Helmet

Helmet © Brendan Ray

Die ersten Jahre des neuen Jahrtausends werden wohl als "Zeit der Reunions" in die Musikgeschichte eingehen. Giganten wie The Police oder die No Angels haben es schon gemacht und Led Zeppelin stehen gruseligerweise kurz davor. Auch Helmet hat es getan, 2004 um genau zu sein, wobei sich hier Page Hamilton mit sich selbst wiedervereinigte; der Rest der Band wollte ja nicht. Jetzt war er mit seinen neuen Mitmusikern in Weinheim zu Gast - und konnte begeistern.

{image}Irgendwann ging es mit Helmet bekanntlich zu Ende und man machte es sich woanders bequem. John Stanier wurde zum DJ, trommelte dann bei Tomahawk und macht jetzt Action bei den Battles. Page Hamilton tourte unter anderem mit dem Erfinder aller bekannten und unbekannten Musikstile, David Bowie, und kümmerte sich um seine Band Ghandi. Henry Bogdan spielte Steel Guitar. Irgedwann beschloß Hamilton dann, doch wieder Helmet zu sein, aber die anderen wollten nicht, weshalb er sich neue Mitmusiker suchte. Die wurden dann immer wieder ausgetauscht oder ließen sich austauschen, und so standen an diesem Abend in Weinheim Helmet mit Page Hamilton inklusive einer Bande relativ unbekannter Musiker auf der Bühne, was an sich ja aber nicht schlecht sein muss.

{image}Als Vorgruppe dieser doch hinreichend bekannten Kultband hat man sicher nicht immer das leichteste Los. Obwohl stilistisch einige Handbreit vom Headliner entfernt, füllte die kalifornische Dreierformation Totimoshi ihren Job als Appetizer gebührend aus. Während sich mindestens die Hälfte der anwesenden männlichen Zuschauer und Fotografen erst einmal unsterblich in die Bassistin Meg Castellanos verliebten, gaben Drummer Chris Fugitt und nicht zuletzt Sänger und Gitarrist Tony Aguilar ihr übriges dazu, um die Zuhörer in ihren Bannkreis zu zerren. Mit leicht gequälter Tito-Larriva-Stimme und psychedelisch verdrehten Gitarrensoli entführte er in entlegene Wüstenregionen, um es mit Hilfe von Megs druckvollen Bass-Riffs und Chris' energiegeladenen Trommelattacken ordentlich Steine hageln zu lassen.

Im Anschluss ging auch das ein oder andere Exemplar der mittlerweile vier Alben von Totimoshi über den Merchandise Table: "Wir können noch nicht davon leben, aber immerhin finanziert sich das Touren inzwischen selbst," so Meg in ihrer aufgeschlossenen und zugewandten Art. "Es ist schon ziemlich anstrengend, hier in Europa unterwegs zu sein, was aber weniger an den 30 Gigs liegt, als vielmehr daran, fast jeden Abend feiern zu müssen," fügte sie lachend hinzu. Wollen wir hoffen, dass die Drei ihr Versprechen wahrmachen können, noch das ein oder andere Mal auf deutsche Bühnen zurückzukehren. Also im Hinterkopf behalten und bei Gelegenheit anschauen!

{image}Der gleiche Tipp gilt natürlich auch für Helmet, die es sich kurz darauf auf der Bühne bequem machten und ohne große Erklärungen und nicht allzu sparsam mit See You Dead loslegten. War der Saal gerade eben für eine noch unbekannte Band wie Totimoshi gut gefüllt, wurde es jetzt erst Recht mächtig eng. Den meisten Leuten war die Vorband dann wohl leider doch noch egal. Die Ansagen zwischen den Songs waren das Lustigste am ganzen Konzert, denn hier gab Page Hamilton seine Deutschkenntnisse zum Besten. Dabei ging das Ganze über die klassischen Zwischeneinlagen wie "Ich liebe eure Stadt" und "In eurer Stadt war das Publikum viel besser als bei der anderen Stadt gleich nebenan" hinaus, womit sich auch klärte, was der Mann eigentlich in seiner Freizeit macht. Sollte er das aber auch in anderen Ländern vorhaben, hat er Einiges zu tun. Aber was macht man nicht alles für seine Fans.

Irgendwann entdeckte er dann einen Dänen, der extra für das Konzert aus – unglaublich aber wahr – Dänemark angereist war, und unterhielt sich mit ihm kurz auf Deutsch. Leider verstand der arme Kerl das nicht so richtig, was Hamilton auch irgendwann bemerkte. Dann ging es aber auch weiter, bis irgendwann Unsung durch den Saal fegte und jeden begeisterte. Andere Songs wie Better und Milquetoast ließen die Zuschauer aber bewegunstechnisch etwas kalt. Trotzdem war die Stimmung freundlich, dabei aber eben ruhig und gelassen; das durchschnittliche Helmet-Publikum ist ja auch keine Mitte 20 mehr. Und für dieses Publikum hatte es Hamilton vor fünf Jahren richtig gemacht und Helmet reanimiert. Trotzdem fühlte es sich an diesem Abend seltsam an. Die andere Musiker der Band waren zwar gut und gaben den typischen Helmet-Sound wieder, aber wer in letzter Zeit den beinahe schon todesverachtend spielenden John Stanier bei Battles am Schlagzeug erlebt hatte, fragte sich nach dem Sinn der ganzen Sache hier.

Helmet ist eigentlich schon lange tot, aber Page Hamilton Solo mit Band funktionierte gar nicht schlecht. Ein anderer Name wäre aber vielleicht angebracht. Ghandi zum Beispiel.

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