Tortuga Bar

Tortuga Bar

Tortuga Bar, gegründet im Frühjar 2007, ist die neue Band des Songwriters Mark Kowarsch und Alexandra Gschossmann. Einige der Songs, die nun auf dem Debütalbum "Narcotic Junkfood Revolution" zu finden sind, spielte Mark bereits mit seiner Ex-Band Sharon Stoned, arrangierte sie allerdings neu. Schon immer spielten oftmals Gastmusiker auf seinen Alben mit. Diese Tradition setzt sich unter anderem mit Gisbert zu Knyphausen, Nagel von Muff Potter und Evan Dando von The Lemonheads fort.

{image}Wie seid ihr auf den Namen Tortuga Bar gekommen?

Mark: Das ist eine Bar in Riva Trigoso, Italien. Als ich mit meiner alten Band Sharon Stoned die Lemonheads 1996 in Europa supportet habe, hatten wir einige freie Tage und haben mit Evan Dando und Murph (Dinosaur Jr. – damals Drummer bei The Lemonheads; Anm.d.Red.) dort Urlaub gemacht. Eigentlich wollten wir uns von den vergangenen 5 Wochen Tour "erholen", sind aber jede Nacht dort in der Tortuga Bar versackt. Wir hatten morgens immer einen so schlimmen Kater, dass wir sie Torture Bar nannten. 2002 habe ich dort nochmal mit einem Freund Urlaub gemacht.

Und wie kam es zur Bandgründung?

Mark: Ich habe nach dem Ende von Sharon Stoned & Elektrosushi in Köln als DJ gearbeitet – 2004 zusammen mit Klaus Cornfield und Rocco Clein als DJ-Team. Ich habe aber immer weiter eigene Songs geschrieben. Dann entstand die Idee, jeden dieser Songs mit anderen Musikern in diversen Studios auf der ganzen Welt zu produzieren – quasi eine coole Compilation mit meinen Songs. Das Album sollte auch ganz genau so klingen, das war die Konzeptidee der Platte. Ich war aber alleine in Köln, ohne Studio, Band oder Plattenvertrag. Daher war die ganze Organisation sehr schwierig und hat fast 4 Jahre gedauert. In Köln kam ich nicht weiter, also bin ich zurück nach Ostwestfalen gegangen, um weiter an den Songs zu arbeiten, was aber auch nicht sehr befriedigend war. Alexandra hat mich dann nach Nürnberg geholt – das Beste, was mir zu diesem Zeitpunkt passieren konnte – und mich meinen Produzenten The Strike Boys vorgestellt, die in Nürnberg ein fettes Studio haben.

Alex: Ich bin erst gegen Ende 2007 dazu gestoßen und quasi wie eine Spätgebärende in meine erste Band-Geschichte reingerutscht. Ganz jungfräulich sozusagen.

Jahrelang wurde an diesem Album gefeilt. Wie fühlt man sich, wenn es nach dieser langen Zeit endlich fertig ist?

Mark: Puuh, sehr sehr erleichtert, zumal das Ergebnis unglaublich gut geworden ist! Das Album hat durch die ganzen verschiedenen Gäste zwar keinen berühmten "roten Faden", aber das war ja auch ganz genau so geplant und von mir gewollt. Das hat natürlich Vor- und Nachteile: Durch die Gäste haben wir gleich einen gewissen Bekanntheitsgrad, aber den hatte ich ja durch meine alten Projekte sowieso schon. Auf der anderen Seite hatte ich kurz vor der Release des Albums schon Angst, dass nur die Hardcore-Fans und Nerds das Album kaufen und es ein "Liebhaberalbum" wird, was sich nicht gut verkauft, also ein Geheimtipp bleibt. Aber Gott sei dank belegen die ersten Verkäufe etwas anderes – es läuft echt erstaunlich gut!

{image}Habt ihr von Anfang an so viel Zeit eingeplant, oder gab es irgendwelche unerwarteten Verzögerungen?

Mark: Es hätte natürlich schon wesentlich schneller gehen können, wenn ich eine Major Company im Rücken gehabt hätte, mit deren Geld ich dieses Projekt schneller hätte umsetzen können. So mußten Alex und ich alles selbst finanzieren – das hat uns fast aufgefressen und dieses Konzeptalbum gekillt. Man muss sich mal überlegen: Wir haben die gesamte Platte, also alle Songs vom Album und der Storm EP vorher schon einige Male selbst und alleine aufgenommen, was ohne Plattenfirma schon ein unglaublicher finanzieller und terminlicher Aufwand war. Dann haben wir die Demosongs an die Gäste verteilt, Teile zurückerhalten und zuletzt alles wieder neu mit den Strike Boys in Nürnberg aufgenommen und produziert. Das war ein riesiges Puzzel – ein sehr nerviger aber spannender Aufwand.

Alex: Absolut. Für mich sowieso, weil ich den ganzen Musik-Entstehungsprozess endlich mal von der anderen Seite erleben konnte – und das nicht nur als stiller Beobachter, sondern eben auch als aktiver Part. Auch wenn mein Anteil an der gesamten Produktion eher geringfügig war. Das lag einfach in der Natur der Sache: Marks Songs standen ja schon, wurden dann letztendlich von den Gästen entweder neu interpretiert oder eingespielt bzw. -gesungen, und während der Produktionsphase war ich leider meistens gezwungen, meinem eigentlichen Job nachzugehen. Irgendeiner muss ja schließlich das Geld nach Hause bringen…! Mark und die Strike Boys haben in dieser Zeit halt am Album weitergebastelt. An dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön an die Jungs, denn sie haben sich in die Produktion gestürzt, ohne zu wissen, ob und was überhaupt dabei für sie rumkommt.

Was war euch an der Arbeit zum Album wichtig?

Mark: Ich habe zum ersten Mal auf diese Art aufgenommen. Normalerweise geht man ja als Band ins Studio und nimmt die Songs auf, die man vorher im Übungsraum geprobt hat. Obwohl ich bei Sharon Stoned manchmal schon ähnlich gearbeitet habe. Bei einigen Songs habe ich darauf geachtet, dass sie so bleiben wie ich mir sie vorstelle – es gab aber auch Songs, die ich komplett in die Hände der Strike Boys gegeben habe. Es war neu für mich, die "Macht" mal komplett an den Produzenten abzugeben.

Welche Ziele und Erwartungen hattet ihr?

Mark: Eigentlich erstmal nur, dieses Album fertig zu machen, was wirklich ein sehr schwieriger Brocken war. Dann natürlich auch, ein kompetentes Label zu finden, was wir mit 47 Records ja auch gefunden haben. Dann der übliche Business-Shit, der passiert – Management, Verlag, Promotion, Tour Agency – das steigert sich ja immer mehr. Aber dass wir uns eine Liveband zusammenstellen werden, unter anderem mit Benno, dem Ex-Drummer von Jennifer Rostock, und 2 Monate touren werden, das war eigentlich überhaupt nicht geplant.

Alex: Yep. Das kam dann – vor allem für mich – doch alles recht schnell, fast ein bisschen zu schnell für meinen Geschmack, denn jeden Abend gemeinsame Band-Probe ist nicht. Unsere Jungs wohnen in Frankfurt, also nicht gerade um die Ecke. Aber gut, ich befinde mich ja in professioneller Gesellschaft und die alten Hasen werden das Ding dann live schon whuppen und mich mitreißen. Zumindest verkaufen sie mir das dauernd so!

{image}Wie würdet ihr das Album beschreiben?

Mark: Ein cooles Mixtape mit vielen alten und guten Freunden, das dir noch nicht mal dein bester Freund aufnehmen könnte!

Alex: Ein Strauß Buntes… oder: Leipziger Allerlei… Nein, ernsthaft: Mark hat das schon ganz gut beschrieben!

Wie kam die Auswahl der Gastmusiker zustande?

Mark: Da waren natürlich erstmal meine alten Freunde und Bekannte aus dem Musikbusiness, die ich zuerst gefragt habe. Evan Dando, Phillip Boa, Sportfreunde Stiller oder Virginia Jetzt! – die kenne ich alle schon sehr sehr lange und denen konnte ich gleich den "richtigen" Song geben. So war schon mal in meinem Kopf die halbe Platte im Kasten. Bei den anderen Künstlern habe ich einfach angefragt. Bei Muff Potter zum Beispiel bin ich, obwohl ich Nagel schon länger kenne, nach dem Konzert in die Backstage. Navel und Gisbert zu Knyphausen habe ich einfach über Myspace gefragt. Es sind alles Künstler, die ich sehr verehre und ich finde, man kann auch hören, warum ich gerade diesem Künstler diesen Song gegeben habe oder er sich den ausgesucht hat. Das passt einfach, finde ich.

Was kam es überhaupt zu der Idee mit den Gastmusikern?

Mark: Wie gesagt, ich war alleine mit einigen Songs in Köln – ohne Band, ohne Label – und es formte sich langsam die Idee in meinem Kopf, mit meinem ersten Soloalbum mal so richtig auf die Kacke zu hauen! Ein Konzeptalbum – das ist doch cool, oder? Bei Sharon Stoned haben wir im Studio ja auch schon sehr viel mit Gästen (The Notwist, Tocotronic, Lou Barlow, usw.) gearbeitet. Mich als Songwriter, Fan und Musiker macht es sehr stolz, wenn Musiker, die ich sehr bewundere, meine Songs interpretieren. In anderen Musikgenren, wie im Jazz oder HipHop, ist das ja gar nichts besonderes.

Alex: Den Vorwurf des Name-Droppings müssen wir dabei wohl in Kauf nehmen, aber darum ging es nie. Verheimlichen werden wir unsere Gäste jedenfalls nicht!

Mark: Warum auch? Narcotic Junkfood Revolution würde ohne die Gäste ja auch gar nicht funktionieren!

{image}Gab es auch Musiker die ihr gerne dabei haben wolltet, die aber absagen mussten?

Mark: Klar, die gab es natürlich. Slut haben direkt am Anfang abgesagt, weil sie noch an ihrem letzten Album gearbeitet haben – denen habe ich noch nicht mal einen Song geschickt. Ganz lange ging es mit Mondo Fumatore hin und her – denen habe ich Feel the love geschickt. Aber dann sind sie erstmal mit Dinosaur Jr. auf Tour gegangen. Jari von Navel fand den Song aber super und so hat er den dann bekommen. Ich habe es dann noch einige Male bei den Mondos versucht, weil ich die echt großartig finde und ein großer Fan bin, aber wir kamen irgendwie nicht mehr zusammen. Daher habe ich einen Instrumentalsong auf der Storm EP dann Cavallo Pazzo (Song for Mondo Fumatore to sing) genannt – als kleinen Gruß an die Mondos. Auch mit einigen Ami-Musikern, wie Ben Daily oder Jason Loewenstein hat es nicht geklappt.

Wie sehen eure weiteren Pläne aus?

Mark: Wir fahren jetzt gleich zur ersten Probe-Session mit unserer neuen Liveband nach Frankfurt. Vor unserer eigenen Clubtour im November und Dezember 2009 spielen wir auf ein paar Festivals, machen noch Radio-Akustik-Sessions und zwei TV Gigs und schreiben auch gerade Songs für das neue Album, das wir sehr gerne noch nächstes Jahr veröffentlichen wollen.

Alex: Dafür habe ich auch schon ein paar ein Songs geschrieben beziehungsweise Grundstrukturen und Texte. Meine ersten, die ich jetzt dann auch endlich mal umsetzen kann – falls ich gegen die Männerdomäne in der Band überhaupt eine Chance habe!

Möchtet ihr noch etwas loswerden?

Mark: Vielen Dank für euren Support, wir hätten nicht gedacht, dass wir mit Tortuga Bar so durchstarten würden. Es fühlt sich aber gut an!

Alex: Da auf mich meine ersten Auftritte zukommen, kann ich das gerade nicht wirklich unterschreiben, aber ich versuche, der ganzen Sache entspannt entgegenzusehen. Cheers.

Vielen Dank, dass ihr euch Zeit für das Interview genommen habt!