Bei ihrem Auftritt im Heidelberger Karlstorbahnhof pendelte Joan As Police Woman etwas unentschlossen zwischen Soul und Rock und warf damit mehr Fragen auf, als ihr lieb sein kann.

Bei ihrem Auftritt im Heidelberger Karlstorbahnhof pendelte Joan As Police Woman etwas unentschlossen zwischen Soul und Rock und warf damit mehr Fragen auf, als ihr lieb sein kann. © Maciej Staszkiewicz

Bei ihrem Auftritt im Heidelberger Karlstorbahnhof pendelte Joan As Police Woman etwas unentschlossen zwischen Soul und Rock und warf damit mehr Fragen auf, als ihr lieb sein kann.

{image}Joan Wasser aka Joan As Police Woman (→ Interview mit Joan Wasser, Mai 2011) ist eine sehr kleine, zierliche Person. An dieser Stelle erwarten vielleicht manche eine Aussage wie "aber ihre Stimme hat eine Kraft, die man ihr nicht zutrauen würde". Es stimmt aber nicht. Joan ist eine kleine, zierliche Person mit einer Stimme, die man ihr durchaus zutraut. Häufig würde man ihr mehr stimmliche Durchschlagskraft wünschen, mehr Variabilität, mehr Ausdruck – von ihren Backgroundsängern an Schlagzeug und Keyboard ganz zu schweigen.

{image}Joan As Police Woman hat es sich zum Ziel gesetzt, die Möglichkeiten von Soul und Soul-Rock auszuloten und anhand dieser beiden Kategorien kann man das gesamte Konzert mühelos beschreiben. Es gibt gefühlige, manchmal meditative Soul-Balladen, zärtliche Soul-Grooves und rockige Soul-Workouts komplett mit Gitarrengewitter. Manchmal denkt man, Joan wolle durch die Verwendung der Orgel in die Fußstapfen der 60er-Soul-Stars treten, in anderen Momenten spiegelt sie ihre Soulleidenschaft am Independent Rock der 90er. Es wirkt, als könne sich Joan nicht entscheiden, welcher Variante sie den Vorzug geben sollte.

Abwechslung und Vielfalt sind generell positiv, allerdings nicht dann, wenn sie den Eindruck der Ziellosigkeit erwecken. Und so orientierungslos wie ihr letztes Album The Deep Field bisweilen wirkte, so erscheint Joan As Police Woman auch im Konzert. Auf der Bühne stehen Gitarren-Joan und Orgel-Joan und beide haben erstaunlich wenig miteinander zu tun: Sogar auf der handgeschriebenen Setlist sind die jeweiligen Teile des Konzerts durch Striche voneinander getrennt. Ein ganzheitlicher Eindruck, wer Joan Wasser wirklich ist, kann so nie entstehen.

{image}Dass das Konzert dennoch keine Enttäuschung ist, liegt vornehmlich an den starken Grooves, die Tyler Wood (Keyboards) und Parker Kindred (Schlagzeug) beisteuern. Beide beherrschen die Fähigkeit, die Musik ebenso sanft zu unterlegen, wie die Intensität und die Lautstärke zu steigern und jeden Anflug von Lethargie zu vermeiden. Ob das Songwriting eine Schwäche oder eine Stärke von Joan As Police Woman darstellt, lässt sich hingegen gar nicht so leicht beantworten. Einerseits erinnert man sich am nächsten Tag kaum an konkrete Songs als Highlights, auf der anderen Seite wirkt auch nichts wirklich schwach oder gar abwegig. Gänzlich verloren geht allerdings – und das ist einigermaßen überraschend – der Popappeal, der auf ihren Alben durchaus stark ist.

{image}Ein Höhepunkt des Abends ist allerdings der scheinbar spontane Auftritt von Rapper David Scribbles. Nach The Magic fragt sie suchend ins Publikum, ob ein Rapper im Haus sei, worauf hin sich Scribbles meldet und für ein Lied auf die Bühne gerufen wird. Obwohl abgesprochen, war der Auftritt doch eine Premiere und gleichzeitig eine Bereicherung des Konzerts.

Die Zuschauer im schwach besuchten Karlstorbahnhof applaudieren der rockigeren Joan As Police Woman eindeutig mehr, genießen aber auch die angenehmen, sanften Grooves zu denen Pärchen engumschlungen kuscheln. Der Gegensatz zwischen Kuscheln und Rocken kann stellvertretend für den ganzen Abend stehen: Beides gab es und dennoch blieb man sich irgendwie fremd.

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Setlist: Joan As Police Woman, am 25.11.2011 in Heidelberg

Flash - Hard White Wall - To Be Loved - Run For Love - The Magic - The Human Condition - Stagger Into The Light - Chemmie - Start Of My Heart - Kiss The Specifics - Save Me

Zugabe: Christobel - Nervous

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