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Peter Maffay (live in Frankfurt 2018) © Rudi Brand

Gute zwei Stunden lang ziehen Peter Maffay und seine Band mit Unterstützung von Gästen wie Johannes Oerding, Tony Carey und Elif in der Frankfurter Festhalle äußerst gelungen den Stecker. Zum großen Finale stehen dann Musiker wie Fans in gleich doppeltem Sinne völlig unter Strom.

Akustische Konzerte im Zeichen des einstigen Kultsenders MTV sind derzeit bei der alten Garde der deutschen Rockmusik voll im Trend.

Marius Müller-Westernhagen hat sich erst vor wenigen Monaten dazu hinreißen lassen – und auch bei Peter Maffay, einem der meistverkauften Künstler des Landes überhaupt, liegt das Erscheinen seines gefeierten "MTV Unplugged" Nummer 1-Albums gerade einmal drei Monate zurück. Da liegt es für die rumänischstämmige Musiklegende geradezu auf der Hand, mit einer illustren fünfzehnköpfigen Begleitband die hiesigen Hallen unsicher zu machen.

Volle Hütte

Wie würde das um die dicken Gitarrenamps und weitere Stromfresser reduzierte Programm wohl in einer großen Arena wirken? Viele Frankfurter Stammfans des inzwischen 68-Jährigen möchten diese Erfahrung selbst machen.

Wenig überraschend ist das eng bestuhlte Rund der Festhalle bis auf den letzten Platz gefüllt, als Peter Maffay und seine Mitstreiter nach einem kurzen animierten Intro-Video die Bühne mit "Bring mich nach Haus" genauso betreten wie bei dem Live-Mitschnitt aus Halle und dafür von den anwesenden Zuschauern gefeiert werden.

Anders, aber gut

Akustisch entfaltet die Musik des sonst eher durch den Einsatz von E-Gitarren bekannten Frontmanns durch den gezogenen Stecker und den daraus resultierenden Einsatz von drei Streichern, drei Bläsern und zunächst vier Sechssaitern eine völlig andere, aber nicht minder spannende Dynamik.

Im Innenraum der Arena ist sogar der Sound für Festhalle-Verhältnisse überraschend transparent. Ein frühes Highlight des Konzerts ist die Biker-Hymne "Gelobtes Land", die alleine schon durch ihre Harmoniegesänge, Saxofonsolos und Anlehnung an Country-Rock für eine akustische Interpretation geradezu prädestiniert ist.

Reduzierter als zuvor

Hatte Maffay für das "MTV Unplugged"-Album und die Hamburger Show wenige Tage zuvor eine ganze Armada an illustren Gaststars wie Katie Melua, Jennifer Weist und Philipp Poisel eingeladen, so sind diese Auftritte in Frankfurt um ein gehöriges Maß reduziert. Stattdessen dürfen die Background-Sängerinnen in der Anfangsphase bei deren bisherigen Parts stärker in der Vordergrund treten.

Auf Johannes Oerding müssen die Fans in der Festhalle allerdings nicht verzichten: Der Münsteraner lässt es sich nicht nehmen, an gleich fünf Stellen des Sets mitzuwirken. Dazu gehört sein eigenes Stück "So schön", das er mit Hilfe der Background-Sängerin Linda Teodosiu zum Besten gibt.

Großzügiger Gastgeber

Mehrmals an diesem Abend zeigt sich Maffay großzügig und überlässt anderen Leuten das Feld der ja eigentlich für ihn bestellten Bühne. So darf beispielsweise sein langjähriger Mitstreiter, der frühere Rainbow-Keyboarder Tony Carey, dessen größten deutschen Solo-Hit "Room With A View" aus dem Hut zaubern.

Auch die zauberhafte türkischstämmige Berliner Sängerin Elif bekommt die Chance, sich einem größeren Publikum zu zeigen – wobei ihre charismatische Stimme beim Tabaluga-Klassiker "Ich wollte nie erwachsen sein" leider nicht so in Szene gesetzt wird, wie sie es verdient hätte. Bei "Sonne in der Nacht" wirkt ihre Performance dafür hingegen umso stärker.

Zeitreise

Da Peter Maffay nicht umsonst zu den größten deutschsprachigen Musikern gehört, dürfen selbstverständlich seine großen Hits ebenso wenig fehlen. "Eiszeit" als Duett mit Oerding wird etwa untermalt von Trump-Botschaften und Horrorbildern. Politisch zu Wort meldet sich Maffay ja schon lange – zumindest seit dem Ende seiner Laufbahn als Schlagerstar.

"Gibt es Zeitzeugen?", fragt er die Zuschauer bei seinem Nummer 1-Doppelpack um die zweite Person, "So bist Du" und "Du", und ein Großteil im Rund bejaht das. In dieser Phase fühlt man sich beinahe auf eine Schlagerparty vergangener Zeiten zurückversetzt: Allerorts finden sich klatschende, schunkelnde Menschen.

Hochkaratiges Duett

Natürlich gehört zu einem Peter Maffay-Konzert auch der Song, der ihn in den vergangenen Jahrzehnten wohl begleitet hat wie kein anderer, obwohl er nicht einmal aus seiner Feder stammt – "Über sieben Brücken musst Du gehn".

Er macht daraus aber keinen Hehl und widmet das Karat-Stück dem verstorbenen Sänger der Gruppe, Herbert Dreilich, und holt sich als Unterstützung erneut Johannes Oerding auf die Bühne. Als akustisches Duett mit Harmoniegesang, der in der zweiten Hälfte dann komplett vom Publikum übernommen wird, wirkt die Hymne noch einmal emotionaler, auch wenn sie nicht an das ostdeutsche Original heranreicht.

Perlen jenseits der Hits

Interessant ist die Herangehensweise von Maffay und seiner bestens aufgelegten Band um Carl Carlton, Bertram Engel, Pascal Kravetz, Ken Taylor und Peter Keller im "MTV Unplugged"-Kontext allemal.

Am besten funktioniert das Konzept aber jenseits seiner bekanntesten Hits à la "Und es war Sommer" oder "Weil es Dich gibt". Das gilt insbesondere für die im akustischen Gewand deutlich stimmungsvollere und weniger plastisch wirkende Anti-Atomkraft-Hymne "Wenn der letzte Regen fällt" oder bei "Bring mich nach Haus" und "Nur Du hörst" mit ihren markanten Mundharmonikasoli. Alleine wegen solcher Perlen hat es sich für Maffay schon gelohnt, den Stecker zu ziehen.

Stehende Ovationen

Dennoch reißt es das Publium eher bei den großen Hits von den Stühlen als bei dem tiefgründigeren Material. Bei Songs wie "Sonne in der Nacht" sitzt kaum jemand. Eine Ausnahme bildet hierbei die von Carl Carlton lapidar mit "Für Dich ist jeden Tag Valentin, Peter" kommentierte Liebesballade "Ewig".

Sie kommt zwar einerseits verträumt daher, andererseits aber ebenso sehr ein wenig vor sich hin plätschert, erzielt jedoch am Ende eine riesige Resonanz seitens der Zuschauer, die den Moment der noch stärkeren Stille selbst im Rahmen einer reinen Akustikshow zu genießen scheinen.

Unter Strom gestellt

Ganz ohne Elektrisches möchte es Maffay am Ende dann aber doch nicht bewenden lassen: Zu Beginn des Zugabenteils stehen er und Oerding mit Akustikgitarren bewaffnet zu zweit oben in einem Gang der Tribüne und singen gemeinsam "Leuchtschrift", während unten auf der großen Bühne eifrig gearbeitet wird.

Kurz nachdem Maffay alleine den Anfang von "Siehst Du die Sonne nicht?" angestimmt hat, ist auch klar warum: Es wird laut in der Festhalle. Der Star lässt seine angestammte Rockband von der Leine, die dann beim gleichen Song in elektrischem Gewand erst einmal einen Höllenlärm in Form eines Carl Carlton-Gitarrensolos und krachender Drums von Bertram Engel erzeugt.

Schlussakkord in laut

So wirkt es dann am Ende der Show auch fast schon wieder wie eine leichte Befreiung, dass Maffay trotz eines über weite Strecken äußerst gelungenen, atmosphärischen und in sämtlichen Aspekten professionell umgesetzten Unplugged-Experiments letztlich wieder rotzig und kompromisslos wie eh und je losrockt.

Puristen mögen sich vielleicht daran reiben, dass er das Konzert nicht komplett akustisch durchgezogen hat – aber Maffay hat sich noch nie sonderlich daran gestört, was andere über ihn denken, und ein solcher Abend für die Fans hat eben auch ein solch fulminantes Finale wie den elektrischen Doppelschlag aus "Siehst Du die Sonne nicht?" und "Dich zu sehn" mehr als verdient.

Setlist

Bring mich nach Haus / Gelobtes Land / Der Mensch, auf den Du wartest / Eiszeit (mit Johannes Oerding) / So schön (mit Johannes Oerding) / Leuchtturm / Wenn der letzte Regen fällt / Ewig / So bist Du / Du / Medley: Schatten in die Haut tätowiert – Liebe wird verboten (mit Johannes Oerding) / Ich sag ja / Ich will bei Dir sein / Und es war Sommer / Weil es Dich gibt / Samstagabend in unserer Straße / Über sieben Brücken musst Du gehn (mit Johannes Oerding) / Halleluja / Wie soll ein Mensch das ertragen? / Room With A View (mit Tony Carey) / Ich wollte nie erwachsen sein (Nessajas Lied) (mit Elif) / Nur Du hörst (mit Elif) / Sonne in der Nacht (mit Elif) / Freiheit, die ich meine (mit Elif und Tony Carey) // Leuchtschrift (nur Peter Maffay & Johannes Oerding) / Siehst Du die Sonne nicht? [akustisch] / Siehst Du die Sonne nicht? [elektrisch] / Dich zu sehn

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