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Sóley (live in Heidelberg, 2015) © Alex Schäfer

Die isländische Künstlerin Sóley machte am 8. Dezember im Rahmen ihrer nicht enden wollenden Tour erneut Halt in Deutschland, diesmal im Karlstorbahnhof Heidelberg. Die Gäste erwartete ein Abend, der sie in beinahe schon märchenhaft anmutende musikalische Gefilde entführen sollte.

Der Karlstorbahnhof feiert dieser Tage sein zwanzigjähriges Bestehen und hat dazu ein umfassendes Konzertprogramm auf die Beine gestellt. An diesem Dienstag steht die isländische Künstlerin Sóley auf dem Plan, die zuletzt 2013 hier gespielt hatte.

Zwischen Fever Ray und Darkside

Die Bühne des Saals im Karlstor ist vollgestellt mit Instrumenten. Schlagzeug, Klavier, diverse Gitarren, Synthesizer, Beatpads und Laptops finden sich dort. Nur einiges davon wird von Sóley selbst genutzt, denn zunächst spielt der Toursupport Mr. Silla, ebenfalls aus Island.

Die zweiköpfige Band, bestehend aus Sigurlaug Gísladóttir und Tyler Ludwick, erinnert in ihrer Düsterkeit und Verträumtheit teils an Fever Ray oder The Knife. In den etwas gitarrenlastigeren Stücken lassen sich aber auch Assoziationen mit Nicolas Jaars Nebenprojekt Darkside nicht leugnen. Etwa vierzig Minuten dauert ihr Set, das von den Zuschauern bereits positiv aufgenommen wird.

Kill the clown

Hin und weg ist das Publikum allerdings erst, als Sóley mit ihrer Band nach einer kurzen Umbaupause die Bühne betritt. Noch bevor die ersten Töne erklingen, stellt Sóley ihre Mitmusiker vor, deren Namen zu notieren der Autor beschämenderweise versäumt hat. Danach geht es los in eine Welt aus einäugigen Hexen und toten Clowns.

Sóleys Musik hat etwas Träumerisches an sich, bewegt sich immer auf dem schmalen Grat zwischen Phlegmatik und Melancholie. Passt man einen Moment nicht auf, wird man hineingezogen in den musikalischen Strudel aus Schlagzeug-Unterbau, elektronischer Grundschwingung und Sóleys mal klarer, mal modifizierter Stimme, die wie ein Geist über den Wassern schwebt.

Kontaktfreudig

Nachdem man vielleicht erwartet hätte, dass Sóley nach der anfänglichen Bandvorstellung keine weiteren Ansagen macht, um diese Atmosphäre zu bereichern, wird man schnell eines Besseren belehrt. Die Isländerin zeichnet sich durch ein unheimlich aufgewecktes, beinahe schon quirliges Gemüt aus und sucht den Kontakt mit den Zuschauern. Dabei zeigt sie keinerlei Berührungsängste und verweist beispielsweise darauf, dass sie ein Gummiband um ihre Brille trage, damit dieses nicht runterfalle. Dadurch würde aber ihre Brille ständig beschlagen, „human fog“, wie sie es nennt.

Mit solchen und ähnlichen Aussagen lockert die Sängerin die Stimmung immer wieder auf. Es ist ein erstaunlich amüsanter Abend, den die Isländerin den Heidelberger Fans beschert, ein Hin und Her zwischen sphärisch-düsterer Musik und Alleinunterhaltung. Sóley besticht dadurch, dass diese beiden Elemente sich durch sie nicht widersprechen, sondern vielmehr ergänzen.

In Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen

Der einzige Wermutstropfen ist die verhältnismäßig kurze Spieldauer. Sóley steht nur etwa eine Stunde auf der Bühne, bevor sie sich mit ihren Mitmusikern verabschiedet. Natürlich gibt die Künstlerin aufgrund des begeisterten Applauses noch eine Zugabe von zwei Stücken. Dennoch hätte man sich vielleicht ein wenig mehr erhofft. Allerdings hat Sóley bisher auch nur zwei Alben veröffentlicht, die gemeinsam die Dauer von 90 Minuten nicht überschreiten.

Davon aber abgesehen bietet Sóley ein Ausnahmekonzert im Karlstorbahnhof. Man darf sich jetzt schon auf ihren nächsten Besuch freuen, der hoffentlich nicht erst wieder in zwei Jahren erfolgen wird.

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