende 70s Breitwandsound, den diese Band so perfekt reanimiert und für sich neu definiert hat. Alle Stärken dieser Band werden bereits hier prächtig herausgestellt.

Benno Herz am Bass und Leadgesang und Bruder Robert am Schlagzeug bilden ein solides Fundament, auf dem sich Philipp Meloi als Reinkarnation des klassischen 70s Gitarrengotts sowie Keyboarder und Backgroundsänger Max Schneider gegenseitig dazu animieren den Sound meterhoch abheben zu lassen. Besonders Meloi dominiert dabei gekonnt den Bandsound mit einer Leadgitarre, die nicht enden wollende Salven abfeuert und dabei Erinnerungen an David Gilmour zu dessen innovativster Zeit 1970-73 weckt.

Breites Repertoire und Publikum

Es folgt ein 135-minütiger Querschnitt aus dem gesamten Schaffen der Band. Egal ob "Transit", "Let Go" oder "Just To Hear You Sleep" von ihrer ersten Platte 2011, die Stücke grüßen wie alte Freunde, deren Besuch man kaum erwarten kann.

Das Publikum beinhaltet neben sehr vielen jungen Zuhörern (Schüler, Studenten), den Familien und Freunden der Musiker auch sehr viele Altfans von Pink Floyd sowie ergraute Liebhaber von Progressivacts wie Eloy, Nektar oder Mythos. Auf Okta Logue können sich im Moment sehr viele einigen, so scheint es.

Unpeinliches Englisch und Retro-Outfit

Deutsche Acts, die ernsthaft in englischsprachiger Rockmusik machen, hatten es in Bezug auf weltweite Aufmerksamkeit schon immer schwer. Diese Hürde meistert Benno Herz mit Bravour. Man kauft der Band die englischen Lyrics, deren Inhalte und den Vortrag ab. Gleiches gilt für ihren definitiv rückwärtsgewandten Look mit weißer Schlaghose und Blümchenhemd.

Optik, Haltung und Stimmungstransport sind bei Okta Logue eine Gesamt-Kunstausdrucksform und das nicht nur dem oft bemühten Ausdruck "Original Vintage" willens. Lediglich bei seinem Robbie Williams-Moment ohne prägnanten Bass um die Schulter und mit Funkmikro und akustischer  Begleitung merkt man Sänger und Bassist Benno Herz an, dass er sich außerhalb seines gewohnten Terrains bewegen muss.

Neue Einflüsse bei "Diamond & Despair"

Damit das Ganze aber nicht zum reinen Retroact gerät hat die neue Platte "Diamonds and Despair" die Perspektive auf einen poppigeren Sound geöffnet. Das lag der Band am Herzen, denn auch neuere Elektronik-Bands wie Air zählen zu ihren Einflüssen.

Dafür dürfte sich auch Max Schneider an den Tasteninstrumenten verantwortlich zeigen, der dem aktuellen Titelsong oder "Pitch Black Dark" einen extrem eingängigen Anstrich verpasst. Die Songs werden frenetisch gefeiert und die ausverkaufte Centralstation wirkt beseelt und stolz auf die Heimkehrer.

Dankbarkeit und großes Finale

Benno Herz zeigt sich bei seinen Ansagen voller Dankbarkeit ob der immer größer werdenden Resonanz, welche die Band allerorten erfährt. Okta Logue wissen, woher sie kommen und sie haben Lust auf diesen letzten Abend der Tour. So fällt die Zugabe länger aus als bei der gesamten Tournee zuvor und beinhaltet "Decay" vom Debut mit Gastposaunist.

Dann spielt die Band mit Tourgitarrist Max "Hotel California" von den Eagles mit drei Gitarren wie es Felder, Walsh und Frey einst taten und Benno Herz trifft die Tonlage von Don Henley, was Staunen bei den Altfans auslöst!

Mehr als Nostalgie

Auch das mächtige "Distance", das sich wie eine Krake aufbaut, bei dem sich Gitarre und Bass duellieren und wie Tentakel ineinander verhaken, sorgt für große Euphorie zum Abschluss. So funktioniert Retro-Rock, der Musikhörer erreicht und mitnimmt ohne in Nostalgie zu verharren.

Benno Herz verspricht zum Abschluss, dass man sich sofort an den nächsten Longplayer setzen werde und nicht wieder 3 Jahre dafür brauchen möchte. Das hoffen auch die knapp 1.000 glücklichen Fans in der Centralstation, von denen etliche noch ein Glas Honig von Hobbyimker Robert Herz am Merchandise-Stand erstehen. Es hat etwas Wärmendes, nach Hause zu kommen.

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