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Ghost (live in Wiesbaden, 2017) © Peter H. Bauer

Auch Sakrilegien können Spaß machen: Mit stadiontauglichem Sound und augenzwinkernd-satanistischem Image verzückt die schwedische Band Ghost im Schlachthof Wiesbaden das zahlreich erschienene Publikum.

Falls der geneigte christliche Fundamentalist Belege dafür braucht, dass Satanismus im Mainstream angekommen ist, braucht er oder sie nur ein Konzert der schwedischen Metal-Band Ghost zu besuchen: Mit Textzeilen wie "Lucifer / We Are Here / For Your Praise", ins düstere verkehrten Papst-Outfits und einem Sänger, der sich Papa Emeritus nennt, bedient die Band alle denkbaren antichristlichen Klischees.

Dass der Schlachthof Wiesbaden zu diesem Konzert trotzdem gut gefüllt ist, liegt wohl vor allem daran, dass Ghost es schaffen, ihr antichristliches Image so dick auftragen, dass auch der Letzte ihre Ironie versteht. Der schon fast poppige, gleichermaßen von King Diamond und Abba beeinflusste Sound, tut dabei sein übriges.

Zombi Ritual

Doch bevor die Headliner des Abends die Bühne betreten, ist es am Prog-/Space-Duo Zombi, die Show zu eröffnen. Lediglich ausgerüstet mit Synthesizern, Bass und einem virtuos von A.E. Paterra bearbeiteten Drumset, bewegt sich der Bandsound irgendwo zwischen Goblin, Maserati und jüngerem Synthwave à la Perturbator.

Der häufig geloopten, eher statischen Synthie-Kulisse verleiht Moore mit seinem live gespielten Bass Dynamik. Wirklich Leben eingehaucht wird den Songs aber vor allem von Paterras punktgenauem und abwechslungsreichen Schlagzeug. Die ein oder andere Länge im Set verzeiht man der Band gerne, fragt sich am Ende aber doch, ob dieser Sound nicht besser in einem kleinen Club aufgehoben wäre.

Hip to be square

Dass es sich bei Ghost genau andersherum verhält, zeigt schon das nach der Umbaupause sichtbare Faux-Mamor-Podest, auf dem Drums und Keyboards positioniert sind und das die Bühne einigermaßen dominiert. Die Band lebt geradezu von dem Spektakel auf der großen Bühne.

Hier steht die Show, das Spiel mit dem Bösen und die dick aufgetragene Blasphemie im Vordergrund – schon der sakrale Choral und das nach Horrorfilm klingenden Tape-Intro lassen keinen Zweifel aufkommen.

Das mit simplen Riffs und dominanten Keyboards sehr typische "Square Hammer" eröffnet den Abend und zeigt gleich, wie der weitere Abend verlaufen soll: Im Mittelpunkt der Show steht Papa Emeritus III, der sich schon durch seine aufwändige Kostümierung von den uniform maskierten Instrumentalisten abhebt. Der falsche Papst führt sozusagen durch den Abend, während die Songs mit riff-lastigen Strophen und poppigem Chorus alle einem ähnlichen Schema folgen.

Up in smoke

So ist das, was Ghost in Wiesbaden bieten, musikalisch wenig mehr als eine simples, wenngleich sehr tightes Rockkonzert, das hauptsächlich von seinen augenzwinkernd klischeebeladenen Show-Einlagen lebt. Gerade die Lightshow macht in ihrer Vielseitigkeit einiges von der Stimmung an diesem Abend aus; auch die Nebelmaschinen und -kanonen tragen viel zum Gesamteindruck bei. 

Während der einzelnen Songs wartet Papa Emeritus mit Accesoires wie einem Weihrauchfass auf, lenkt mit Handbewegungen den Fokus auf die einzelnen (solierende) Mitglieder und dirigiert mit sichtlichem Vergnügen das Publikum. In den Pausen gibt es kurze, ironische Ansagen und als Nonnen verkleidete junge Frauen, die sich unter das Publikum mischen um "Treats" zu verteilen – die Ideen Ghosts mögen nicht neu sein, aber sie funktionieren im Kontext des Konzertes sehr gut.

The voice of cheese

Der einzige Kritikpunkt besteht darin, dass der Band die Songs fehlen, um durchgängig zu unterhalten. Instrumental und vor allem stimmlich bewegen sich die Musiker auf hohem Niveau, aber im Rahmen eines eineinhalbstündigen Konzerts fehlen wirkliche Hits, da die Songs auf Dauer doch zu ähnlich klingen. 

Nichtsdestotrotz begeistert Ghosts Auftritt das zahlreich erschienene Publikum restlos – und das zu recht: Ghosts Mischung aus cheesigem Metal-Amalgam und einer in ihren Proportionen ans Komische grenzenden Bühnenshow mag zwar einige songwriterische Längen haben, besitzt jedoch die gewisse Position Kurzweil, um mit ihr einen guten Abend zu verbringen.

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