Wayne Shorter (Pfalzbau Ludwigshafen, Enjoy Jazz 2011)

Wayne Shorter (Pfalzbau Ludwigshafen, Enjoy Jazz 2011) © Daniel Nagel

Der manchmal unnahbare, enigmatische Saxophonist Wayne Shorter präsentierte sich bei Enjoy Jazz in glänzender Form. Seine Leidenschaft übertrug sich sowohl auf seine Band, als auch auf das Publikum.

{image}Wayne Shorter ist ein eher verschlossener Künstler, der wenig spricht und bevorzugt durch seine Musik mit dem Publikum kommuniziert. In seltenen Fällen, wie bei seinem Auftritt bei Enjoy Jazz vor 5 Jahren, ist diese aber ebenfalls so unnahbar, dass man sich als Zuschauer ausgeschlossen fühlt aus der hermetischen Welt des fast achtzigjährigen Wayne Shorter. Glücklicherweise verlief der Auftritt beim diesjährigen Enjoy Jazz-Festival im erstaunlicherweise nicht ausverkauften Ludwigshafener Pfalzbau vollkommen anders.

{image}Wayne Shorter trat wie in den vergangenen Jahren mit seinem Quartett, bestehend aus Schlagzeuger Brian Blade, Bassist John Patitucci und Pianist Danilo Pérez auf. Von einer Band, die seit so vielen Jahren zusammenspielt, erwartet man gegenseitige Empathie und ein intuitives Verständnis untereinander. Im Gegensatz zum Auftritt des Jahres 2006, wurden diese Erwartungen vollkommen erfüllt. Die Band eröffnet das Konzert mit einer mehr als halbstündigen Komposition, die wie die Mehrzahl der aufgeführten Stücke neu oder zumindest unveröffentlicht war.

Aus einem düsteren und geheimnisvollen Beginn, der von den tiefen Registern dominiert wird, entwickelt sich ein lebhafter Austausch, der von einem überaus präsenten Shorter gelenkt wird. Die Musik folgt nicht dem Thema-Solo-Schema, sondern bildet einen kontinuierlichen Fluss, in dessen Verlauf stets neue Aspekte erschlossen werden. Wie so häufig spielt Shorter kurze Motive, reißt dann abrupt das Saxophon vom Mund und folgt der Musik, wartet auf den nächsten Moment des Einstiegs. Manchmal folgt dieser gleich im Anschluss, aber gelegentlich vergehen Minuten, in denen Shorter aussetzt und der Musik des Trios freien Lauf lässt. Und dann plötzlich schaltet sich Shorter wieder ein, übernimmt das Kommando und die Musik entwickelt sich zwanglos und folgerichtig.

{image}Miles Davis, in dessen zweiten klassischen Quintet Wayne Shorter spielte, vermochte ebenfalls seinen Musikern Raum zu lassen – und Shorter scheint diese Herangehensweise adaptiert und verinnerlicht zu haben. Blade, Patitucci und Pérez haben sich mit der enigmatischen Präsenz des Saxophonisten hervorragend arrangiert. Obwohl sie problemlos in der Lage sind, als Trio zu überzeugen, profitieren sie von einem gut gelaunten und leidenschaftlichen Shorter. Besonders Brian Blade blüht förmlich auf, zeigt seine ganze Vielseitigkeit, besonders aber seine wilde, ausgelassene Dynamik. Die Musiker haben sichtlich Spaß und die exzellente Stimmung auf der Bühne überträgt sich auf das euphorisch applaudierende Publikum.

In vielerlei Hinsicht liefert die Rhythmik den Schlüssel zum Verständnis des Auftritts. Die Musik beschreitet viele Wege im Lauf des Abends. Sie reichen von sanften, lyrischen Momenten bis zum ekstatischen Höhepunkt. Was aber auch immer geschieht, es folgt einem steten Puls, der allem zugrundeliegt. Überraschende Wendungen, Dynamikvariationen, Wechsel zwischen Sopran- und Tenor-Sax, die lyrischen Harmonien von Pérez, alles das ist eingebettet in einen steten Strom der Musik, der sich langsam entfaltet, aber mit unerbittlicher Konsequenz dem Ziel zustrebt. Kein Wunder, dass die Zuschauer die Musiker nach Abschluss des eineinhalbstündigen Konzerts begeistert mit Standing Ovations feiern.

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