Blumfeld

Blumfeld © Martin Eberle

Schock und böse Überraschung für alle Fans, denn was im Frühjahr 1990 begann, endet nun zu Beginn 2007: Blumfeld, benannt nach Franz Kafkas Erzählung "Blumfeld, ein älterer Junggeselle", lösen sich auf.

Seit gestern findet sich eine entsprechende Ankündigung auf der Homepage der Hamburger Band: "Ein Kreis schließt sich. Nach sechzehn Jahren Blumfeld hat Autor, Sänger und Gitarrist Jochen Distelmeyer in Absprache mit den übrigen Bandmitgliedern Andre Rattay (Schlagzeug), Vredeber Albrecht (Keyboards) und Lars Precht (Bass) beschlossen, die Band aufzulösen."

Erst vor kurzem noch hatte die Band die Gründung des eigenen Labels "Blumfeld-Tonträger" verkündet, auf dem drei der älteren Alben mit Videos und eine limitierte Anthologie als 5-CD-Box mit einem kompletten Livemitschnitt ("Live in Wien") erscheinen werden. Niemand rechnete also mit dem nun erfolgten Schritt.

Mit ihrer ersten Single Ghettowelt, die 1991 zur "SPEX Single des Jahres" gewählt wurde, legten Blumfeld den Grundstein für die neue Hamburger Schule und ihren Erfolg. 1992 erscheint das in der Indie-Szene gefeierte Debutalbum "Ich-Maschine". Fulminanter Indierock mit komplexen, kontroversen, kritischen und dennoch eingängigen deutschen Texten – das Markenzeichen von Blumfeld war schnell etabliert. Musikalisch und textlich noch ausgereifter war dann 1994 das Nachfolgealbum "L'Etat Et Moi", auf dem auch der Song "Verstärker" zu finden war, einer der großen Blumfeld-Hits und bis heute der von den Fans eingeforderte Höhepunkt auf jedem Konzert. Blumfeld waren nach diesem Release u.a. in den USA auf Tournee, wo sie es sogar bis in die College-Radio-Charts schafften.

Von Blumfeld-Anhängern der ersten Stunde wurden die folgenden Alben umstrittener aufgenommen: 1999 erscheint "Old Nobody"“, 2001 das "Testament der Angst", 2003 "Jenseits von Jedem" und zuletzt "Verbotene Früchte". Besonders an dieser letzten Veröffentlichung manifestierte sich Kritik an der Band: Die Texte von Sänger Jochen Distelmeyer seien stets geradliniger, eingängiger und damit langweiliger geworden, musikalisch fanden sich mehr und mehr Pop-Elemente und ein softerer Sound durch versiertere Produktionen. Doch damit einhergehend wuchs auch der kommerzielle Erfolg der Band bis zuletzt stetig an, jedes Album besitzt einen ganz eigenen Charakter. Der aufkommenden Kritik setzte dies immer wieder ein besonderes Merkmal entgegen.

In den letzten Jahren schalteten sich Blumfeld, insbesondere Texter Jochen Distelmeyer, vermehrt auch in den weitergehenden Popdiskurs ein. Durch die Medien schnellte besonders die Stellungnahme zu "Deutschland. Nation. Heimat und Popmusik", in der sich die Band von Deutschtümelei, der Anbiederungen an ein Massenpublikum und "Wir sind wir"-Parolen abgrenzte. Distelmeyers Texte folgten immer seinem eigenen Kopf, was auch wiederholt zu Verwunderung auf Seiten der Rezipienten führte. So unter anderem bei der Kritkerdebatte um "Verbotene Früchte", wo naturbezogene Texte wie "Schmetterlings Gang", "Der Apfelmann" oder "Tiere um uns" dem Vorwurf der Banalität ausgesetzt wurden.

Blumfeld hören nun also auf - doch andere Bands aus ihrem Umfeld und der Hamburger Schule bleiben dem Publikum weiterhin erhalten. Zum Beispiel Kante, die Band von Peter Thiessen, der von 1997 bis 2002 bei Blumfeld spielte. Thiessen ersetzte damals Eike Bohlken, der die Band verlassen hatte, um sich auf sein Studium zu konzentrieren.

Mit Blumfeld tritt eine Band von der Bühne ab, die bei allen kontroversen Diskussionen über ihre letzten Veröffentlichungen doch vor allem live immer wieder begeistern und überzeugen konnte. Die wohl letzte Gelegenheit dies miterleben zu können, ist nun die angekündigte Abschiedstour.

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