The Residents

The Residents © Konzertagentur Bertold Seliger

Die amerikanische Avant-Garde-Band The Residents zeigt bei ihrem Konzert im Frankfurter Mousonturm, dass sie nicht auf der Stelle treten und jüngere musikalische Trends erfolgreich in ihren Sound einbauen können. Doch wie weit kann sich eine Band entwickeln, ohne sich selbst zu verlieren?

Seit ihrer Gründung in den frühen 1970ern ist die US-amerikanische Avant-Garde-Formation The Residents in erster Linie bekannt dafür, unbekannt zu sein: Bis auf einige wenige bekannte Mitglieder und Kollaborateure, darunter insbesondere Mit-Gründer und Hauptsongwriter Hardy Fox († 2018), ist die Identität der hinter der Gruppe stehenden Musiker/innen bis heute weitestgehend ungeklärt. 

Theory of Obscurity

Wenig verwunderlich bietet auch das fast ausverkaufte Konzert der Residents im Frankfurter Mousonturm keinerlei Ansatzpunkte für einen Blick hinter die jahrzehntelang aufgebaute Fassade der Band.

Ansagen oder anderweitige Interaktion mit dem Publikum gibt es nicht, die Leiber und Gesichter der Musiker sind noch immer von bunten Kostümen verhüllt – wenngleich diese im Vergleich zu den frühen Residents-Auftritten und den ikonischen Augapfel-Masken leider ziemlich unästhetisch uninspiriert wirken. 

So einfach diese Idee einer anonymen Band auch ist, so verwunderlich ist die unmittelbare Wirkung dieses Konzeptes nach über 50 Jahren noch immer: Indem dem Publikum jede Möglichkeit zur Identifikation mit der Band genommen wird, wird die Live-Situation ganz zwangsläufig auf die Wirkung der Musik und der Licht- und Videoshow reduziert. 

Don't Stab a Duck(ling)

Die Musik stammt auf der aktuellen Tour zu großen Teilen vom Residents-Klassiker "Duck Stab!" (1980) sowie dem neusten Album "It's Metal, Meat and Bone" (2020). Auffällig ist, dass sämtliche älteren Stücke (darunter etwa auch "Moisture" vom "Commercial Album") deutlich an den modernen und aggressiveren Sound der jüngeren Releases angepasst wurden. 

Dieser Sound paart die frühen Trademarks der Gruppe, darunter vor allem die schrägen, schwer zu greifenden Gesangslinien in absurden Registern und die schiefen Jahrmarktsmelodien mit modernen Avant-/Industrial-Metal-Riffs, die auch auf einem Album von Mr. Bungle oder – gerade im Hinblick auf den sehr präsenten Blues-Einschlag – auf Tom Waits' "Bone Machine" Platz problemlos Platz gefunden hätten. 

The Sound of One Eye Blinking

So unerwartet dies im Hinblick auf den eher schwer zu greifenden und verschrobenen Sound gerade von "Duck Stab!" auch ist ("Constantinople" klang wohl selten so heftig wie seiner aktuellen Version), so lässt sich nicht von der Hand weisen, dass die neue, aggressive Dringlichkeit der Residents sehr gut in der Lage ist, das Set von gut 90 Minuten zu tragen. 

Kein Song fühlt sich fehl am Platz oder gar zu lang an, und auch der Spannungsbogen des Auftritts – vom energiegeladenen Auftakt über den sphärischen Mittelteil bis zum Ausklang mit "Diskomo" und "Nobody Laughs When They Leave" – lässt wenig zu wünschen übrig.

Gleichsam präsentiert sich auch die Instrumentalsektion und insbesondere der beeindruckende Resident an der Gitarre in Höchstform, wenngleich der maskierte Sänger den Songs nicht durchgängig gleich gewachsen ist und ihm in einigen der absurderen Stimmlagen gelegentlich die Luft ausgeht. 

The Cut-up

Doch trotz des konsistenten Sets und der weitestgehend hohen Qualität der Musiker lässt sich nicht verleugnen, dass der Fokus auf Lautstärke und Aggression dem Auftritt einige jener Nuancen nimmt, die die gerade für die frühen Residents so konstitutive Seltsamkeit und vor allem Innovativität ausgemacht haben. 

Wo die Residents auf ihren frühen Alben Songs, Genres und Strukturen augenzwinkernd und mit viel Getöse zerschlagen haben, um sie dann windschief zu sogenannten Songs wieder zusammenzuzimmern, wirkt es nun, als bediene sich die aktuelle Inkarnation der Gruppe fester Songstrukturen und reichere sie lediglich mit den bekannten Residents-Trademarks an. 

New Face Hotel

Anders gesagt scheint die subersiv-kreative Kraft der Gruppe langsam zu versiegen; Humor und die Schere zum Zerstückeln von Erwartungen weichen dem aggressiv geschwungenen Holzhammer – was sich auch an den bereits erwähnten, lieblosen Kostümen und der doch eher zerfahren und uninspiriert wirkenden Videoshow zeigt. 

Jedoch: Vielleicht ist auch die Erwartung, dass eine Band ihren aufrührerischen Impetus über 50 Jahre unverändert (und authentisch) beibehalten kann, übertrieben: Vielleicht zeigen die seit jeher gesichtlos agierenden Residents einfach ihre neue, aggressive Fratze in einem wenn auch nicht herausragenden, so doch vollkommen zufriedenstellenden Konzert.

Alles zum Thema:

the residents