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Rod Stewart (live in Mannheim 2019) © Rudi Brand

Der schottische Weltstar Rod Stewart gastiert nach fünf Jahren Abstinenz wieder in der SAP Arena in Mannheim und erweist sich trotz leichter Erkältung als souveräner Entertainer, der stets Herr der Lage ist.

Die Zeit war gut zu "Rod The Mod". Mit mittlerweile 74 Jahren hat der in London geborene Schotte mit Wohnsitz in den USA alle Höhen und Tiefen einer Künstlerkarriere durchlebt und tatsächlich: bei Sir Rod Stewart waren es vor allem Höhen.

Beliebt bei allen Altersgruppen

Die Beliebtheit des Sängers mit der markanten Reibeisenstimme bei Jung und Alt kennt auch heute noch keine Grenzen. Kein Tag vergeht, an dem nicht Dutzende seine Evergreens weltweit im Radio erklingen.

Es wird an diesem Abend, außer "Hole Of My Heart" von seiner obligatorischen, aber verzichtbaren neuen Platte kein Stück zu hören geben, das die Zuschauer im gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Rund der SAP Arena nicht lauthals mitsingen können.

Tosender Beginn

Nach Dudelsackklängen und Fanfaren fällt der Vorhang und der Mann mit der bestens erhaltenen blonden Stachelfrisur tänzelt zum 80er-Funk von "Infatuation" über die Bühne. Er grinst über das ganze Gesicht und weiß ganz genau: "Some Guys Have All The Luck".

Dieses Lied, das er gleich für die munter werdende Menge nachschiebt, erzählt die Geschichte des ewigen Verlierers, der kein Glück bei den Damen hat. Damit erobert er natürlich die Herzen der vielen Frauen in der Halle, die gerade im vorderen Bereich gleich mal von den Stühlen springen und tanzen.

Große Band & Vegas Show

Neben "Roddie", der seine bunte Rockstar-Robe mehrfach wechselt, tummeln sich auf der Bühne bis zu sechs – bevorzugt blonde – Frauen an Streichinstrumenten, Backing Vocals, Harfe und Percussion.

Zwei Schlagzeuger, zwei Gitarristen, ein Saxofonist, ein Bassist und ein Tastenmann komplettieren die riesige Band. Die Damen tanzen obendrein unentwegt, animieren permanent zum Mitklatschen. Es liegt ein Hauch von Vegas über dem Rhein-Neckar Dreieck.

Hits, Hits, Hits

Im Verlauf seiner 50-jährigen Karriere war der Schotte speziell in den späten 1970er und 1980er Jahren wie kaum ein zweiter ein Garant für Pop-Ohrwürmer: "Young Turks" lädt noch einmal zum Disco Fox ein und die denkwürdigen Zeilen: "Young Hearts Be Free Tonight" versprühen nach 38 Jahren immer noch den Eskapismus der jungen Wilden.

"Forever Young" war 1988 ein später Hit und wird genauso gefeiert wie "Rhythm Of My Heart" von 1990 – ein Lied vollgepackt mit schottischem Traditionalismus, Riverdance-Anleihen und Fiddle-Klängen. "You Will Love This One, Trust Old Rod", hatte Rod Stewart vorher erklärt und nicht zu viel versprochen.

Rod versteckt seine Wurzeln nicht. Beim "Motown Song" fehlen natürlich die Temptations und "Tonight I’m Yours (Don’t Hurt Me)" zeigt den ewig jungen Lausbuben, wie er neckisch Schläge auf den Po andeutet und wie ein Derwisch über die Bühne sprintet.

Gehaltvolle Oldies

"Tonight’s The Night" sorgt dann für den ersten richtigen Höhepunkt. 1976 wurde auch seine Frau geboren, lässt er das Auditorium verschmitzt grinsend wissen und die Menge johlt. Die Intensität des Stücks ist bis heute ungebrochen.

Die unverwüstliche "Maggie May" vom legendären 1971er Album "Every Picture Tells A Story" klingt ebenfalls immer noch frisch. Der Country-Rock kommt nicht mehr so ungebremst über die Rampe wie er ihn mit seiner legendären Band The Faces noch in den 1970ern zelebrierte. In Anbetracht seines mittlerweile fortgeschrittenen Alters ist das aber natürlich verständlich.

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Es ist wirklich wunderbar zu hören, wenn Rod Stewart vom 2. September 1972 erzählt. Damals spielte er zusammen mit seinem Faces-Kumpel und heutigen Stones-Gitarristen Ron Wood nach dem Genuss von zwei Flaschen Hochprozentigem in den Olympic Studios den Song "I’d Rather Go Blind" ein.

Das Stück ist 100% Frühsiebziger-Stewart. Man kann in der großen SAP Arena förmlich eine Stecknadel fallen hören, als der Sänger seine Manierismen entfaltet, weint, bettelt und fleht, um sein Mädchen nicht zu verlieren. Ganz groß!

Große Balladen am Bühnenrand

Und als wäre das nicht schon fantastisch genug schiebt Rod eine kleine Akustiksession auf Hockern am Bühnenrand nach, wie weiland bei seinem legendären MTY Unplugged Konzert 1993.

"I Don’t Want To Talk About It", Cat Stevens Klassiker "The First Cut Is The Deepest" und die Celtic Glasgow Liebeserklärung "You're in My Heart" sind absolute Evergreens. Allerspätestens jetzt liegt ihm das Mannheimer Publikum schmachtend zu Füßen.

Das Publikum als Medizin

Der ewige Schelm ist trotz aller Euphorie auch in die Jahre gekommen. Rod putzt sich mehrfach die Nase, wischt sich den Schweiß von der Stirn und wirkt dabei etwas angeschlagen, was über die großen Leinwände auch deutlich sichtbar nach außen transportiert wird.

Das Publikum unterstützt den Protagonisten jedoch während der gesamten Show – und das nicht nur stimmlich. Der Applaus will nach dem bewegenden Akustik-Block gar nicht mehr enden. Seine Fans richten ihn förmlich wieder auf. Er genießt die Zuneigung, verneigt sich mehrfach demütig und sammelt sich für den Rest des knapp zweistündigen Programms.

Endspurt

"Das Stück ist von Van Morrison aber meine Version ist hundertmal besser" feixt der Entertainer und spielt "Have I Told You Lately" in einer geradezu herzöffnenden Version. Bei "Twistin‘ The Night Away" ballert der Fuball-Verrückte Bälle ins Publikum ("Now This Is Fun"), nicht ohne zuvor noch die beiden überraschenden englischen Siege im Champions League-Halbfinale zu erwähnen.

Bei "Sailing" singt wieder die ganze Halle mit und erzeugt kollektive Gänsehaut. "Da Ya Think I’m Sexy" serviert Rod Stewart zum Abschluss natürlich mit einem Augenzwinkern, Ballons werden von der Decke gelassen und auf der Bühne herrscht buntes Treiben.

Zugabe

An der Zugabe "Baby Jane" kam im Jahr 1983 niemand vorbei. Das Saxofon röhrt und Rod Stewart nährt sich textlich wieder einmal einer Frau, die erst einmal nicht so will, wie er es gerne hätte. Am Ende wälzt sich der 74-Jährige auf dem Boden und der Vorhang fällt.

Jeder ist beim Hinausgehen heilfroh, Sir Rod noch einmal live gesehen zu haben. Dieser stellt auch im Jahr 2019 immer noch ein einmaliges Live-Erlebnis dar, das problemlos nochmal 2 Stunden länger dauern könnte um allen Hits des Meisters gerecht zu werden. We Still Trust Old Rod!

Setlist

Infatuation / Some Guys have All The Luck / Young Turks / Hole In My Heart / Tonight’s The Night (Gonna Be Alright) / Forever Young / Rhythm Of My Heart / The Motown Song / Maggie May / Tonight I’m Yours (Don’t Hurt Me) / Going Home: Theme From Local Hero / I’d Rather Go Blind / I Don’t Want To Talk About It / The First Cut Is The Deepest / You’re In My Heart (The Final Acclaim) / Have I Told You Lately / Go Your Own Way / Twistin’ The Night Away / Sailing / Da Ya Think I‘m Sexy / Baby Jane

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