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Caligola (live bei Rock am Ring 2012-Sonntag) © Tom Teubner

Dem Regen trotzen heißt das Motto des Sonntags - nur wenige ließen sich davon entmutigen. Was am Ende des letzten Festivaltages noch vor sich ging, muss man selbst gesehen haben - oder hier nachlesen.

Rock am Ring ohne Regen ist wie Geburtstag ohne Torte. Also ist es höchste Zeit, dass es nach dem ziemlich trockenen Freitag und dem sonnigen Samstag endlich mal regnet und windig ist. Es ist fast müßig zu erwähnen, dass das miese Wetter der Stimmung der Festivalbesucher keinen Abbruch tut. Im Gegenteil: Anscheinend spornt das die Ringrocker an, getreu dem Motto "jetzt erst recht". Zugegeben, ein paar Leute packen ihre Sachen und machen sich auf den Heimweg. Ein Traktor zieht die geparkten Autos, die in starker Schräglage an der Straßenseite geparkt sind, wieder in die richtige Position.

Währenddessen feiern und grillen die Leute auf der Nordschleife unter ihren Pavillons. Die Zelte werden mit Sesseln und Sofas zu Wohnzimmern umfunktioniert und sogar ein Bierbrunnen steht irgendwo. Aus den Lausprechern dröhnt Musik von Roberto Blanco über Punk zu Elektro. Die Besucher kommen aus allen Ecken Deutschlands, zum Beispiel Mainz oder Karlsruhe, oder auch aus der Schweiz. Am Mittwoch wird angereist und montags nach dem Festival geht es dann wieder ab nach Hause. Oder man fährt direkt vom Deichkind-Set in die Schule, was eine Gruppe vorhat. "Wir lieben uns alle hier. Am Samstag war hier der geilste Tag, weil hier überall Party war", meint Nordschleifencamper Konstantin, während er mit seinen Kumpels sein eigenes Cro-Konzert veranstaltet.

Wie sich hier schon rausstellt, waren nicht alle bei Metallica: "The Hives waren überragend. Metallica war nicht so geil", findet Konstantin. Auch unter den Schweizern ist einer, der lieber zu The Hives ging. Die Sorgen, dass The Hives und Keane kaum Zuschauer wegen dem Metallica-Set haben, waren also unberechtigt. Laut André Lieberberg waren ungefähr 15.000 Zuschauer bei deren Gigs. "Das Publikum ist flexibel und wechselt auch mal zu einer anderen Bühne, wenn es irgendwo zu voll ist", erklärt er bei der Pressekonferenz.

Vom Campingplatz zurück auf das Festivalgelände. Von der Centerstage sind alle möglichen Hits wie Use Somebody, Rolling in the Deep, Kiss von Prince oder Just the Way you are zu hören – als Coversongs in 50er-Jahre-Rock'n'Roll-Versionen von Dick Brave & The Backbeats. Auf der Bühne gibt es kleine Akrobatikeinlagen, der Gitarrist surft in der Menge und zum Finale Great Balls of Fire werden die Instrumente gewechselt. Und die Menge, in rote oder gelbe Ponchos gehüllt, tanzt und twistet.

Bei der nächsten Band wird das twisten durch schunkeln und der Kontrabass durch den Dudelsack ersetzt. Die Mischung aus Irish Folk und Punk von den Dropkick Murphys passt zum kalten und regnerischen Wetter, was niemanden vom Feiern abhält, vor allem nicht bei Songs wie T.N.T. oder I'm Shipping up to Boston.

Auf der Alternastage spielen an diesem Tag unter anderem Caligola. Musikalisch ist die Kombo in keinster Weise mit Mando Diao zu vergleichen. Im Gegenteil, die Lieder haben sehr viele HipHop-Elemente. So hat die Band einen MC und einen DJ dabei und arbeitet live viel mit Samples. ForgiveForget setzt ein gutes Beispiel für die gesamte Musik der Band.

Auf der Clubstage spielen etwas später als Caligola Devildriver. Serienfans ist die Band vielleicht aus "Scrubs – Die Anfänger" bekannt, denn der Paketlieferant hat eine Vorliebe für diese Speed-Metal-Band. Die fünfköpfige Band aus Südkalifornien spielt sauber und beherrscht ihr Handwerk mehr als gut.

Headbangen vor der einen, warmpogen für den Headliner abends vor der anderen Bühne: The Offspring bringen mit Come out and play, Pretty Fly und Self Esteem die Leute zum toben und mitsingen.

Was aber bis zu diesem Zeitpunkt vor der Centerstage an mitsingen und pogen zu sehen war, ist nichts im Vergleich zu dem, was dann bei Die Toten Hosen abging. Ein würdigeres Jubiläum hätten die Düsseldorfer gar nicht haben können. Nach drei Tagen Festival und fast einem kompletten Tag im Regen holen die Ringrocker nochmal alles aus sich raus. Es ist schwer zu beschreiben, wie stark die Resonanz vom Publikum war. Man muss es eigentlich mit eigenen Augen gesehen haben. Die Zuschauer sind so laut wie die Band, die in Höchstform ist, und überall sind Circle Pits. Das war aber noch nicht alles. Zum 30-jährigen Geburtstag war Bad Religion-Sänger Greg Graffin aus Amerika gekommen und sang zusammen mit der Band Raise Your Voice, Punk Rock Song und Blitzkrieg Bob.

Als Bonbon zu allem gab es noch einen Wettgewinn: Die Ringrocker brachten Campino schneller zum Tonmann als die Rock im Park-Zuschauer und die geöffnete Dose Bier kam mit Inhalt am Ziel an. Also durfte sich Campino später auf Kosten des Roadies Nopper "ganz gepflegt besaufen". Besser hätte es also gar nicht laufen können, außer für den Wettverlierer natürlich.

Wer der Gewinner unter allen Bands des Festivals war, stand nach diesem Auftritt fest. Auch mit dem Erfolg von Metallica war zu rechnen. Überraschend war die Zuschauerreaktion auf Skrillex. Und für André Lieberberg war die große Resonanz bei Tenacious D unerwartet. Enttäuscht hat keine der gesehenen Bands, denn alle lieferten das ab, was zu erwarten war.

Auch in diesem Jahr ist, gemessen an der Tatsache, dass 100.000 Festivalbesucher und insgesamt 87.000 Menschen zum Campen zwischen dem 1. und 3. Juni vor Ort waren, kaum etwas passiert. Wenig Diebstähle, wenig Drogendelikte, wenig Verkehrsunfälle und das alles in Zahlen, die laut Polizeidirektor Bertram zu vernachlässigen sind. So kommen die meisten heil oder höchstens mit einer Erkältung oder blauen Flecken heim.

Auch in 2013 werden wieder die verschiedensten Musikstile bei Rock am Ring und Rock im Park vertreten sein. Wer nächstes Jahr spielen wird, steht jedoch noch nicht offiziell fest. "Im Augenblick sind wir in Verhandlungen mit großen US-Bands, Elektro-Acts und nationalen Künstlern", so André Lieberberg. Sein Vater, Marek Lieberberg, Veranstalter des Festivals, darf nichts verraten. "Ich sage Ihnen nicht, dass wir gerade über Green Camping gesprochen haben und ich sage auch nicht, dass in 30 Sekunden auf dem Weg zum Mars etwas passieren kann". Nichts Offizielles also. Prodigy werden wohl nicht spielen, denn die mag der Senior nicht. Ob sich der Sohnemann daran hält?