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Uriah Heep (live in Offenbach, 2018) © Leonard Kötters

Von wegen Altherrenrock: Uriah Heep und ihre Special Guests The Zombies beweisen im Capitol Offenbach, dass auch Herren fortgeschrittenen Alters noch ordentlich Spaß auf der Bühne haben können. Noch besser ist es, wenn der Funke dann auch auf das Publikum überspringt.

The Zombies und Uriah Heep – das ist nicht unbedingt eine Kombination, die sich sofort aufdrängt. Schließlich erlangten The Zombies mit ihrem sanften, psychedelischem Pop-Meisterwerk "Odessey & Oracle" von 1968 Berühmtheit.

Uriah Heep stehen hingegen für energiegeladenen Hardrock der 1970er mit progressiven Einflüssen. Wie würden die beiden Bands also gemeinsam beim Konzert im gut gefüllten Capitol Offenbach funktionieren?

Rock'n'Roll Zombies

Während Uriah Heep ständig in Deutschland unterwegs sind, bilden Konzerte der Zombies eine seltene Chance, die legendäre Band auf der Bühne zu leben. Mit Roy Argent (Keyboards) und Colin Bluntstone (Gesang) sind noch zwei Gründungsmitglieder in der aktuellen Besetzung vertreten.

Zu Beginn reagiert das Publikum – wie bei Vorgruppen nicht unüblich – noch einigermaßen reserviert auf die Band. Diese eröffnen mit einem Cover von Bo Diddleys "Road Runner" und etablieren sofort die Richtung ihres Auftritts. Sie bieten nämlich keinen psychedelischen Schönklang, sondern griffigen Rock'n'Roll, mit dem sie das Publikum zunehmend auf ihre Seite ziehen. Argent, Bluntstone & Co bieten weit mehr als nur eine routinierte Eröffnung des Abends, sie strahlen wirklichen Spaß und Freude an ihrer Musik aus. 

Berühmt nach der Auflösung

Natürlich versäumt Rod Argent nicht die unglaubliche Geschichte der Zombies zu erzählen, deren Song "Time Of The Season" erst dann ein Riesenhit in den USA wurde, als die Band sich bereits aufgelöst hatte. "Odessey & Oracle" taucht nicht nur in zahlreichen Listen der "besten Alben" auf, sondern zählt auch zu den Lieblingsalben so unterschiedlicher Musiker wie Dave Grohl und Paul Weller, wie Argent stolz berichtet.

Die Performance von drei Songs von "Odessey & Oracle" zählt daher zum Höhepunkt des einstündigen Auftritts. Selbstverständlich erhält "Time Of The Season" den meisten Applaus, aber der Schönheit von "This Will Be Our Year" kann sich kein Zuhörer verschließen. Besonders bemerkenswert ist Bluntstones Gesang, der trotz seines Alters von 73 noch kräftig und klar ist.

Das Erbe der 1970er

Die Musikkarriere von Argent und Bluntstone war nach dem Ende der Zombies keineswegs beendet. Roy Argent feierte mit der gleichnamigen Band Anfang der 1970er Jahre Erfolge. Aus dieser Zeit spielen The Zombies die Mitsing-Hymne "Hold Your Head Up", während Bluntstone das von ihm gesungene "Old and Wise" vom Alan Parsons Project-Album "Eye In The Sky" singen darf.

Beide Performances zeigen den gemeinsamen Nenner zwischen Zombies und Heep. Ausladende Instrumentalpassagen und Mitsing-Parts sind ein wichtiger Bestandteil der Show. Roy Argent übertreibt es bisweilen mit seinen Keyboard-Soli, aber was will man machen, wenn der Keyboarder einer der beiden Hauptfiguren ist?

Als The Zombies mit "She's Not There" ihren Auftritt beenden, applaudiert der gesamte Saal. Von der anfänglichen Zurückhaltung ist nichts mehr zu spüren, im Gegenteil, die ersten Besucher nutzen die Pause, um sich im Internet über die Band zu informieren. Die nächsten Käufer von "Odysee & Oracle" sind gefunden. 

Hauptstadt-Rocker

Trotz gewisser Gemeinsamkeiten sind Uriah Heep eine andere Baustelle. Vieles erinnert an das Konzert 2017 in Schwetzingen, zum Beispiel die unbändige Energie von Bernie Shaw, der nach wie vor eine beeindruckende Bühnenpräsenz besitzt. Das Publikum, in dem unzählige Heep-Shirts sichtbar sind, ist sofort da und geht mit.

Mick Box spielt hingegen den coolen Gitarristen im Hintergrund, dessen Fingerfertigkeit und Ausdrucksstärke doch so bedeutsam für den Gesamtsound der Band sind. Uriah Heep verfügen über jede Menge Dynamik und Energie und vermitteln Spaß. Im Vergleich zur eher statischen Show der Zombies, ist bei Uriah Heep ordentlich Bewegung auf der Bühne. Darauf fährt das Publikum mächtig ab.

Ein Jahr später

Der große Unterschied zu 2017 ist das neue Album "Living The Dream", das nicht nur mit einem programmatischen Titel aufwartet, sondern auch auf positive Resonanz bei Fans und Kritikern gestoßen ist. 

Die Band spielt nicht weniger als sechs Stücke des neuen Werks. Ob sie sich im Verlauf der nächsten Jahre dauerhaft im Set etablieren werden, ist noch nicht zu sagen, fest steht, dass Uriah Heep das fortführen, was sie bisher ausgezeichnet hat: Riffstarker Hardrock mit eingängigen Melodien, epischen Gitarrensoli und jeder Menge Feuer.

"Grazed By Heaven" sorgt sogleich für einen gelungenen Auftakt in den Abend. Das epische Titelstück oder "Take Away My Soul" fügen sich nahtlos in das Set ein, während die Country-Rock-Ballade "Water's Flowin'" einen schönen Kontrapunkt setzt. Allein "Knocking At My Door" als Zugabe ist vielleicht ein wenig zu simpel.

Als sich Uriah Heep nach knapp neunzig Minuten von der Bühne verabschieden, haben sie nicht nur ihre Fans ein weiteres Mal von den Stühlen gerissen – auch das Konzept eines Konzertabends mit zwei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Bands ist aufgegangen.

Setlist The Zombies

Road Runner / I Want You Back Again / I Love You / Moving On / Edge of the Rainbow / Care of Cell 44 / This Will Be Our Year / Time of the Season / Old and Wise / Tell Her No / Hold Your Head Up / She's Not There

Setlist Uriah Heep

Grazed by Heaven / Return to Fantasy / Living the Dream / Too Scared to Run / Take Away My Soul / Rainbow Demon / Waters Flowin' / Lady in Black / Rocks in the Road / Gypsy / Look at Yourself / July Morning / Easy Livin' // Sunrise / Knocking at My Door

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