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Amon Amarth (live in Offenbach, 2016) © Peter H. Bauer

Die schwedischen Melodic Death Metaller von Amon Amarth rufen in diesem Jahr auf ihrer Tour zum Kampf auf. Neben ihrer hymnischen wie brachialen Musik bieten die Nordmänner dem begeisterten Publikum in der Offenbacher Stadthalle mit ihren Ehrengästen Testament dabei gleich noch eine spektakuläre Show mit allerhand Spezialeffekten.

Wikinger liegen in letzter Zeit voll im Trend. Auf dieser Erfolgswelle schwimmen auch Amon Amarth. Durch ihre Kombination aus musikalischem Können, hymnischen Songs und der Nordmännermythologie haben es die schwedischen Melodic Death-Metaller mit ihrem aktuellen Longplayer "Jomsviking" in diesem Jahr bis an die Spitze der deutschen Charts gebracht.

Aktuell touren sie mit den Thrash Metal-Veteranen Testament als geladenen Gästen durch die Lande und machen auch Station in der Stadthalle Offenbach.

Altes und Neues Testament

Nachdem die schwedische Stoner-Doom-Band Grand Magus den musikalischen Reigen eröffnet hat, betreten die Routiniers aus der Bay Area mit Material ihrer neuen Platte "Brotherhood Of The Snake" die komplett in Rot gehaltene Bühne. Drummer Gene Hoglan begrüßt die Zuschauer, und schon bricht der erste große Jubel aus.

Die Fans freuen sich darüber, mit Sänger Chuck Billy, Basser Steve DiGiorgio und den beiden Gitarristen Eric Peterson und Alex Skolnick ein fast klassisches Testament Line-up geboten zu bekommen. Bei einer Formation, in deren Bandgeschichte beinahe so viele Charaktere aufgetreten sind wie im alten Teil der Bibel, kann man dabei durchaus von einem Achtungserfolg sprechen.

Bereit für Thrash

Mit voller Wucht schlagen sich Testament durch eine bunte Mischung aus alten Klassikern und neuem Material. Die Band verliert keine Zeit und hangelt sich praktisch ohne Unterbrechung von einem Schädelspalter zum nächsten. Das Publikum in der mittlerweile bereits gut gefüllten Offenbacher Stadthalle dankt es ihnen mit großer Resonanz.

Zu düsterem Licht riffen sich Skolnick und Peterson durch "Disciples Of The Watch", während die Fans ihre Soli beim nachfolgenden "The New Order" mit lauten Sprechchören honorieren. Als Billy dann das alterprobte "Into The Pit" mit der Frage, ob die Fans wohl bereit für etwas guten, alten Thrash seien, erhält er ein kurzes, aber prägnantes "Yeah!" zurück.

Gealtert, aber fit

Dass die Klassiker aus der Frühphase der Band wie "Over The Wall" am besten ankommen, war zu erwarten. Immer wieder reißen die Zuschauer ihre Arme in die Höhe und rufen im Takt, ob mit Aufforderung des Frontmanns oder nicht. Teilweise sind Testament sichtlich in die Jahre gekommen, aber der Begeisterung der Zuschauer kann diese Tatsache nichts anhaben.

Die Band zeigt sich nämlich guter Dinge, und irgendwie ist es erstaunlich, wie flink Drummer Hoglan seine große Körpermasse bewegen und auf Felle und Becken einprügeln kann. Alex Skolnick beim Gitarrenspiel zuzusehen, bleibt weiterhin ein Genuss, ganz unabhängig davon, ob er nun Jazz oder Thrash Metal zum Besten gibt.

Wikinger im Anmarsch

Nach einer von Iron Maidens "Killers"-Album begleiteten Umbauphase erstürmen schließlich Amon Amarth die inzwischen opulent dekorierte Bühne. Ein Gimmick ist ein überlebensgroßer Wikingerhelm, auf dem der neue Schlagzeuger Jocke Wallgren Platz nimmt.

In der gesamten Stadthalle herrscht grenzenloser Jubel, als die fünf Schweden mit "The Pursuit Of Vikings" dann so richtig loslegen. Erneut recken die Fans ihre Hände nach oben und skandieren “Hey!“ Der Aufforderung von Sänger Johan Hegg, das Publikum solle schreien, kommen die zahlreichen Anwesenden gerne nach. 

Er hat "Oberhausen" gesagt!

Am Ende des trotz seiner vielen brachialen Double Bass-Attacken hymnischen "As Loke Falls" richtet sich der Frontmann dann auf Deutsch an die enthusiastischen Zuschauer. Als er feststellt, dass er sich in der Stadt geirrt hat, fragt er noch einmal, nun auf Englisch, nach: "Habe ich etwa Oberhausen gesagt? Manchmal bin ich echt ein solcher Dummkopf." 

Das Publikum verzeiht ihm seinen kleinen Fauxpas aber gerne und begrüßt freudig das jetzt folgende "First Kill" vom neuen Album, das mit spektakulären Pyrotechnik-Effekten wie beispielsweise aufsteigenden Flammen aufwarten kann. Hegg reißt dabei wieder und wieder seine Faust gen Himmel, und auf sein Geheiß hin tun die Fans es ihm gleich.

So sind Nordmänner eben

Auch bei "The Way Of Vikings" lassen sich Amon Amarth nicht lumpen. Neben den fünf Musikern stehen noch zwei mit Schwertern, Helmen und Schildern bewaffnete, sich duellierende Wikinger auf der blau beleuchteten Bühne und werden interessiert beäugt.

Es ist schon ein faszinierendes Bild, das sich da bietet: Kämpfende Nordmänner, langmähnige, wiederholt ihre Haare schüttelnde Instrumentalisten und eine Menschenmenge, die ihre Hände im Takt nach oben reckt. Ungefähr so muss man sich wohl eine moderne Walhalla vorstellen. Inhaltlich wie musikalisch könnte vermutlich auch kaum ein Soundtrack dazu passender sein.

 

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Härte und Melodien

Bei "At Dawn’s First Light" mit seinen vielen durchs Publikum huschenden Spotlights und Blitzern stimmen die Fans schließlich im Refrain mit ein und sorgen für einen Gänsehautmoment. Die schwedischen Metaller zeigen an diesem Abend, dass sie den Spagat zwischen brutaler Härte und genügend melodischen Elementen im Schlaf beherrschen.

"Cry Of The Black Birds" bietet bereits im Intro einen sanften Synthesizerteppich, auf dem sich Wallgren hinter seinem Kit austoben darf, bevor der von viel Knüppelei unterstützte wilde Ritt erst so richtig losgeht, wohingegen es im Break bei “Deceiver Of The Gods“ einen echten Mitsingmoment für die Fans gibt.

Poetische Brutalität

Die Beleuchtung während des anschließenden "“On A Sea Of Blood" trifft genau ins Schwarze – oder vielmehr ins Rote. Bei diesem der sechs Stücke vom aktuellen Album rennt Sänger Hegg auch wie ein Derwisch über die Bühne, nur um kurz darauf von ihr zu verschwinden, damit seine beiden Gitarristen Olavi Mikkonen und Johan Söderberg ausreichend Platz zum Solieren haben. Danach scherzt der Frontmann erneut mit den Zuschauern und kündigt daraufhin in einem gekonnt dargebotenen, poetischen Monolog das brachiale "Destroyer Of The Universe" an.

Als der Frontmann im Anschluss die älteste Amon Amarth-Nummer an diesem Abend vorstellt, kann er sich der Unterstützung seiner Fans sicher sein. Er muss nur “Death In…“ rufen, und das Publikum komplettiert den Titel aus voller Kehle mit “… Fire“. Thematisch dazu passend, gibt es während des in gelbes und rotes Licht verpackten Stückes von der "Versus The World"-Platte einmal mehr aufsteigende Flammen, die auch bereits den nächsten Song "One Thousand Burning Arrows" mit seinen weißen Strahlern und einem Mitklatschmoment in der Mitte anzukündigen scheinen.

Der Weg in die Ruhmeshalle

Für "Father Of The Wolf" holen sich Amon Amarth dann wieder Unterstützung auf die Bühne. Bereits im Verlauf des von Band ablaufenden, gesprochenen Intros stolziert ein dämonisch aussehender Wikinger mit Maske über die Bühne, und nachdem die Musiker dann losgelegt haben, steigt obendrein noch weißer Nebel auf.

Im Anschluss erhält Hegg dann wieder die Möglichkeit, sich beim Vortragen einiger Textzeilen auszuzeichnen, die als Einleitung zu "Runes To My Memory" fungieren. Das reguläre Set beendet ein durch die Frage "Seid ihr bereit?" des Frontmanns eingeleitetes "War Of The Gods" mit grandiosen Gitarrenriffs.

Die Halle – ein Schlachtfeld

Amon Amarth verlassen danach die Bühne, stehen aber schneller wieder auf ihr als Lucky Luke schießen kann. Hegg bedankt sich beim Offenbacher Publikum, die Band erhebt ihre mit deutschem Bier gefüllten Wikingerhörner zum Prost und geht passenderweise zu "Raise Your Horns" über. Dabei sind erneut fast im gesamten Innenraum der Halle die Fäuste in die Luft gereckt. Die Schweden haben sich einiges bis zum Schluss aufgehoben.

Als sie nach "Guardians Of Asgaard" und "Twilight Of The Thunder God" den Abend beschließen, haben die Zuschauer einen ersten großartigen Eindruck davon erhalten, wie wohl die nordische Ruhmeshalle am Ende des langen, beschwerlichen Kampfes aussehen mag.

Setlist von Testament

Brotherhood Of The Snake / Rise Up / The Pale King / Disciples Of The Watch / The New Order / Dark Roots Of Earth / Stronghold / Into The Pit / Over The Wall / The Formation Of Damnation

Setlist von Amon Amarth

The Pursuit Of Vikings / As Loke Falls / First Kill / The Way Of Vikings / At Dawn’s First Light / Cry Of The Black Birds / Deceiver Of The Gods / On A Sea Of Blood / Destroyer Of The Universe / Death In Fire / One Thousand Burning Arrows / Father Of The Wolf / Runes To My Memory / War Of The Gods // Raise Your Horns / Guardians Of Asgaard / Twilight Of The Gods

 

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