Impressionen vom Freitag (Rock am Ring, 2014)

Impressionen vom Freitag (Rock am Ring, 2014) © Tom Teubner

Der Streit zwischen dem Rennstreckenbetreiber Capricorn Nürburgring (CNG) und Festivalveranstalter DEAG eskaliert weiter. In einer Pressemitteilung teilt die DEAG mit, die "Standortdiskussion" stelle das Festival Der Ring – Grüne Hölle Rock nicht in Frage, weckt aber mit ihren eigenen Erklärungen Zweifel an dieser Aussage. Ist eine Verlegung wirklich realistisch?

Die neueste Pressemitteilung der DEAG zur möglichen Verlegung des Grüne Hölle-Festivals ist eine einzige Anklage gegen CNG. Diese gehört trotz ihres Namens nicht mehr dem Automobilzulieferer Capricorn, dessen Besitzer Robertino Wild fällige Raten zum Kauf des Nürburgrings nicht zahlen konnte. Gegen Wild ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft wegen Kreditbetrugs.

Vorwurf des Vertragsbruchs

Wild verkaufte daher seine Beteiligung am Nürburgring an den russischen Unternehmer Viktor Charitonin, der zwei Drittel der Anteile an der Betreibergesellschaft CNG kontrolliert. Das andere Drittel befindet sich im Besitz der Motorsportfirma Getspeed. Nach dem Besitzerwechsel ist das Verhältnis zwischen CNG und DEAG offensichtlich zerrüttet. Die tieferen Ursachen sind unklar, während die Gründe offensichtlich sind: es geht ums Geld.

In ihrer Pressemitteilung wirft die DEAG der CNG offen "Vertragsbruch" vor. CNG habe sich "entgegen der vertraglichen Vereinbarungen bisher zu keinem Zeitpunkt an den Zahlungen für Künstlergagen und Werbemaßnahmen beteiligt […]Sämtliche Kosten für das Festival wurden allein von der DEAG getragen und bereits beglichen." Dabei handelt es sich bislang um mindestens 3,5 Millionen Euro.

Schalke: mehr als eine theoretische Möglichkeit?

Angesichts der Eskalation erscheint die geplante Durchführung des Festivals Grüne Hölle am Nürburgring kaum realistisch zu sein, obgleich die DEAG in einer Ad Hoc-Meldung betont, sie prüfe "derzeit im Interesse der Fans und im Sinne einer wirtschaftlich guten Lösung, ob eine Durchführung des Festivals am Nürburgring dennoch möglich ist."

Außerdem erklärt das Unternehmen: "Zugleich werden intensive Gespräche mit der Veltins-Arena in Gelsenkirchen über eine mögliche Verlegung des Rock-Festivals in dieses Stadion geführt. Dieser gesamte Prozess erfolgt unter aktiver Einbindung der Versicherung der DEAG. Eine Entscheidung, ob das Festival auf Schalke stattfinden kann, ist kurzfristig zu erwarten."

Von Gewissheit ist man also bei der DEAG noch weit entfernt – eine Verlegung erscheint "möglich" – mehr aber auch nicht. An diesen Gesprächen ist auch die Versicherung beteiligt, die wohl im Fall eines Ausfalls zahlen müsste. Obwohl die DEAG erklärt, bis zu einem Verlust von 7,5 Millionen Euro abgesichert zu sein, verliert die Aktie des Unternehmens deutlich an Wert. Grund hierfür sind u.a. Risikovorsorgen, die einen Ergebnissondereffekt in Höhe von 3 Millionen Euro nach sich ziehen.

Gewaltige Herausforderungen

Offenkundig sind die Schwierigkeiten, die einer Verlegung entgegenstehen. Binnen zweier Monate müssten nicht nur alle organisatorischen Fragen geklärt, sondern auch die entsprechenden Genehmigungen beschafft werden.

Jede Einzelheit – vom Bühnenaufbau, über Sicherheits- und Cateringskonzepte, geeigneten Campingmöglichkeiten und Backstage-Räumen müsste für eine im Vergleich zu einem Open-Air-Gelände ganz anders geartete Arena neu gestaltet werden – und das unter unglaublichen Zeitdruck. Angesichts dieser Herausforderungen ist Skepsis angebracht.

Was machen die Fans?

Dabei ist nicht eingerechnet, dass alle bisherigen Kartenkäufer (offensichtlich haben nicht mehr als knapp 8.000 Personen Dreitagestickets erworben) bei einer Verlegung ihre Karten jederzeit zurückgeben könnten. Wie aber will man neue Käufer motivieren, Tickets für ein Event zu erwerben, das im besten Fall mit heißer Nadel gestrickt, im schlechtesten aber ein aussichtsloses Unterfangen ist?

In einem Radiointerview mit dem Südwestfunk sprach DEAG-Geschäftsführer davon, dass der Nürburgring möglicherweise nicht die ideale Wahl als Veranstaltungsort gewesen sei. Die Einsicht kommt spät – vielleicht zu spät, um das Grüne Hölle-Festival zu retten.

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