Pete Doherty (Berlin Festival 2009)
Foto: Simon Chrzanowski

Pete Doherty (Berlin Festival 2009) Foto: Simon Chrzanowski

Nach einer einjährigen Pause fand am vergangenen Wochenende wieder das Berlin Festival statt. Als Location wurde diesmal das geschichtsträchtige Gelände des ehemaligen Airports Tempelhof ausgewählt. Nach dessen Schließung gab es große Diskussionen um die Zukunft von Tempelhof, auf dem zu Zeiten der Luftbrücke die berühmten Rosinenbomber landeten. Tempelhof als Location war eine Entscheidung, die Stärken und Schwächen mit sich brachte.

{image}Diskutiert wurde viel: Plötzlich wollte man in Tempelhof wieder "Woodstock" auferstehen lassen, die Modemesse "Bread & Butter" veranstalten oder Museen eröffnen. Doch nun fand erstmal das Berlin Festival dort statt. In der Tat bildet das Areal des Flughafens, mit all seiner Weitschweifigkeit und grenzenlosen Größe, für solch ein Festival die perfekte Location. Schade nur, dass an beiden Tagen weite Bereiche des Flughafens mit Zäunen abgegrenzt waren, denn ansonsten hätten die Festivalbesucher, anstatt ausschließlich auf dem harten Asphalt, auch dort auf den weichen Rasenflächen neben den Rollfeldern sitzen können. So aber spielte sich das Geschehen größtenteils in der Vorhalle, dem ehemaligen Restaurant, dem vorderen Rollfeld sowie unter den Hangars ab. Ein Umstand, der dazu führte, dass das Festival absolut regendicht war. Oder besser gesagt: Ein Indoor-Festival an der frischen Luft!

{image}Dass das allerdings nicht gerade förderlich für den Sound war, das bemerkte man spätestens, als man den Eingang des Hangars betrat, wo sich die Mainstage befand. Der Sound dort erwies sich als Enttäuschung, sehr hallend und matschig, so dass die Stimmen vieler Musiker nur schwer verständlich waren. Am zweiten Tag des Festivals besserte sich dies jedoch etwas. In musikalischer Hinsicht stand am ersten Festival-Tag, dem Freitag, vor allem eine Frage im Raum: Kommt Pete Doherty – oder kommt er nicht? Denn bekanntlich lässt der als Ex-Freund von Kate Moss und durch Drogenexesse bekannte Musiker, der sein jüngstes Soloalbum Grace/Wastelands unter seinem Geburtsnamen Peter Doherty veröffentlicht hat, ja gerne mal das ein oder andere Konzert unangekündigt ausfallen. Glück für die Zuschauer: An diesem Abend nicht.

{image}Der Babyshambles-Sänger hatte mal wieder seinen eigentlichen Flug verpasst, kam aber zusammen mit zwei Tänzerinnen dennoch pünktlich um halb Eins auf die Bühne. Dort präsentierte er sich in schwarzem Anzug, weißem Hemd, Krawatte und Hut zwar etwas müde, aber dennoch aufgeschlossen und besonders an den Huldigungsgeschenken interessiert, die ihm aus dem Zuschauerraum auf die Bühne zugeworfen wurden. Dabei fielen auch ein paar deutsche Worte und wenn man bedenkt, dass er im Laufe des mehr als einstündigen Konzerts mit Solostücken wie Last Of The English Roses, aber auch mit älteren Stücken seiner früheren Bands wie Can’t Stand Me Now von den Libertines sowie Delivery von seiner aktuellen Band Babyshambles, ganz alleine die Masse zum Jubeln brachte, dann merkt man, welch ein unglaubliches Talent er als Entertainer und Musiker besitzt.

{image}Ebenfalls am Freitag auf der Bühne aktiv: Crystal Antlers, bei denen dem Sänger diesmal nicht, wie noch vor ein paar Monaten in Berlin, die Stimme wegblieb. Dear Reader, deren Sängerin immer noch so natürlich wie eh und je wirkt. These New Puritans, die ebenfalls einen ordentlichen Auftritt hinlegten, sowie der das Publikum mitreißende deutsche Rapper Dendemann, der passend zum eher schwachen Sound fragte, ob man ihn überhaupt verstehen könne. Dazu noch vom Publikum eher unbemerkt vorbeirauschende Auftritte von Junior Boys und Saint Etienne. Der erste Tag klang schließlich mit einer perfekt choreographierten Lightshow von Moderat sowie einem DJ-Set von Peaches aus.

{image}Der Berlin Festival-Samstag wurde vor allem durch den Auftritt des mit der Gruppe Pulp bekannten Popstars Jarvis Cocker und von dem wohl beinahe letzten Live-Konzert der sympathischen deutschen Band Deichkind geprägt. Während Jarvis Cocker die Zuschauer vor allem durch seinen Gesten verzauberte, wurde das Publikum bei den bunt-bekleideten Deichkind mit viel Remmidemmi, Schlauchbooten und energischen Beatklängen in Ekstase versetzt. Den Weg dorthin bereiteten zuvor schon die Britpopper The Rifles mit ihren Ohrwürmern, The Thermals mit viel Talent, Zoot Woman und Health mit epischen Klängen. Schließlich feierten die Festivalbesucher noch bis in die frühen Sonntagmittag-Stunden zu DJ-Sets von u.a. Digitalism und Joe von Hot Chip. Und wer dann noch nicht genug bekommen hatte, der konnte am selben Abend abermals Crystal Antlers und Health bestaunen. Beide spielten bei der offiziellen Aftershowparty im Festsaal Kreuzberg.

Das Berlin Festival 2009 fand an einer traumhaften Location statt, muss für 2010 allerdings noch einige Schwächen beseitigen. Dazu gehören neben der Tonproblematik zum Beispiel die an Wucher grenzenden Getränkepreise, insbesondere auch deshalb, weil den Festivalbesuchern kein Wiedereinlass gewährt wurde. Vielleicht sollte man sich außerdem wirklich überlegen, das Festivalgelände auf das gesamte Areal des Flughafens zu erweitern.