Schlachthof Wiesbaden (Eröffnung 12/2012) © Daniel Nagel
Nicht nur von uns wurde der Schlachthof in Wiesbaden in den vergangenen zwei Jahren schmerzlich vermisst. Das seit 1994 bestehende Kulturzentrum hatte sich in den mehr als fünfzehn Jahren seiner Existenz zu einem über die Stadt und Region hinaus bekannten Treffpunkt der Jugend- und Alternativkultur entwickelt. Jetzt gibt es den Schlachthof wieder in vollem Umfang – und es hat sich einiges geändert.
Komplett neue Halle plus Wassertum
Nachdem die große Halle im November 2010 wegen baulicher und brandschutztechnischer Mängel geschlossen wurde, war die Zukunft des Kulturzentrums lange Zeit fraglich. Nach langen Debatten beschloss die Stadt Wiesbaden, nicht die alte Halle zu sanieren, sondern eine komplett neue Halle in unmittelbarer Nähe zu errichten.
Damit nicht genug: Auch der alte Wassertum, der sich markant wenige Meter entfernt erhebt, soll saniert und ab 2014 Teil des Kulturzentrums werden. Beispielsweise soll die im Augenblick geschlossene Räucherkammer dort einziehen. Es scheint, als stehe dem Schlachthof eine goldene Zukunft bevor.
1000 Quadratmeter
Die neue Halle sieht jedenfalls umwerfend aus. Natürlich besitzt sie nicht den Charme eines "maroden Provisoriums", sondern erscheint als nüchterner, aber doch charaktervoller Neubau, der 2000 Besuchern Platz bietet.
Obwohl der neue Schlachthof mit 1000 Quadratmetern ein wenig kleiner ist als die alte Halle, wirkt er optisch großzügiger. Die Errichtung des Neubaus durch die Stadtentwicklungsgesellschaft SEG dauerte ein knappes Jahr und kostete einschließlich der technischen Ausstattung 7,7 Millionen Euro.
Die Betonherrlichkeit moderner Architektur wird gemildert durch die mit schwarzen Dämmplatten ausgestattete Decke und die imposant aufragende Bühne. In der Mitte der Halle lenkt eine riesige Discokugel die Blicke auf sich. Die grauen Betonwände im oberen Teil der Halle werden vielleicht später mit Graffiti verschönert so wie jetzt bereits Teile der Außenwand.
Frech und furchtlos
Im Backstage-Bereich sorgen 70er-Jahre-Möbel für einen Stilbruch, der zwar die ästhetische Toleranz mancher Gäste beansprucht, aber gleichzeitig ein wichtiges Signal setzt: Der Schlachthof bleibt weiterhin frech und furchtlos.
In seiner Dankesrede zeigt sich der erste Vorsitzende Gerhard Schulz begeistert ob der schnellen Wiederauferstehung des Kulturzentrums. Er verweist zu Recht darauf, was möglich ist, wenn Betreiber, Politik und Verwaltung Hand in Hand arbeiten, um einen zentralen Bestandteil des kulturellen Lebens einer Stadt zu bewahren.
Sichtlich gelöst berichtet er vom zweijährigen "Marsch durch die Hölle", den der Schlachthof mit der Neueröffnung nun hinter sich gebracht habe. Es sei ein tolles Gefühl, von Besuchern zu hören: "Endlich seid ihr wieder da!"
Außerdem bietet er an, gemeinsam mit Oberbürgermeister Helmut Müller in andere Städte zu reisen, um dort die in Wiesbaden gesammelten Erfahrungen weiterzugeben.
Die Einladung aus Heidelberg sollte eigentlich nicht lange auf sich warten lassen. Dort könnte man Beratung gut gebrauchen.