Allen voran, wie eine Mischung aus Hans Albers und Jan Plewka, gibt Björn "Burns" Maas den gutgelaunten MC. Fotostrecke starten

Allen voran, wie eine Mischung aus Hans Albers und Jan Plewka, gibt Björn "Burns" Maas den gutgelaunten MC. © Jan Wölfer

Als erste Band nach der Sommerpause spielte Der Fall Böse in Mainz für all die Nachtschwärmer auf, die die letzte Sommerabendwärme noch am Rheinufer oder in Biergärten ausgekostet hatten. Und sie sollten spät, aber maximal gerockt ins Bett gehen.

{image}Seit den Tagen als die Beatles in Hamburg spielten, gibt es ein Gesetz: Wenn du die heißeste Band auf St. Pauli bist, bist du eine Band, die überall überzeugt. Und dass derzeit Der Fall Böse eben diese hanseatische Kiezkrone aufhat, und das nicht erst seit gestern, ist unbestritten. So eine Band fährt dann mal locker freitags nach Mainz runter, baut in einer Zeit auf, in der andere Bands noch versuchen den Bus zu parken, checkt kurz den Sound und chillt dann entspannt. Aus der ursprünglich für 22:30 Uhr angesetzten Showtime wird auf Wunsch der Clubbetreiber des Schon Schön doch eher Mitternacht. "An solchen Abenden kommen die Leute erst spät". Da wo andere Bands eher genervt anmerken würden, dass sie irgendwann noch abbauen müssen und dann erst spät im Bett sein würden, lässt Björn, Meister der Worte bei Böse, nur ganz entspannt "Ok, alles wunderbar" von sich hören. Und in der Tat: Als es auf Mitternacht zugeht ist der Club proppenvoll und die Mainzer Nachtschwärmer bekommen von den sieben Hamburgern dermaßen auf die Ohren, dass sie noch lange von dieser Nacht schwärmen werden.

Der Fall Böse haben nach vielen Jahren und einigen Häutungen eine erstaunliche aber konsequente Wandlung erfahren. Aus der experimentellen Soundtrackband für einen Underground-Detektivfilm, die Ende der 90s zwischen Crossover, Indie und deutschem HipHop erste Meriten einfuhr, wurde über die Jahre eine Band, die Groove, Soul, Blues und Rock auf eine Art und Weise bündelt, die in Deutschland einzigartig ist. So wie Böse klingt einfach keine andere Band und die Besucher des Schon Schön in Mainz erleben in dieser Nacht von Anfang an, dass sie an dieser Einzigartigkeit teilhaben dürfen. Ein kurzer, instrumentaler Power-Swing bedeutet den Füßen, dass sie heute Nacht tanzen werden und dem Popo, dass er vielleicht etwas straffer aus dem Club herauslaufen wird, als er hereingeschlichen kam.

Es folgt Am Ende des Tages vom aktuellen Album Die ganze Nacht und gegen Ende des Liedes hört man auf einmal Drums und Bass in einen bekannten Groove einsteigen. Noch während man überlegt, woher man diese Sequenz kennt, bricht ein Break mit einem Gitarrensolo herein, das alle Zweifel beseitigt: Bereits im zweiten Song baut die Band den Song, mit dem Led Zeppelin ihre Shows beendeten, in ihr Set ein. Lesley Farfisa räumt dann auch die letzten Zweifel aus, indem er "Whole lotta love" shoutet. Spätestens dann merkt auch der Letzte, dass hier heute Nacht noch was geht.

{image}Der Schwerpunkt des Sets liegt klar auf dem hervorragenden neuen Album Die ganze Nacht, mit dem Der Fall Böse es endlich auch geschafft haben, ihre Livepower überzeugend auf Band zu bringen. Bei Motten tanzt bereits der ganze Club und es wird von Song zu Song enger vor der Bühne. Selbst ein sparsam instrumentierter Stomp-Blues (Nirgendwo), von Lesley auf einer à la Seasick Steve nur mit drei Saiten bespannten Gitarre beherzt vorgetragen, lässt das Publikum abgehen.

Ob Groove, wie bei Das letzte Fest, harter Rock wie bei Raus oder die unglaubliche Dynamik von Jekyll & Hyde – Böse gibt alles und bekommt es auch postwendend vom Mainzer Publikum zurück. Die Gitarren sind fett und bestens aufeinander abgestimmt, die Rhythmusgruppe gibt alles und die beiden Saxophonisten Jorge und Joe ergänzen mit vielen kleinen Nebeninstrumenten die fehlenden Details, während sie wie zwei synchrone duracell-Äffchen demonstrieren, wie viel Show man auf engstem Raum abziehen kann. Allen voran, wie eine Mischung aus Hans Albers und Jan Plewka, gibt Björn "Burns" Maas den gutgelaunten MC und lässt erkennen, dass ihn die Wucht des Monsters, das seine Band geworden ist, immer noch flasht. Am Ende singt das Publikum den Refrain des grandiosen Blueskrachers Keine Zeit: "Wenn du nicht glaubst, dass das Liebe ist, dann hau' doch ab!". Es haute keiner ab. Must be love.

Setlist

Swing Hi| Am Ende des Tages/Whole lotta love| Das Ziel ist im Weg| Motten| Sex mit Cäthe| Supernova| Über der Stadt| Clowns| Nirgendwo| Gute Geister| Jekyll & Hyde| Das letzte Fest| Narren aller Länder| durch die Nacht| Licht aus| Raus

Keine Zeit| Treibstoff| Surfin' bird/dfb

Alles zum Thema:

der fall böse