Zum neunten Mal wurde das Enjoy Jazz – das internationale Festival für Jazz und Anderes – eröffnet. Dabei traf mit Archie Shepp der Altmeister des Free Jazz auf den HipHop-DJ Jazzy Jeff.

Mit einem äußerst stolzen Rückblick auf die vergangenen Festivals, die positive Entwicklung der dadurch zusammengewachsenen Metropolregion und einem besonderen Dank an die Sponsoren, läuteten die Veranstalter den Festakt ein. Lag die Betonung bei dem Eröffnungskonzert auf dem Heidelberger Schloss im letzten Jahr mit den Künstlern Skye und Lou Rhodes noch auf "Anderes", so war der Schwerpunkt mit Archie Shepp diesmal eindeutig wieder beim Jazz auszumachen.

Im Königssaal trat der mittlerweile 70jährige Hohenpriester des Free Jazz mit seinem Quartett an und hatte zusätzlich noch die französische Sängerin Mina Agossi als Special Guest eingeladen. Archie Shepps Performance, die sich in Saxophon- und Vocal-Parts aufteilte, begleiteten Peter Giron am Kontrabass und John Betsch an den Drums, während Tom McClung das Piano bediente. Früh gab Shepp zu erkennen, dass er es mehr als nur versteht, seine langjährige Erfahrung mit neuartigen Improvisationen in frischen Einklang zu bringen. Durch die Auswahl der 35jährigen Gastchanteuse Mina Agossi, die heute für diverse Stücke als Unterstützung agierte, zeigt Shepp, dass er bis jetzt stets experimentierfreudig geblieben ist. Originell und unkonventionell interpretierte Agossi die Kompositionen der Jazz-Combo und verschmelzte dabei regelrecht mit Archie Shepps fabelhaftem Saxophonspiel. 

Als einmalig erweist sich auch Shepps tief im Blues verwurzelte Membran, die der in Fort Lauderdale geborene immer wieder rauchzart erklingen ließ. Charismatisch und gleichzeitig sympathisch suchte er häufig auch den verbalen Kontakt zum Publikum. Neben McClungs virtuosen Girlanden pizzte sich Giron mit dem einen oder anderen Soli am Kontrabass in den Vordergrund. Für das Stück Revolution (Mama Rose), das Shepp seiner Großmutter widmete, beginnt Betsch sogar in traditioneller afroamerikanischer Manier durch reines Stampfen und Schenkelklopfen Klang zu erzeugen. Nach der Pause folgten weitere Titel vom aktuellen Studioalbum Gemini, unter anderen Burning Bright. Ehrwürdig ist das, wie Shepp sich im hohen Alter noch in Szene zu setzen weiß. Das Konzert vom Altmeister bildete einen sehr gelungenen Jazz-Auftakt, der Lust auf mehr machte.  

Wer als Künstler den Jazz schon im Namen mit sich führt, darf natürlich beim Enjoy Jazz nicht fehlen. Denn 316 Stufen, Schloss abwärts, stieg anschließend im Karlstorbahnhof gleich die nächste Festivalveranstaltung mit DJ Jazzy Jeff. Ob als Erfinder des Transformer-Scratches, Schauspieler (Jazz) aus der Sitcom Prinz von Bel Air oder erster HipHop-DJ mit eigenem Grammy, ist Jeffrey A. Townes aus Philadelphia einer breiten Masse bekannt, wobei er dank seiner exquisiten Turntable-Fertigkeiten auch bis in den untersten Untergrund Respekt und Anerkennung genießt. Etwas anders sieht es in Sachen Kredibilität wohl mit seinem besten Freund und ehemaligem Partner Will Smith formerly known as Fresh Prince aus, mit dem er zusammen fünf erfolgreiche Alben produzierte. Von Onkel Phil war heute Abend nichts zu sehen, demnach hatte Jazz auch keinen Rausschmiss im hohen Bogen zu befürchten.     

Doch mit Jeffs Set, das noch folgen sollte, hatte er ohnehin keinen Rauswurf zu befürchten. Von obligatorischen Klassikern der East- und Westcoast in nettem Wechsel, bis hin zu ausgefeilten Live-Skills an den Decks, hat er einiges in seinem Repertoire aufzubieten. Eine kleine Anspielung auf Will Smiths Men In Black ließ er sich auch nicht nehmen, als er das zugehörige Sample Forget Me Nots von Patrice Rushen einspielte und die ausgelassene Crowd damit in die Finte lockte. Routiniertes Beatjuggling und astreine Cuts versüßten den Ausflug in die Geschichte des amerikanischen Sprechgesangs, wobei der Schwerpunkt deutlich auf Party ausgerichtet war. Insgesamt hat das 9. Enjoy Jazz einen sehr gelungenen Start hinter sich gebracht!

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