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The Music Of John Williams (Live in Mannheim, 2017) © Mathias Utz

Ein Konzertabend voller Filmmusik von John Williams, bei dem der Komponist gar nicht anwesend ist, geht das? Das weißrussische Bolschoi-Orchester beweist in der Mannheimer SAP Arena, dass das bestens funktionieren kann, trotz der Dominanz von Star Wars.

Es ist schon interessant, wie Dirigent Claudio Vandelli und Moderator Knut Elstermann an jenem Abend über die Musikeinflüsse von John Williams philosophieren: Man höre Vorbilder wie Schostakowitch oder Prokofjew heraus, sogar Wagner mit seiner Leitmotivtechnik sei wegweisend für den Filmkomponisten gewesen. Schade nur, dass der 84-jährige Williams nicht selbst zugegen ist, um von seiner Musik zu erzählen.

In diesem hohen Alter wäre es sicherlich auch keine gute Idee, sich auf eine große Tournee zu begeben. Seinem eigenem Großvater würde man so etwas ja schließlich auch nicht zumuten. Um die 3200 Zuschauer kommen also an jenem Abend voller Erwartung in die SAP Arena, um sich ein Potpourri der größten Filmmusiken von Williams anzuhören. Die Musik ist schließlich Anlass genug.

Ein Telegramm für Sie

Kurz vor Beginn erscheint auf der riesigen LED-Leinwand eine schriftliche Botschaft des Komponisten, in der er dem Publikum viel Spaß wünscht. Ein kurzer Videogruß wäre natürlich persönlicher gewesen. Angesichts der Vorfreude auf das Konzert bin ich jedoch nachsichtig und werde gleich zu Beginn aus meiner Lethargie gerissen. Das Orchester des Staatstheaters für Oper und Ballett  aus Minsk, Weissrussland sorgt  unter der Leitung von Claudio Vandelli mit dem Hauptthema von "Star Wars" für einen hochkarätigen Start.

Schwergewicht der Filmmusik

Der Krieg der Sterne sei der "Monolith" des Werks von John Williams, wie der äußerst kompetente Moderator des Abends, Filmjournalist Knut Elstermann, betont. Dass er sich mit dieser Aussage indirekt auch auf den Konzertabend bezieht, können die Zuschauer da noch nicht ahnen. Nach dem jovialen "Flight To Neverland" und dem gefühlvollen Thema von "Schindlers Liste" tritt jedoch erneut Star Wars auf den Plan, diesmal mit "Anakin's Theme" und "Duel Of The Fates".

Abwechslung schadet nie

John Williams' Soundtrack zum Weltraumepos ist zu Recht eine der bekanntesten Fimmelodien. Jedoch hat der fünffache Oscar- und 12-fache Grammy-Preisträger Williams noch weitaus mehr populäre Filmmusiken geschrieben, wie beispielsweise für "Der Soldat James Ryan" oder "Catch Me If You Can". Hätte man diese Werke nicht anstelle vom ständig wiederkehrenden "Star Wars" spielen können?

Großartige Filmszenen

Doch es folgen natürlich noch zahlreiche weitere Klassiker. Die auf der großen LED-Leinwand gezeigten Filmausschnitte setzen die Musik perfekt in Szene: E.T., der im Raumschiff nach Hause fliegt, die riesigen Dinosaurier in Jurassic Park oder der vor einem riesigen Felsen fliehende Indiana Jones. Die Filmszenen sorgen für die richtige Stimmung und bilden eine schöne Ergänzung zu den hörenswerten Interpretationen des Bolschoi-Orchesters.

Gegensätzliche Inszenierungen

Um einen Bogen zum letztjährigen Konzert von Hans Zimmer zu schlagen: Dort war alles auf Größe angelegt. Band, Chor und Orchester bildeten einen riesigen Klangkörper und Hans Zimmer gab während der Show alles. Auf der Leinwand liefen vom jeweiligen Film lösgelöste Animationen, da es auf der Bühne ohnehin genug zu sehen gab.

Bei "The Best Of John Williams" ist es genau umgekehrt. Die gezeigten Filmausschnitte sind es, die für Dramaturgie sorgen und Erinnerungen an emotionale oder actionreiche Momente wiederauferstehen lassen. Das Konzert an sich ist "klassisch" im herkömmlichen Sinne; das spielende Orchester wird nur von einer sparsamen Lichtshow unterstützt.

Großartige Stimmung, aber fehlendes i-Tüpfelchen

Beide Inszenierungsformen, sowohl von Hans Zimmer als auch von "The Best Of John Williams" haben etwas für sich, nähern sie sich den Filmstreifen und deren musikalische Wahrnehmung doch auf eigene Weise. Der Abend mit der Musik Williams' sorgt also definitiv für Stimmung, lässt aber einen wirklichen Überraschungsmoment vermissen. Dies wird aber durch die einzigartige Symbiose von Orchester und Filmleinwand mehr als aufgewogen.

Star Wars schlägt zurück

Das Programm endet so, wie es angefangen hat: Mit Star Wars, dessen "Imperial March" auch in der Zugabe folgt. Insgesamt hören die Zuschauer also vier Blöcke mit Musik aus dem Sci-Fi-Streifen. Hätten zwei nicht auch gereicht? Star-Wars-Fans dürften sich vor Euphorie kaum noch halten können, für die anderen ist dieser Fokus vielleicht nicht so ganz verständlich.

Mit einem Leuchten in den Augen

Am Ende feiert das Publikum das Orchester und den Dirigenten Vandelli mit Standing Ovations. Das Konzept der Show ist trotz des überproportionalen Verhältnisses von "Star Wars" in der Setlist durchaus gelungen. Die zahlreichen Filmfreunde verlassen die SAP Arena mehr als glücklich, auch wenn Maestro Williams die Zuschauer nicht mit seiner Anwesenheit beehren konnte. Möge die Macht mit ihm sein.

Setlist

1. Set: Star Wars - Main Theme // Hook - Flight To Neverland // Schindlers Liste - Main Theme & Remembrances // Star Wars - Anakin's Theme, Love Theme, Duel Of The Fates // Die Geisha - Sayusi's Theme // Jurassic Park - Main Theme 
2. Set: Superman - Superman March // Der weiße Hai - Main Theme // Harry Potter und der Stein der Weisen - Hedwig's Theme, Harry's Wondrous World // E.T. - Suite // Indiana Jones, Jäger des verlorenen Schatzes - Raiders March // Star Wars - Yoda's Theme, Rey's Theme, A New Hope And End Credits 
Encore: Star Wars - The Imperial March, Darth Vader's Theme // E.T. - Suite

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