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Scorpions (live in Mannheim 2016) © Rudi Brand

50 Jahre erfolgreich durchzuhalten schaffen nur ganz wenige Bands im harten Rockgeschäft. Eine von ihnen sind die Scorpions. Wenn die Hannoveraner Institution dann zur Jubiläumstour ruft, füllen sich die Hallen. In der Mannheimer SAP Arena zeigt die Gruppe eindrucksvoll, warum.

Wenn man ein halbes Jahrhundert im Rahmen einer Rockband überlebt, stößt man in ganz erlauchte Kreise vor. Viel mehr als die Rolling Stones und The Who fallen dem geneigten Kenner da spontan nicht ein. Neuerdings gehören auch die Scorpions zu dieser illustren Gruppe. Sie haben deshalb allen Grund, sich ausgiebig selbst zu feiern.

In der ausverkauften SAP Arena Mannheim versammeln sich an diesem Abend etwa 11.000 zahlende Gäste, um zusammen mit den niedersächsischen Rockveteranen genau diesen Anlass gebührend zu zelebrieren.

Was hinter der Schwärze liegt...

Als Anheizer haben sich die Scorpions lokale Unterstützung mitgebracht. Die Symphonic Metaller von Beyond The Black bieten bei ihrem Heimspiel eine energiegeladene Show und sorgen für die passende Stimmung beim gut aufgelegten Publikum.

Besonders Frontfrau Jennifer Haben strahlt eine enorme Bühnenpräsenz aus und demonstriert im Verlauf des Sets zudem ihr Können am Keyboard und der Akustikgitarre. Der Auftritt im Stile von Within Temptation beweist, dass Beyond The Black nicht völlig umsonst zu den großen Aufsteigern im deutschen Musikgeschäft gehören.

Nichts eingebüßt

Wenig später erhebt sich dann der Vorhang mit dem Logo der Scorpions, die vielen Videoleinwände lassen die gesamte Bühne in sämtlichen nur erdenklichen Formen und Farben erstrahlen – und schon sind die Hannoveraner mit "Going Out With A Bang", dem bluesigen Opener ihrer aktuellen Platte "Return To Forever" am Werk.

Auch die darauffolgenden Klassiker "Make It Real" und "The Zoo" dokumentieren eindrucksvoll, warum der Rücktritt vom Rücktritt vor wenigen Jahren eine fabelhafte Idee war. Von der ersten Sekunde an zeigen sich die Scorpions kraftvoll wie eh und je.

Gut geölte Maschine

Im Anschluss darf Sänger Klaus Meine erstmals sein Goldkehlchen schonen, dafür aber bei "Coast To Coast" zusammen mit seinen langjährigen Mitstreitern Rudolf Schenker und Matthias Jabs in die Saiten greifen. Während des Instrumentals sind die drei ständig auf der Bühne unterwegs.

Gegen Ende des Stückes positionieren sich schließlich alle mitsamt ihres polnischen Bassers Paweł Mąciwoda unterhalb des Drumkits von James Kottak, der inzwischen mit nacktem Oberkörper hinter der Schießbude Platz genommen hat und stolz seine zahlreichen Tattoos präsentiert.

Aus den Tiefen des Archivs

Beim darauffolgenden Medley gibt es dann etwas Ungewohntes für die Ohren. Die Scorpions greifen ganz tief in die Mottenkiste und entstauben in die Jahre gekommene Songs aus der Phase mit Uli Jon Roth. Ein halbes Jahrhundert Bandgeschichte hinterlässt eben seine Spuren sowie einiges an Material.

Dennoch würde man nicht unbedingt vermuten, dass diese Stücke deutlich älter sind als etwa "We Built This House" vom aktuellen Album. Die Musik der Scorpions ist zeitlos, und das Publikum honoriert jegliche ihrer Darbietungen mit entsprechend großer Resonanz.

Ruhige Zwischentöne

Leadgitarrist Matthias Jabs darf sich bei seinem Solospot "Delicate Dance" mit Unterstützung von Kottak und Mąciwoda dann so richtig austoben, bevor sich die Niedersachsen im Rahmen eines Akustikmedleys in wesentlich ruhigere Gefilde begeben.

Altbekanntes wie "Always Somewhere" von "Lovedrive" wechselt sich hierbei mit Neuem wie "Eye Of The Storm" sowie dem Hit "Send Me An Angel" ab. Die gesamte Band begibt sich für das Medley an den vorderen Rand der Bühne und steht dadurch inmitten der Zuschauer im Innenraum. Die Skorpione sind zum Greifen nah.

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Der Pfeifer am Tor zum Morgen

Der ewige Klassiker "Wind Of Change" darf natürlich auch nicht fehlen. Meine zelebriert sein markantes Pfeifen im Intro wieder direkt über dem Publikum, und auch Schenker posiert immer wieder für die zahlenden Gäste, die jedes Wort der Perestroika-Hymne aus voller Kehle mitsingen und so Gänsehautatmosphäre in der Arena aufkommen lassen.

Mit seinem fulminanten Finale dient die Power-Ballade obendrein als eine Art Brücke zurück zur härteren Gangart à la "Rock'n'Roll Band", "Dynamite" und "In The Line Of Fire".

Das Tier im Manne(m)

Danach gönnt sich ein Gros der gesetzten Herren erst einmal eine kleine Verschnaufpause, und es ist an James Kottak, zu zeigen, was er alles in petto hat. Bei seinem Schlagzeugsolo erhebt sich der Drum Riser des exzentrischen Amerikaners gen Hallendecke.

Begleitet von einer großartigen Lichtshow prügelt er aus luftiger Höhe derart auf die Felle ein, dass es eine wahre Freude ist. Am Ende seines Solos entledigt sich dann seines T-Shirts mit dem Aufdruck "Rock'n'Roll Forever", nur um den exakt gleichen Schriftzug als Tätowierung auf seinem Rücken zu präsentieren.

Großer Aufwand

Während "Kottak Attack" mit seinem aufsteigenden Drum Riser wird außerdem deutlich, wie perfekt die Scorpions und ihre Crew nach all den Jahren aufeinander eingespielt sind. Rein logistisch gesehen benötigt die enorm aufwändige Show ungefähr den gleichen Aufwand wie die Versorgung einer ganzen Kleinstadt.

Dass es trotzdem zu keinerlei Komplikationen kommt und Sound- wie Lichtqualität tadellos sind, zeugt von der Klasse sämtlicher Beteiligten. In audiovisueller Hinsicht gibt es an diesem Abend nämlich keinerlei Grund zur Beanstandung.

Kein trauriger Schlussakkord in Moll

Nach Kottaks Solo begeben sich die Scorpions in den Schlussspurt des Abends. Die Endphase ist nur so gespickt mit unsterblichen Klassikern aus dem gewaltigen Repertoire der Hannoveraner. Den Anfang macht "Blackout", auf dem Klaus Meine seinerzeit seine 'neue' Stimme als Folge mehrerer Operationen erstmals zu Gehör bringen durfte, gefolgt von der zeitlosen Hymne "Big City Nights".

Daraufhin verabschieden sich die Bandmitglieder zunächst winkend von der Bühne, die von der LED-Wand im schwarzen Scorpions-Schriftzug auf blauem Hintergrund angestrahlt wird.

Die Liebe ist noch da

Die Zuschauer dürsten nach mehr harter Kost von den Niedersachsen, und ihr euphorisches Bitten ist von Erfolg gekrönt. Es dauert nicht lange, bis sich die Band mit ihrer zweiten Überballade neben "Wind Of Change" zurückmeldet.

Ohne "Still Loving You" wäre schließlich jedes Scorpions-Konzert unvollständig. Auch an dieser Stelle klebt das Publikum wieder an Meines Lippen und singt zu seiner Unterstützung selbstredend erneut jede einzelne Silbe mit, während Schenker für sein Gitarrensolo am vorderen Rand der Bühne mit seiner Flying V-Gitarre eindrucksvoll posiert.

Abschließender Feger

Nach einer ersten Runde Konfettiregen bildet "Rock You Like A Hurricane", das bei einem Scorpions-Konzert natürlich ebenso wenig fehlen darf, den Abschluss eines gelungenen Abends in der SAP Arena.

Wie der titelgebende Wirbelsturm fegen die Niedersachsen mit diesem Kracher und erneuten Papierschnipseln von der Decke die Zuschauer sprichwörtlich aus der Halle, woraufhin die zahlenden Gäste zufrieden in Richtung Autos und öffentliche Verkehrsmittel marschieren. Die Scorpions haben gezeigt, dass sie immer noch zu den Größen des Rockgeschäfts gehören.

Die Mixtur stimmt

Wirklich exotische Schmankerl tischen die giftigen Hannoveraner mit Ausnahme des ersten Medleys indes nicht auf. Sie servieren weitgehend altbewährte Zutaten, die durch die spektakuläre Optik undden guten Sound allerdings ein gewisses Salz in der Suppe erhalten. Dieses Rezept geht voll auf.

Wer auf hausgemachte Klassiker in Serie steht, wird an diesem Abend in Mannheim bestens bedient. Genau dafür scheint das Publikum auch gekommen zu sein, um die schmackhaften Traditionsrezepte der Scorpions noch einmal in einem gelungenen Ambiente genießen zu dürfen.

Setlist

Going Out With A Bang / Make It Real / The Zoo / Coast To Coast / Top Of The Bill / Steamrock Fever / Speedy‘s Coming / Catch Your Train / We Built This House / Delicate Dance / Always Somewhere / Eye Of The Storm / Send Me An Angel / Wind Of Change / Rock ‘n‘ Roll Band / Dynamite / In The Line Of Fire / Kottak Attack / Blackout / Big City Nights // Still Loving You / Rock You Like A Hurricane

 

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