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Queensryche (live in Mannheim 2019) © Rudi Brand

Die US-Metaller Queensryche erleben seit dem Einstieg von Sänger Todd La Torre ihren zweiten Frühling. Das zeigt sich auch live in Mannheim, obwohl der Sound im MS Connexion streckenweise zu wünschen übrig lässt.

In den 80ern und frühen 90ern waren Queensryche womöglich eine der wichtigsten Bands der Metalszene. Ihr Talent, musikalischen Anspruch mit bestechender Eingängigkeit zu verbinden, suchte seinesgleichen.Dass die Band ab Mitte der 90er durch mittelprächtige Alben und unpassende Stilkorrekturen in der Versenkung verschwand, bedauerten viele Fans.

Heutzutage ist die Lage anders. Live schaffen Queensryche es in der aktuellen Besetzung mühelos, dem gutklassigen Songmaterial der ersten Alben gerecht zu werden. Zudem stellt sich heraus, dass die Songs der letzten beiden Alben im Konzertkontext kaum abfallen.

Himmelschöre

Eröffnet wird der Abend allerdings zunächst von Dark Sky Choir aus den USA. Ira Black, der Gitarrist der US-Band, hat live schon so ziemlich bei jeder Band von Metal Church bis Dokken ausgeholfen und die Professionalität merkt man der Präsentation seiner Truppe auch an.

Das Songmaterial kann da jedoch nicht mithalten. Zu oft versackt es im Midtempo und lässt deshalb nur selten aufhorchen. Zwar ist technisch alles im grünen Bereich, doch im Endeffekt bleibt der Auftritt in Klischees des 80er-Metals stecken.

Griechischer Wind

Auch Firewind um Ex-Ozzy-Osbourne-Gitarrist Gus G. liefern letztlich keinen vollends überzeugenden Gig ab. Zwar ist ihr Songwriting grundsätzlich überzeugender als das von Dark Sky Choir, aber dennoch fallen zwei entscheidende Probleme auf.

Gus G. ist zweifelsohne ein versierter Gitarrist, doch die Songs leiden oftmals darunter, wie exzessiv er das präsentieren möchte. Ähnliches gilt für das extrem prominente Keyboard, das grundsätzlich guten Songideen oft jeglichen Raum nimmt, sich zu entfalten.

Es lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass Firewind vollauf professionell auftreten. Das ist keine Überraschung, schließlich existiert die Band seit über 20 Jahren. Entsprechend finden sich auch in Mannheim einige große Fans, die den Auftritt gebührend abfeiern.

Problematischer Sound

Logischerweise kommt aber erst in der ganzen Halle richtig Stimmung auf, als das Intro von Queensryche ertönt. Diese starten mit dem Song "Blood of the Levant" vom aktuellen Album "The Verdict". Schnell zeigt sich, dass der Sound an diesem Abend ein Problem darstellt.

Das ist besonders schade, da die Band als zweiten Song das vielschichtige und vertrackte "I Am I" vom 94er-Album "Promised Land" gewählt hat. Dessen Feinheiten gehen fast vollständig im Soundmatsch unter, was bei einem konventionelleren Queensryche-Song vielleicht weniger ins Gewicht gefallen wäre.

Nach einigen Songs wird der Sound jedoch merklich besser und ist ab "Walk in the Shadows" an sich in Ordnung. Schade ist nur, dass Bassist Eddie Jackson fast völlig untergeht und so sein für einen Metal-Bassisten ungewöhnlich spannendes Spiel in Songs wie "Operation: Mindcrime" oder "Screaming in Digital" kaum auszumachen ist.

Fokus auf die Vergangenheit

Die Setlist ist an diesem Abend ein interessantes Thema. Bis auf eine Ausnahme im Zugabenblock spielen Queensryche in Mannheim nur drei Songs aus der Phase mit dem 2012 eingestiegenen Sänger Todd La Torre und abgesehen von "Light-years" gegen Ende des Sets finden diese alle in der ersten halben Stunde statt.

Nun ist der Vorwurf nicht wegzudiskutieren, dass die Band ausschließlich von ihrer Vergangenheit lebt, allerdings muss man anerkennen, dass ein relativ neuer Song wie "Condition Human" zwischen den Klassikern problemlos bestehen kann.

Außerdem erweist sich La Torre als absoluter Glücksgriff für Queensryche. Nicht nur sind die beiden Alben mit seiner Beteiligung bei Fans erstaunlich beliebt, sondern der 45-Jährige singt auch live unfassbar gut und meistert problemlos die oft komplexen Gesangslinien seines Vorgängers Geoff Tate.

Hit reiht sich an Hit

Dadurch dass Queensryche bis 1994 ausnahmslos qualitativ hochwertige Alben veröffentlicht haben, können sie bei einem 90-minütigen Auftritt natürlich aus dem Vollen schöpfen. So beenden sie ihr reguläres Set mit der beeindruckenden Klassiker-Abfolge "Screaming in Digital", "Jet City Woman" und "Take Hold of the Flame" ohne dass das qualitativ einen Schatten auf das restliche Set werfen würde.

Erstaunlicherweise ist der einzige Song, der an diesem Abend leicht abfällt "Silent Lucidity". Zwar sind die Publikumsreaktionen auf den womöglich größten Hit der Band ausgezeichnet, aber im Vergleich zum sonst stets beeindruckend komponierten Material wirkt der balladeske Song zumindest an diesem Abend etwas seicht.

Am prominentesten ist mit vier Songs der Albumklassiker "Operation: Mindcrime" vertreten. Das überrascht nicht wirklich, schließlich verdankt die Band große Teile ihres guten Rufs in der Szene vor allem diesem Werk. Selbst von der Debüt-EP "Queensryche" findet sich mit "Queen of the Reich" immerhin ein Stück in der Setlist.

Best-of-Programm wie es sein sollte

Queensryche machen an diesem Abend wirklich kaum etwas falsch. Sicherlich hat jeder Fan, die ein oder andere Vorstellung, welche Songs die Band häufiger spielen könnte, doch gibt es an dem motivierten Auftreten und der musikalischen Fähigkeit des Quintetts wirklich nichts auszusetzen.

Die Frage nach der Relevanz von Bands mit nur wenigen verbliebenen Originalmitgliedern stellt sich häufig. Im Falle Queensryche lässt sich sagen, dass sie fraglos noch relevant für die Szene sind, solange sie es schaffen, auf der Bühne so zu überzeugen.

Setlist

Launder the Conscience (Intro) / Blood of the Levant / I Am I / NM 156 / Man the Machine / Walk in the Shadows / Condition Human / Operation: Mindcrime / Silent Lucidity / Queen of the Reich / The Mission / Screaming in Digital / Jet City Woman / Take Hold of the Flame // Light-years / Empire / The Needle Lies / Eyes of a Stranger

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