Lars Lewerenz (Pressefoto, 2007)

Lars Lewerenz (Pressefoto, 2007) © Audiolith

Audiolith rec., eines der derzeit interessantesten Indie-Labels, veröffentlicht seit einigen Jahren die Musik von befreundeten Musikern und Gleichgesinnten. Die bereits erschienenen Alben lassen sich irgendwo zwischen Electronica, Indierock und einer gewaltigen Portion Humor einordnen. Was in Zukunft im hohen Norden noch so passieren mag, das weiß nur einer: Lars Lewerenz, der Mann hinter Audiolith records. Oder doch nicht? Ist ja auch eigentlich egal – Hauptsache es klingt gut.

Hallo Lars! Erzähl uns doch etwas über die Anfänge von Audiolith. Was hat dich dazu veranlasst, ein eigenes Label ins Leben zu rufen?

Angefangen hat alles mit dem Song It’s good to know that you’re alive von der Band The Dance Inc. Meine Freunde Jan Elbeshausen und Jochen Schütt besuchten anno 2001 Freunde in Süd-Kalifornien, surften und machten Musik. Als sie mit diesem Song zurück nach Hamburg kamen und Jan mit Stefan Goetsch den Song Drive schrieb, fing ich an, unter dem Labelnamen Audiolith records die erste The Dance Inc.-Single zu veröffentlichen. Ich hatte schon Erfahrung darin, wie und wo man Tonträger pressen lässt, da ich für das Label Dim Mak records (USA) von Steve Aoki ein paar Europaveröffentlichungen gemacht hatte. Damals spielte ich in einem Elektrotrashquartett namens Dos Stilettos und es waren viele meiner Freunde in Sachen Homerecording und Musik machen am Start. Der kreative Output in meinem Freundeskreis hat mich begeistert und inspiriert. Ich wollte einfach, dass es dokumentiert wird.

Wie seid ihr aufgestellt? Betreibst du das Label noch gänzlich in Eigenregie?

Ich bin das Label, kann es aber nur mit meinen angeschlossenen Partnern und Unterstützern zu dem machen, was es ist und versuchen, es am Laufen zu halten. Für alle die denken, dass es eine einfache Sache sei, ein Label zu machen und dass es haufenweise Geldscheine regnen würde: Nein, es ist nicht so.

 

Die Musikindustrie macht derzeit einen recht unglücklichen Eindruck. Uns interessiert gerade deshalb auch die Frage: Wie blickst du - als Betreiber eines Indie-Labels - auf den derzeitigen Musikmarkt?

Die Musikindustrie macht schon viel zu lange aus Scheiße Gold. Deshalb schätze ich die Chance der kleineren Plattenfirmen und ihren angeschlossenen Dienstleistungstätigkeiten, 2007 mit ihren qualitativhochwertigen Produkten der Nische zu entspringen und sich stabil am Markt zu etablieren, als besser ein denn je zuvor. Flexibel und dynamisch agieren zu können ist heute noch wichtiger geworden. Dennoch sehe ich aufgrund des meist nicht vorhandenen Startkapitals ein Hemmnis, um überhaupt eine breite Masse zu erreichen. Das Feedback der Menschen da draußen hält mich und die Künstler am Leben und solange das Netzwerk stetig wächst, sich Kooperationen entwickeln und das Low-Budget-Marketing Spaß macht, geht es weiter. Und mal ehrlich jetzt: Die CD muss endlich sterben!

Plemo, ClickClickDecker und Der Tante Renate sind nur drei der Bands auf Audiolith. Was sollte eine Band alles mitbringen, um dich zu überzeugen?

Die drei genannten Bands sind jeweils von einer Person gestartet worden, somit sind sie Vision und Lebensinhalt eines einzelnen Geistes und Charakters. Die Person an sich muss mich also begeistern können, damit ich dabei helfen kann, Visionen umzusetzen. Bei Audiolith geht darum, auf gleicher Augenhöhe zu operieren, an einem Strang zu ziehen, das nächste Level zu erreichen, gemeinsam Fazit zu ziehen und weiter zu rocken.

Worauf können die Freunde des Indierock gespannt sein? Was oder wer kommt bei euch in nächster Zeit aus den Startlöchern?

Vielen Dank, dass ich an dieser Stelle zu den Freunden des Indierocks sprechen darf! Seit 2003 ist es so spannend bei Audiolith, das 31 Katalognummern ihren Weg auf den Rücken verschiedener Veröffentlichungen gefunden haben und wirklich jede für den Indierock-Fan interessant ist. Im Moment sollte kein Weg daran vorbeiführen, das Debutalbum Legs & Arms von The Dance Inc. zu erwerben. Jan Elbeshausen (der Sänger und Gitarrist von Marr), Andre Frahm (spielt bei Marr & Olli Schulz) und Stefan Goetsch haben in Zusammenarbeit mit Tobias Levin ein Album geschaffen, das moderner und emotional geladener nicht sein könnte.

Unsere AUFGELEGT-Rezension: Simplex von Der Tante Renate.

Des Weiteren ist die Band Innaway aus Kalifornien momentan dabei ihr zweites Album aufzunehmen. Deren 12’’EP the ghost admirers war meine dritte Veröffentlichung. Und aller guten Dinge sind drei, vier und so weiter. Egotronic aus Berlin und Bratze aus dem Sündenbabel Hamburg kommen dieses Jahr mit ihren neuen Alben raus. Also schon mal Geld auf die Seite legen und/oder einen iTunes-Account anlegen.

Neben den anstehenden Veröffentlichungen sind Audiolith-Künstler auch auf einigen Festivals vertreten. Wo macht ihr als nächstes Halt?

Die inoffizielle Mitarbeiterin und Audiolith-Streetteamerin „Molly from the Blog“ hat auf ihrem Blog alle Festivals auf denen Audiolith-Artists spielen zusammengefasst. Es sind überraschenderweise unzählige Festivals geworden. Wer auf das MELT!-Festival fährt, kann am 13. Juli Clickclickdecker & Band und The Dance Inc. anschauen. Und wer auf das „Fusion“-Festival fährt, kann dort Der Tante Renate und Plemo & das Feuer sehen. Des weiteren sind wir an der Planung einer Skatehallen-Tour im Herbst und Winter.

Indierock und Hamburg? Da liegt die Begrifflichkeit „Hamburger Schule“ sehr nahe. Wie stehst du zu diesem Ausdruck?

Hamburger Schule hab ich von gehört. Hab ich einen Telefonjoker? Ich würde Olli Koch anrufen und ihn fragen, was das ist, war oder sein soll. Der ist immer ganz schlau in solchen Sachen - geht aber gerade nicht ans Telefon. Schnell Meinung bilden auf Wikipedia und auf Rückruf warten. Was da steht klingt erstmal geil. „Phänomen, Mythos und Schublade“. Was davon 2007 noch übrig ist, vermag ich nicht zu beurteilen, frage mich aber dennoch was in Sachen Nachwuchs am Start ist!? Heutzutage sind Musikgeschmack und Ästhetik medial so verwertet und kaufbar, da ist es den Leuten scheißegal, wer wie wo mal was gesagt oder getan hat. Heimkind sagte letztens: „ Es ist es ist alles gesagt, nur noch nicht von jedem“. Das trifft es. Das Rad wird 2007 nicht neu erfunden. Schade nur, dass die Menschen nicht wissen, auf welcher Nachlasswelle sie sich befinden. Hamburg hat schon immer gekämpft. Gegen wen und mit wem ist nicht unwichtig. Ansonsten nichts Neues im Norden. 

Da es Audiolith nun doch schon etwas länger gibt, hast du sicher schon ein paar lustige Geschichten im Gepäck. Ein unvergesslicher Moment deinerseits wäre...?

Die lustigsten Momente sind die, in denen irgendeine hirnverbrannte Idee von jemandem ausgespuckt wird, dann darauf rumgeritten wird, bis wirklich alle Tränen in den Augen haben und nicht mehr können vor Lachen. Für Außenstehende ist das manchmal anstrengend. Einen unglaublich lustigen Moment hatte ich mit Der Tante Renate, als wir einen Auftritt der Band Kratzeis anschauten und ich auf die Idee kam, Aufkleber mit dem „Mach mit – Männchen“, das unser Audiolith-Logo in den Müll wirft, drucken zu lassen. Was sehr lustig war, als Clickclickdecker beim Openohr in Mainz gespielt hat und ich alle Kinder, die vor der Bühne waren, auf diese geholt habe und sie mit uns getanzt haben. Das war unvergesslich.

Vielen Dank für das Interview, Lars.

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