Robert Plant (3.v.l.) kommt 2014 nach Dresden und Berlin

Robert Plant (3.v.l.) kommt 2014 nach Dresden und Berlin © Wizard Promotions

Komischerweise fragt niemand Robert Plant, ob er ans Aufhören denkt. Das könnte daran liegen, dass der 65-jährige immer noch auf der Suche nach aufregender Musik ist und die Hits der Vergangenheit nicht einfach nur nachspielt. Zu erleben war das lohnenswerte Ergebnis im Stadtpark Hamburg.

Da hängen sie, die Dinosaurier des Rock'n'Roll, gedruckt auf großen Leinwänden links und rechts der Bühne: John Fogerty, Billy Idol, Jeff Beck, Alan Parsons. Es sind nur einige der Namen, die diesen Sommer auf der Hamburger Stadtparkbühne auftreten.

Während sich die größten Dinos des Rock'n'Roll, die Rolling Stones, gerade auf der xten Abschiedstournee befinden, hat man Robert Plant noch nie gefragt, ob er denn nicht langsam mal ans Aufhören denkt. Was kaum daran liegen wird, dass er mit seinen 65 Jahren im Vergleich zu Jagger und Richards beinahe ein Jungspund ist.

Periodische Neuerfindung

Schon eher daran, dass sich der Sänger alle paar Jahre neu erfindet. Tourte er 2007 noch mit der Countrysängerin Alison Krauss, war er Anfang der 10er Jahre mit der Band of Joy unterwegs, eine Gruppe von Studio-Assen aus Nashville. 2012 tat Plant sich erneut mit den englischen Musikern Justin Adams und John Baggott zusammen, mit denen er seit zwölf Jahren immer wieder arbeitet. Zusammen mit vier anderen Instrumentalisten bilden sie die Sensational Space Shifters.

Punkt halb neun tritt die Band auf, ein vollbärtiger Gitarrist undefinierbaren Alters stimmt auf einer Akustikgitarre einige Flamenco-Akkorde an. Robert Plant betritt die Bühne, wie der Rest der Band ganz in schwarz gekleidet. Erst jetzt wird klar: es ist "Babe, I'm Gonna Leave You", für den Joan Baez anders als 1969 mittlerweile ihre verdienten Songwriting-Credits erhält. Eine werktreue, bewegende Version, wie sie Plant in seiner 30jährigen Solokarriere wohl selten besser hinbekommen hat.

Country'n'eastern

"Welcome to an evening of country'n'eastern", begrüßt Plant das heckenumkränzte Halbrund. Als Sänger von Led Zeppelin hat er ja angeblich den Heavy-Metal erfunden, mit den Space Shifters möchte er nun nach eigener Aussage die "roots music of Mississippi, Gambia, Bristol and the foothills of Wolverhampton" vereinen.

Fast die Hälfte der Songs an diesem Sommerabend hat Plant ursprünglich mit Led Zeppelin aufgenommen, zwischen 1969 und 1971. Doch genauso gut hätte er sie für sein 2005er Album "Mighty Rearranger" geschrieben haben können. Keiner dieser Klassiker, ob "What Is and What Should Never Be" oder die unvermeidliche Zugabe " Rock and Roll" klingt wie die Originalaufnahme. Plant kocht sie mit seiner fabelhaften Band zu einem perkussiv blubbernden Eintopf mit African Dance, elektronischen Beats und Delta Blues ein.

Westafrika trifft auf Tennessee

Während der minutenlang unerkannt bleibenden Version von "Black Dog" betritt der gambische Multiinstrumentalist Juldeh Camara die Bühne. Der Klang seiner Ritti, einer einsaitigen afrikanischen Violine ist gleichermaßen betörend und anregend, man wähnt sich zugleich auf einem Marktplatz in Westafrika und bei einem Lagerfeuer-Tänzchen in Tennessee.

John Baggott an den Keyboards war einmal, genau wie Bassist Billy Fuller, Teil von Massive Attacks Tourband. Sein Fender-Rhodes-Spiel, seine Beats und Loops mogeln kaum merklich düster-psychedelische Untertöne in den Sound der Band. An der E-Gitarre findet sich mit Justin Adams ein Poser in bester Jimmy-Page-Tradition.

Mann undefinierbaren Alters

Und dann wäre da noch der Gitarrist undefinierbaren Alters. Sein Name ist Skin Tyson, in den 90ern war einmal bei der Britpop-Band Cast. Tyson sieht trotz seiner 44 Jahre älter aus als Plant, was vor allem am grauen Endlos-Bart liegen dürfte.

Der Mann wechselt vor beinahe jedem Song die Gitarre und hat stets die passenden Sounds parat, ob Slideguitar oder Countrytwang. Absoluter Höhepunkt ist sein Spiel bei "Going to California", bei dem er mit Westerngitarre und Adams als Sidekick an der Mandoline Plants Gesang begleitet.

Keine Oldie-Jukebox

Seit 1993 war Plant nicht in Hamburg, das ist selbst in einer bald fünfzigjährigen Karriere eine lange Zeit. Seine Fans sind seitdem dieselben geblieben, viele graue Köpfe mit Led Zeppelin T-Shirts haben sich im eher mäßig gefüllten Stadtpark eingefunden. Wer pro Jahr nur auf ein Konzert geht, geht eben zu den Stones. Und unter jüngeren Musikfreunden hat es sich offenbar noch nicht herumgesprochen, dass Plant viel mehr ist als die Oldie-Jukebox, die eine Zeppelin-Reunion ohne Zweifel wäre.

Nach 13 Songs und exakt 90 Minuten ist Schluss, letzter Song vor den Zugaben ist "Whole Lotta Love". Jeder hier im Park hat das Riff hunderte Male gehört, gesummt und gepfiffen.

Aufregende Musik als Lebensziel

Aber Plant wäre nicht Plant, wenn er den Song einfach nur nachspielen würde. Minutenlang dauert das Mississippi-Blues-Intro des sensationellen Skin Tyson, und kurz baut die Band sogar Bo Diddleys "Who Do You Love" in das Medley ein. Als das bekannte Riff einsetzt, juchzt der Stadtpark auf.

Robert Plants neue Platte mit den Sensational Space Shifters kommt im September. Wer ihn bei den dann anstehenden Interviews nach einer Led Zeppelin-Reunion oder gar dem Ruhestand fragt, hat nicht verstanden, dass dieser junge Mann aus Staffordshire, England einfach nur neue, aufregende Musik machen möchte.

Alles zu den Themen:

robert plant led zeppelin