Pete and the Pirates

Pete and the Pirates

Pete and the Pirates und Crystal Castles. Das heißt: Indierock trifft auf Electroclash. Eine merkwürdige Zusammenstellung, die sich die Konzertveranstalter da ausgedacht hatten. Eigentlich hätten Pete and the Pirates ihren ganz eigenen Gig im Bang Bang Club spielen sollen. Doch kurzfristig wurden beide Konzerte zusammengelegt. Das war nicht unbedingt die beste Lösung, wie sich an diesem Abend im Maria Club in Berlin herausstellen sollte.

{image}Nicht nur, dass dadurch Indierock auf Electroclash traf. Nein, das bedeutete auch, dass das Publikum aus sehr unterschiedliche Fangruppen sich plötzlich in einem statt zwei Clubs wiederfand, der dementsprechend brechend voll und ausverkauft war. Allerdings schien dabei der Anteil der Electro- und damit der Crystal Castles-Fans deutlich höher zu sein. Denn als Pete and the Pirates, deren Debütalbum Little Death im Frühjahr 2008 vom FrontMagazine als "erstes, großes Indie-Album 2008" ausgezeichnet wurde, die Bühne betreten, spürt man, dass einige Zuschauer die Musik der Briten nicht kennen und deshalb anfangs mit Zurückhaltung auf den Auftritt reagieren, fast regungslos dem Sound der Band lauschen. Aufgrund dieser Umstände versucht die Band um den Sänger Tommy Sanders, der eine Matrosenmütze trägt, alles, um die Zuschauer von ihrer Musik zu begeistern. Zum Beispiel zu Beginn mit dem Ohrwurm-Song Bright Lights und der damit verbundenen, sich ständig wiederholenden und bittenden Textzeile "Come on now baby, come with me", was hier gleichzeitig auch als als Aufforderung an die Zuschauer zu verstehen sein könnte, sich mit ihnen in ihre Musikwelt zu begeben. Oder mit dem so unbekümmert und leicht wirkenden Come on Feet, das 2007 die erste Single der Band war. Oder schließlich mit dem schnellen, dynamischen, vorwärtstreibenden und zum Tanzen verleitenden Song Mr. Understanding. Auch im Publikum regt sich nun vermehrt der Wille zum Tanzen. Dennoch bleibt der Großteil der Zuschauer aufgrund ihrer scheinbar größeren Affinität zur elektronischen Musik eher zurückhaltend.

Darum muss man fragen, ob das Zusammenlegen der Konzerte von Bands solch unterschiedlicher Musik wirklich eine gute Idee war. Manchmal mag das funktionieren, aber in diesem Fall hatten Pete and the Pirates bei ihrem ersten Deutschlandgig nicht nur mit den oben beschriebenen Verhältnissen zu kämpfen, sondern litten auch darunter, dass sie durch die Verlegung des Konzerts von einem Headlinerposten, den sie im Bang Bang Club inne gehabt hätten, in eine Supportband mit zeitlicher Spielbegrenzung umfunktioniert wurden, so dass sie trotz großer Spiellaune nach etwa einer halben Stunde die Bühne wieder verlassen mussten.

{image}Darauf folgt eine sehr lange, fast 50 Minuten dauernde Umbaupause, während der man sich zu fragen beginnt, ob Crystal Castles an diesem Abend überhaupt noch die Bühne betreten werden. Es gibt Gerüchte, dass sie den ganzen Tag über nicht einmal mit den Clubverantwortlichen oder deren Mitarbeitern gesprochen hätten. Aber dann geht das Licht in dem brechend vollen Club schließlich doch aus und drei Gestalten betreten in tiefster Dunkelheit die Bühne. Ethan Kath, der am DJ-Pult Platz nimmt, ein Schlagzeuger und Alice Glass, die Sängerin. Diese Dunkelheit bleibt allerdings nicht lange im Saal erhalten. Stattdessen breitet sich ein weißes, flimmerndes Licht im gesamten Club aus, der für die sehr kurzen dreißig Minuten Bestand haben wird. Und auch der mit diesem Flimmerlicht eintretende Beat wird über das gesamte Konzert hinweg praktisch immer den gleichen Takt behalten.

{image}Während man den Kapuze-tragenden DJ und den Schlagzeuger durch das Flimmerlicht im Hintergrund kaum zu erkennen vermag, bewegt sich die Sängerin ekstatisch und schwankend über die Bühne. Dabei sucht sie oft Kontakt zum wild tanzenden, feiernden und manchmal auch etwas rücksichtslosen Publikum, indem sie desöfteren auf das Geländer steigt, das die Zuschauer vor der Band trennt, sich dann mit ihrem Körper in die Masse hineinbegibt, sich dort tragen lässt, oder aber den Fans eine große Flasche Rotwein schenkt, aus der sie zuvor getrunken hat. Wenn sie dann wieder auf der Bühne angekommen ist, schleicht sie schwankend über die Bühne und kauert sich in deren Mitte zusammen, oder sie liegt einfach nur auf dem Rücken, das Mikrofon in die Höhe gestreckt. Trotz dieser ekstatischen Performance der Sängerin, was wohl auch durch einen hohen Alkoholkonsum bedingt ist, kann aber nichts darüber hinwegtäuschen, dass der Sound hingegen nur ernüchternd ist. Im Gegensatz zu den lauten Schlägen des Beats in Vermischung mit dem stetig hellen Flimmerlicht, kann man die Stimme der Sängerin Alice Glass hier kaum vernehmen. Man hat leider sogar den Eindruck, dass die Musik lediglich vom Band kommt und ihre Performance damit nur eine reine Show ist. Und so muss man nach gerade mal dreißig Minuten Spielzeit, an deren Ende die Sängerin schließlich noch das ganze Schlagzeug-Equipment von einem erhöhtem Podest herunterreißt, um scheinbar nicht in die Versuchung zu kommen, noch eine Zugabe zu spielen, ernüchternd feststellen, dass man in dieser Nacht eher enttäuscht nach Hause fährt.

Denn man hatte mehr erwartet. Nicht nur was die Dauer des Konzertes anging, sondern auch von ihrem auf dem Album so experimentell und originell klingenden Sound. Hoffentlich bestätigt sich in Zukunft nicht noch einmal der Verdacht, dass sie denselben nur im Studio erschaffen, aber nicht live auf die Bühne bringen können. Denn das wäre sehr schade für diese interessante und experimentelle Electroclash-Musik.

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