Im ausverkauften Maschinenhaus traten Justin Sullivan und Dean White den Beweis an, dass es keines großen technischen Aufwandes bedarf, um eine Location über zwei Stunden in seinen Bann zu ziehen.

Im ausverkauften Maschinenhaus traten Justin Sullivan und Dean White den Beweis an, dass es keines großen technischen Aufwandes bedarf, um eine Location über zwei Stunden in seinen Bann zu ziehen.

Im ausverkauften Maschinenhaus traten Justin Sullivan und Dean White den Beweis an, dass es keines großen technischen Aufwandes bedarf, um eine Location über zwei Stunden in seinen Bann zu ziehen. Mit wenig Equipment, aber dafür umso mehr Songs im Gepäck hinterließen die Beiden reichlich offene Münder bei den Anwesenden. Schließlich "haben wir nie das gemacht, was die Leute von uns erwartet haben", sagt Justin Sullivan.

{image}Es ist ein Treffen der Generationen: Während im geschichtsträchtigen Kesselhaus der Berliner Kulturbrauerei der Neo-Elektro-Punk von Bodi Bill vermehrt junges Gemüse zum Kochen bringt, herrscht im benachbarten Maschinenhaus eher ein trautes Miteinander der Ü30-Fraktion. New Model Army-Mastermind Justin Sullivan und Gitarrist Dean White bitten zum andächtigen Lauschen spartanisch instrumentierter Perlen aus dem reichhaltigen Fundus des zotteligen Barden. Someone Like Jesus und das hymnische Bullet eröffnen den Reigen eines zweistündigen Sets, bei dem vor allem Nostalgiker unter den Anwesenden auf ihre Kosten kommen sollen: "New Model Army haben immer versucht nicht allzu populär zu werden", raunt Sullivan ins Mikro.

Warum der Plan über die vielen Jahre, trotz zahlreicher musikhistorisch bedeutender Werke, weitestgehend aufging, erklärt der Brite wie folgt: "Wir haben nie das gemacht, was die Leute von uns erwartet haben." Und so zieht der eine oder andere Best-Of-Fetischist um kurz nach elf enttäuscht von dannen. Kein 51st State, kein Vagabonds und auch kein Here Comes The War: Stattdessen gibt es unterbewertete Kunst der letzten Jahrzehnte à la North Star, Turn Away oder Vanity zu hören. Die jedoch in der Überzahl anwesenden eingefleischten Jünger der Band erfreuen sich umso mehr an der angestaubten Setlist und bedankten sich bei der sichtlich in die Jahre gekommenen Ikone auf der Bühne mit kollektivem Dauergrinsen und reichlich Applaus.

{image}Die anfängliche Angespanntheit unter den Verantwortlichen löste sich mit zunehmender Spieldauer auf. Nach knapp einer Viertelstunde befinden sich Sullivan und White in ihrem eigenen Kosmos und beweisen eindrucksvoll wie man mit zwei Gitarren, zwei Stimmen und einem punktuell eingesetzten Keyboard eine Stimmung erzeugen kann, die so manche Breitwand-Produktion ziemlich alt aussehen lässt. Vor allem White findet im Laufe des Abends immer mehr Gefallen daran, zwischen Strat und Keyboard hin und her zu pendeln und sich wahlweise organisch oder anorganisch auszutoben. Die Anhängerschaft dankt es den Protagonisten mit aufmunternden Zurufen und Dauer-Gewippe.

Auch wenn Sullivan bisweilen angestrengt und körperlich instabil wirkt, sitzt dennoch jeder Ton. Die Aura des Mannes von der Insel ist unbestritten. Auch wenn ihm die Anstrengungen der jahrelangen Revoluzzer-Reisen ins Gesicht geschrieben stehen; Justin Sullivan hat das, was vielen musikalischen Nachkömmlingen der Polit-Punk-Szene einfach fehlt: Ausstrahlung und Präsenz. Zudem verfügen nur die Wenigsten über das Talent, Songs zu schreiben, die keine doppelläufigen Gitarren und scheppernde Drums benötigen, um ein ausverkauftes Venue mit Magie zu füllen. Justin Sullivan kann das. Spätestens als das abschließende Before I Get Old die letzten Akkord-Schwingungen im Raum verteilt, sind sich die meisten Zeugen des Abends einig darüber, auch ohne 51st State, Vagabonds und Here Comes The War etwas Großes erlebt zu haben: Vielleicht sogar gerade deswegen.

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