Die Happy (live in Hamburg, 2014)

Die Happy (live in Hamburg, 2014) © Falk Simon

Ein Akustik-Konzert ist für eine Rockband wie Die Happy ein Wagnis. Denn die Band lebt stark von der Energie, die auf das Publikum überspringt. In Darmstadt beweisen Die Happy aber, dass sie auch mit weniger Power eine Riesenshow abliefern können.

Auf der Bühne in der Centralstation Darmstadt herrscht echte Wohnzimmeratmosphäre. Die Musikinstrumente stehen zwischen drei überdimensionalen Lampenschirmen, die während der Show farbig beleuchtet werden. Gegen 21.30 Uhr kommen die Bandmitglieder und Gastmusiker der Akustik-Tour auf die Bühne. Dann bitten sie gemeinsam das Herzstück von Die Happy auf die Bühne, das Goldkehlchen aus Prag, Marta Jandová.

Ganz untypisch beginnen sie mit der Cover-Version eines Titels, der aber hervorragend zum Bandnamen passt, nämlich "Happy" von Pharrell Williams. Allerdings singt Marta immer nur die Strophen und lässt den Refrain komplett weg. Den Refrain zum Mitsingen gibt es dafür beim eigenen Hit "Big Boy" und wie immer sind die Fans der Band voll dabei.

Das erste Abschweifen

Wer jemals ein Live-Konzert von Die Happy besucht hat, kennt die vielen Storys rund um die Band, die Marta stets zum Besten gibt. Das alles zu dokumentieren ist unmöglich. Meist enden die Storys peinlich-komisch mit zahlreichen Versprechern oder Marta verzettelt sich so in der deutschen Sprache, dass sowohl die Band wie das Publikum sich wegschreit vor Lachen.

Diesmal endet die erste Story damit, dass Marta ihrer Hoffnung Ausdruck verleiht, das Publikum werde sich am Ende des Konzerts "selbstständig gehend" nach Hause begeben. Dann korrigiert sie "selbstständig" zu "selbstbewusst", wobei die erste Variante auch eine gute Option wäre.

Akustische Glanzlichter

Für die Akustik-Tour haben Die Happy einige Songs des neuen Albums "Everlove" neu arrangiert. So präsentieren sie "Too Fast" in einer eindrucksvoll tiefgängigen Variante mit einem sehr gelungenen Keyboardsolo. Der grausame Rap danach wird wieder zum Riesenbrüller beim Publikum. Anschließend erzählt Marta von ihrer Schwangerschaft und wie sie dabei den Hit "Surrender" geschrieben hat, oder wie es in Marta-Deutsch heißt, das "Lied über das Bauch".

Die Fans spüren bei dieser Präsentation die Emotionalität und so wird diese Performance zum Highlight der Show. Aber auch die Ballade "Hang On", bei der Marta die ganze Power ihre kraftvollen Stimme entfaltet, ist wie schon bei der Rock-Tour im Frühjahr 2014 wieder ein absoluter Kracher.

Fast rockig

Einen richtigen Rock-Sound mit akustischen Instrumenten zu erzeugen, ist schwierig. Aber Die Happy deuten im nächsten Block zumindest an, mit wieviel Power sie gewöhnlich ihre Konzerte spielen. Die Fans hüpfen und klatschen begeistert, während die Band groß aufspielt und Marta zu Songs wie "Hypnotized" über die Bühne flitzt.

So entsteht kurzfristig eine ganz andere Atmosphäre, bevor das Tempo in einem reduzierten Akustikset mit zwei Gitarren wieder extrem gedrosselt wird. Bei "The Ordinary Song" entfaltet wieder Marta ihre Powerstimme, während die Gitarren und das Keyboard einige sanfte Akzente setzen. Der traditionelle Abschluss des Hauptblocks ist wie schon häufig "Goodbye" und so verschwinden Die Happy unter tosendem Beifall von der Bühne.

Neue Varianten

Marta schweift in der Zugabe zunächst wieder einmal ab und landet schließlich im Darmstädter Affenhaus, in dem ihre Tochter fast von einem Affen abgeschleckt worden wäre, wenn keine Trennscheibe dazwischen gewesen wäre. Diese tierische Zungenakrobatik führt sie dem Publikum in aller Ausschweifung vor. Dann bindet sie ihren Keyboarder Lutz in den Song "With Or Without You" ein und erfindet die Variante "Without Lutz", die das Publikum sogleich mitperformen darf.

Es folgt die Akustikversion des größten Bandhits "Supersonic Speed", dem aber letztlich die Power der Rockversion fehlt. Es ist der einzige Song des Konzerts, der als Akustiksong gegenüber der Rockversion klar an Qualität verliert.

Von der Bühne entführt

Den letzten großen Moment gibt es beim letzten Song "On My Way", als die Band mehrere Sekunden wie eingefroren scheint und im Saal fast jedes Geräusch verstummt. Nach großem Applaus für 2 1/2 Stunden toller Show legen zur eingespielten Swingmusik Sängerin Marta und Bassgitarrist Ralph Rieker noch ein kleines Tänzchen hin, bevor Ralph die aufgedrehte Marta über die Schulter wirft und samt zappelnder Beine von der Bühne trägt.

Am Ende war alles da, was ein Die Happy Konzert unverwechselbar macht. Tolle Live-Musik und eine Marta in Höchstform, die sich als grandiose Entertainerin mit Hang zur Selbstironie präsentierte.

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